Es ist Sommer geworden. Das politische Schlachtengetöse tritt in den Hintergrund. Die meisten Menschen suchen jetzt Ruhe und Entspannung und wer es sich leisten kann fährt in den Urlaub. Noch besser: man fliegt in den Urlaub. Weißer Sandstrand, blaues Meer mit glasklarem Wasser und viel Sonne. Wenn man Glück hat, weiß man sogar wo diese Trauminsel liegt und würde sie auf einem Globus auffinden. Wenn nicht, ist das auch egal. Man bucht im Reisebüro, oder im Internet. Dann fährt man zum Flughafen und der Pilot weiß dann schon, wo er hinfliegen muss.
Wenn ich ehrlich sein soll, habe ich von solchen Urlauben nie etwas gehalten. All inclusive in einem Feriendorf, weitgehend abgeschottet von der Bevölkerung des Landes, mit einem Speiseplan, der auf den mitteleuropäischen Gaumen abgestimmt ist und Tag und Nacht Animation, damit keinem fad wird – eigentlich nix für mich.
Wobei ich zugebe, in meinem Bekanntenkreis mit solcher Auffassung nicht wirklich der Mehrheit anzugehören. Meinem Einwand, dass damit Unmengen von Kerosin in die Luft geblasen werden, dass man auf diese Art bestenfalls die touristischen Klischees der Urlaubsländer kennen lernen kann und die Wertschöpfung der Reise nicht den eigentlichen Gastgebern, sondern meist internationalen Touristikkonzernen zu Gute kommt, wurde fast immer damit begegnet, dass ein solcher Urlaub eben doch die Wirtschaft ankurbelt und die gestressten Menschen schon auch ein Recht auf Ruhe und Entspannung hätten. Also gut, keine weitere Polemik.
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Ich selbst habe schon sehr früh begonnen, im Urlaubsgepäck einen Zeichenblock und zumeist auch Aquarellfarben mit zu führen. Auch als ich noch mit dem Rucksack getrampt bin und die mitgeführten Utensilien auf das Nötigste beschränkt waren. Später wurde es zur Gewohnheit, auch wenn ich manchmal schon vor Reiseantritt ahnte, dass zum Zeichnen nicht viel Gelegenheit sein würde.
Was dabei entstanden ist, sind Skizzen von Landschaften, Häusern und Ruinen, hin und wieder Blumen, oder den im Sand liegenden Holzschlapfen meiner Kinder. Nicht gerade bedeutende Kunstwerke, aber nette Erinnerungen und Dokumente meiner Muße. Wenn ich die Zeichenblöcke heute durchblättere, ist jede dieser teilweise unfertigen Skizzen ein Beleg dafür, dass ich in dem Urlaub in dem sie entstanden ist, genügend Zeit hatte, mir die Zeit nehmen konnte, sie anzufertigen.
Auf einer dieser sehr frühen Zeichnungen ist der Dom von Porvoo, einer Stadt im Süden Finnlands zu sehen. Im Vordergrund die malerischen roten Salzspeicher am Ufer des Porvoonjoki, dahinter ein Teil der Altstadt und darüber der Dom, der damals noch seinen charakteristischen Dachreiter trug.
Die Skizze entstand gegen Ende einer Tramptour, die mich über Schweden und Norwegen ans Nordkap und über Lappland und die finnische Seenplatte an die Schärenküste Finnlands geführt hatte. Ich saß am Flussufer und zeichnete. Nicht weit von mir saß ein etwas älterer Herr, viel jünger als ich heute bin, der sich dann als Architekt aus Hamburg entpuppte. Wir kamen ins Gespräch, tauschten unsere zeichnerischen Erfahrungen aus und blieben einige Zeit in brieflichem Kontakt. Wenn ich heute, Jahrzehnte danach, die Augen schließe und mir diese Ansicht von Porvoo vorstelle, dann ist erstaunlich viel davon noch immer in meinem Gedächtnis. Weil ich durch das Zeichnen gezwungen war, genau hinzuschauen. Hätte ich die Stadtansicht nur fotografiert, wüsste ich wahrscheinlich fast nichts mehr davon.
Ich habe Freunde, die nach Indien gereist sind, um am Ufer des Ganges unter jenem Baum zu rasten, unter dem angeblich schon Siddhartha Gautama Buddha meditierte. Da sie ohne große Erkenntnisse zurückgekommen sind, frage ich, ob sie diese erhoffte Erleuchtung vielleicht gefunden hätten, wenn sie sich im Urlaub einfach die Zeit genommen hätten, sich an das Ufer der Salzach zu setzen, um dem Spiel des Wassers zu zusehen. – Nur so ein Gedanke.
Ich wünsche allen Lesern dieses Beitrages jedenfalls einen erholsamen Urlaub, wo und wie auch immer sie ihn verbringen mögen.
G. Novak