In den USA regiert ein, gelinde gesagt, verhaltensauffälliger Präsident, dessen politikunerfahrene, aber sehr reiche Minister in der Welt herumreisen, um den erschreckten Verbündeten zu versichern, dass die höchst undiplomatischen Aussagen ihres Chefs gar nicht so gemeint sind, wie sie gesagt wurden.
In Großbritannien müht sich eine Premierministerin, den für die Mehrheit überraschenden Brexit zu vollziehen, weil alle Politiker die vor der Abstimmung dafür gewesen sind, nach dem Schock ihren Hut genommen haben und in der Versenkung verschwunden sind.
Immerhin scheinen sich Weißes Haus und Downing Street in der Ablehnung und beabsichtigten Schwächung der EU einig zu sein. Wobei sie von den nationalistischen Parteien Europas bewundert und gefeiert werden, weil diese mit Trump und Brexit auch gleich einen neuen Politstil heraufdämmern sehen und Wahrhaftigkeit und Establishment endgültig entsorgen wollen.
Die Nachrichten sind überschwemmt mit Fake News und „alternativen Fakten“, die es den Konsumenten fast unmöglich machen, die Spreu vom Weizen zu trennen. Indem seriöse Medien als „Systemmedien“ und „Lügenpresse“ angegriffen und verunglimpft werden, kehrt sich das Oben nach Unten und die politischen Kategorien Rechts und Links verschwimmen zu unverständlichen Begriffen. Da darf man wohl fragen, wem das nützt?
Ob Russland und China in diesem hinterhältigen Spiel der Algorithmus gesteuerten Medienbeeinflussung tatsächlich ihre Finger im Spiel haben, oder sich nur im Hintergrund freudig die Hände reiben, lässt sich schwer sagen, aber sie haben wohl beide die Hoffnung, durch einen Zerfall der EU profitieren zu können. Jedenfalls muss man sich nicht wundern, wenn Europas Rechtsradikale gerade aus der kommunistisch geprägten Ecke der Welt, also von traditionell links, Zuspruch und Unterstützung erhalten.
Zumindest in den wohlhabenden Ländern Europas und Amerikas durfte man vor kurzem noch hoffen, das anbrechende Zeitalter des Wassermannes, würde uns ein friedliches Miteinander aller Nationen bescheren. Trennende Mauern sollten eingerissen werden, Gewalt war verpönt und Fremde willkommen, oder zumindest geduldet. So lange ist das noch gar nicht her. Alles nur Illusion? Brauchen wir wieder Mauern?
Die salonfähig gewordenen Parolen eines immer ausgeprägteren Egoismus der einzelnen Nationen verzeichnen durchaus die zu erwartenden Anfangserfolge. Protektionismus und Nationalismus nützen ja einigen wenigen, solange es sich die Partner gefallen lassen. Wenn das aber alle Mitspieler so machen wollen, führt es zum Bruch jeglicher Handelsbeziehung und im vorigen Jahrhundert führte es zu zwei verheerenden Weltkriegen. Aber ich weiß schon, dass Hinweise auf die Geschichte im Moment nicht gerne gehört werden.
Trotzdem erinnert sich mancher Leser vielleicht noch an Ronald Reagan und Lady Thatcher. Die beiden haben sich ähnlich angehört wie Trump und May. Zwei erzkonservative Politiker, die daran glaubten, mit Neoliberalismus und „mehr Privat, weniger Staat“, ihr Land und die Welt retten zu können. Inzwischen weiß man allerdings, was diese Theorien der Chicago Boys und des österreichischen Nobelpreisträgers Friedrich Hayek in der Welt ausgelöst und auch angerichtet haben.
Wäre ich Politiker, könnte auch ich mir die Hände reiben und in mich hineinlachen, wenn ich sehe, wie sehr die von mir mindergeschätzten rechtsradikalen Populisten den Wahlsieg von Trump und den Brexit bejubeln und wie sehr sie Putin zu mögen scheinen, weil ich ziemlich sicher bin, dass sie dabei am falschen Pferd sitzen. Lasst sie also noch eine Weile reiten, bis die Wähler begreifen, was los ist und dem Spuk ein Ende bereiten.
Wohlstand ist eine Voraussetzung für Frieden und beides gelingt an besten in demokratischen und offenen Gesellschaften.
Die Hälfte der 29 wohlhabendsten Länder der Welt liegt in Europa und bis auf die Ausnahmen der Ölstaaten Arabiens sind sie alle funktionierende Demokratien. Die 10 ärmsten Länder der Welt liegen in Afrika, haben kaum demokratische Strukturen und sind in Kriege verwickelt.
Ich habe den Eindruck, dass man in Europa gerade dabei ist, die Ähnlichkeit der Rhetorik und Handlungsmuster von Trump, Erdogan, Duterte, Kaczynski, Orban und anderen Präsidenten, die allesamt gegen die Presse ihrer Länder vorgehen, zu erkennen. Ich bin überzeugt, dass die Mehrheit der Wähler sich schon sehr bald an anderen Vorbildern orientieren wird und die Bäume der radikalen Parteien nicht in den Himmel wachsen werden.
g.novak