Teile und Herrsche
Es gab in der Geschichte immer wieder Versuche von unterdrückten Menschenmassen, sich gegen ihre Ausbeuter und Peiniger aufzulehnen und sich den Kuchen von deren Tischen zu holen. Solche Aufstände wurden von den Herrschenden immer brutal bekämpft und zunächst oft blutig niedergeschlagen. In weiterer Folge setzten sich jedoch die Ideen der Revolutionäre oft durch und der Kuchen am Tisch wurde letztlich doch, mehr oder weniger gerecht, aufgeteilt. Dabei denke ich an die Französische Revolution 1789, die Bauernaufstände 1848, die russische Oktoberrevolution 1917, den Solidarnosc-Aufstand in Polen 1980 oder den Jugoslawienkrieg 1992.
Rückblickend, aus emotionaler und zeitlicher Distanz, müsste man den damaligen Konfliktparteien den Rat geben, sich das Blutvergießen zu ersparen und sich besser gleich an den Verhandlungstisch zu setzen, um die begehrten Objekte gerecht aufzuteilen. Es würde entsetzliches menschliches Leid und große Zerstörungen ersparen. Allerdings sind die Betroffenen immer erst hinterher klüger. Warum eigentlich?
Wenn man die hochgerüsteten Armeen der Welt betrachtet, so zielen sie wohl vordergründig darauf ab, von außen angreifende Aggressoren abzuwehren oder abzuschrecken, aber ein Blick auf die Geschichte lässt unschwer erkennen, dass sie auch immer wieder benützt wurden, um Aufstände der eigenen Bürger niederzuhalten und obwohl die Rüstungsausgaben in den letzten Jahrzehnten gekürzt wurden, lagen sie, laut dem Friedensforschungsinstitut in Stockholm, im Jahr 2014 noch immer bei 1,8 Billionen Dollar.( = 1 800 000 000 000). Würde man davon nur 1 Prozent (!) einsparen, hätte man 18 Milliarden Dollar zur Verfügung, um den Hunger in der Welt zu bekämpfen. UNHCR (Flüchtlingshilfswerk) hat für 2014 einen Finanzbedarf von 5,3 Mrd. Dollar festgestellt, von dem aber nicht einmal die Hälfte tatsächlich aufgebracht werden konnte. Es stellt sich also offenkundig die Frage, ob man mit Einsparungen eines winzigen Teiles der Rüstungsausgaben nicht doch den Hunger in der Welt bekämpfen könnte und in der Folge keine Angst haben müsste, dass sich die Massen erheben und in die reichen Länder drängen.
Scheinbar sind die hochentwickelten, reichen Länder im Moment noch in der komfortablen Lage, sich überlegen zu können, wie sie weiter vorgehen wollen und wenn der gegenwärtige Flüchtlingsstrom nur mit dem Krieg in Syrien zu tun hat, dann mag es ein tauglicher Weg sein, mit der Türkei Abkommen zu treffen und damit den weiteren Zustrom zu drosseln. Bei gleichzeitig anhaltenden Versuchen, den Syrienkonflikt, den IS-Terror und das Kurdenproblem zu beenden.
Sollte das Problem der hungernden Völker aber bereits viel größer sein und sich tatsächlich die prognostizierte Zahl von 60 Millionen Flüchtlingen aus Afghanistan, Pakistan, Irak, Somalia, Eritrea, Republik Kongo, Sudan und anderen Ländern auf den Weg machen, weil sie in den Hungerlagern einfach nichts mehr zu verlieren haben, dann wird uns das kleinliche Feilschen um Quoten nicht mehr helfen können.
Ich hoffe, wir müssen uns dann nicht rückblickend die Frage gefallen lassen, warum wir nicht rechtzeitig bereit waren, den Wohlstand ein klein wenig gerechter aufzuteilen.