Eines vorweg: Die Korruption bei der FIFA ist verwerflich muss gestoppt werden. Allerdings hat die Causa mittlerweile eine große politische Dimension erreicht, die ich mit Sorge verfolge. Wie mit Russland und Katar umgesprungen wird, ist politisch gefährlich. Gab es nun Schmiergeldzahlungen, damit die Fussball-WM dort ausgetragen wird – ja oder nein? Nun, ohne Beweise ist nun einmal nichts bewiesen, und Russland und Katar jetzt damit zu drohen, ihnen die Fussball-WM wegzunehmen so wie kleinen Kindern ihr Spielzeug, finde ich aus politischer Sicht schlichtweg dumm. Beide Länder sind für Europa in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht wichtig: Öl aus Katar und Gaslieferungen aus Russland sind nur zwei von vielen guten Gründen, diese Länder nicht lange zu reizen. Sowohl der Mittlere Osten als auch die Ukraine sind instabile Regionen, die jetzige Diskussion wird die Stabilität nicht erhöhen. Auch wissen wir: Wenn Putin erst mal die Schnauze voll hat, dann greift er vielleicht zu Waffen. Und die Gesprächsbereitschaft von Putin, um die Ukraine-Krise zu lösen, wird auf diese Weise auch nicht größer. Will das Europa wirklich? Wie lange wollen wir den mächtigen Russen noch reizen?
Und eine Meldung sollte uns derzeit allen zu denken geben, sie betrifft die äußerst fragwürdige Rolle der USA. Warum wird dort so viel mitgeredet? Die FIFA ist eine Schweizer Organisation, nach Schweizer Recht, und ein Großteil der Machenschaften der FIFA hat keinerlei Bezug zu Amerika: Wenn ein asiatischer Funktionär eines Schweizer Vereins von einem afrikanischen Land außerhalb der USA bestochen wird, wird das Recht mehrerer Länder verletzt, aber. was geht die ganze Sache die USA an? Das Recht der USA ist hier nicht anwendbar – oder doch?
Amerika betreibt zunehmend Rechtsimperialismus: Amerikanisches Recht wird weltweit als Standard angewendet, selbst wenn es eigentlich keinen US-Bezug gibt. In letzter Konsequenz bedeutet das, dass ein Deutscher Staatsbürger, der in Rom eine gefälschte Tasche mit einer Kreditkarte kauft, nach US-Recht (entsprechend hart) zu bestrafen ist. Wollen wir künftig anstelle nach nationalem Recht nach US Recht beurteilt werden?
Hier sollten wir hellhörig werden. Wie nun auch Interpol bekanntgibt, will die US-Organisation die Kooperation mit der FIFA einstellen. Grund dafür seien angeblich die Ermittlungen gegen die FIFA, die eingangs erwähnten – unterstellten – Schmiergeldzahlungen von Russland und Katar an die FIFA. Jetzt? Plötzlich will Interpol nicht mehr? Die feindselige Haltung der USA ist bedenklich. Behalten wir bitte auch im Auge, dass der Anstoß zu den Ermittlungen von der US-Staatsanwaltschaft ausgegangen ist. Was lernen wir daraus? Es geht um Geld, um Macht und auch um Daten. Die vielen Millionen Menschen, die zur Fußball-WM reisen, die sollen ihre Daten (etwa durch das Bezahlen via Kreditkarte) und ihr Geld nicht den von den Amerikanern so verhassten Ländern überlassen. Amerika spielt immer mehr Weltpolizei. Wer braucht das?
Gerald Hörhan ist Unternehmer und Initiator derInvestmentpunk-Academy– http://investmentpunk.academy
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