Ich liebe Pferde.

Leider gehöre ich nicht zu jenen wenigen Glücklichen, aus denen das Schicksal gute Reiter macht. Das zeigte sich bereits bei meiner ersten Reitstunde, zu der es gar nicht erst kam.

Seither bewundere ich alle jene, die es schaffen, ein Pferd so weit zu bringen, dass es sich besteigen lässt.

Aber zurück zu meiner ersten Reitstunde!

Es begann damit, dass ich mein Reittier, einen wunderschönen, wohlgenährten Schimmel namens Barabas, satteln sollte, und zwar ohne Hilfe seitens des Reitlehrers. Dieser stand in unmittelbarer Nähe an die Stallwand gelehnt und beobachtete meine vorerst optimistischen Bemühungen, wobei sein Gesicht ein geradezu wissendes Lächeln widerspiegelte. Nicht, dass es mich besonders gestört hätte, aber dieses Grinsen drückte - nach meiner Deutung zumindest - ja, es drückte präzise das aus, was ich insgeheim befürchtete: nämlich, dass meine Bemühungen unfruchtbar sein würden. Das trug dazu bei, dass sich meiner eine gewisse Nervosität bemächtigte.

Die Namen, die ich dem Reitlehrer, sozusagen im Zuge meiner Niederkämpfung derselben, daraufhin gab, will ich lieber nicht zu Papier bringen!

Als ich den Sattel nebst dazugehöriger Decke endlich von dessen Platz in meine Arme gehieft hatte, schien sich jener Ausdruck in seinen Zügen noch mehr vertieft zu haben. Ja, nun drückte sein Gesicht nahezu Verachtung aus.

Mutig trat ich an Barabas heran. Doch er schien meine Absichten zu wittern. Als ich den Sattel auf seinen Rücken gleiten lassen wollte, bedurfte es nur einer kleinen Ausweichbewegung von seiner Seite, und der Sattel lag auf dem Boden.

Mein Blick in Richtung des Reitlehrers bestätigte meine aufsteigenden Komplexe; sein lautloses Lachen konnte mich jedoch nicht entmutigen. Im Geiste überflog ich noch einmal jene Seite meines Handbuches "Für Reiter und solche, die es noch werden wollen", wo sich eine ausführliche Anleitung zum Satteln eines Pferdes befunden hatte. Nur war dabei leider der wichtigste Faktor ausser Acht gelassen worden, wie mir schien, nämlich:

Was tun, wenn DAS PFERD nicht will??

Bei nächster Gelegenheit würde ich dem Verlag entsprechende Tipps zusenden. -

Beim zweiten Versuch ging ich systematischer vor:

Bevor noch Barabas ausweichen konnte, setzte ich zum Sprung an. Seufzend umging ich nach mißlungenem Manöver den alten Ackergaul, um den Sattel aufzuheben, der sich nun hinter - und halb unterhalb seines Bauches am Boden befand.

Als Barabas plötzlich bereit schien, sich satteln zu lassen, setzte ich noch einmal an, das Leder mit einem Schwung auf seinem Rücken landen zu lassen. Aber Gott ließ mich nun meine Sünden abbüßen, und zwar in Gestalt des Reitlehrers. Mit belehrendem Ton ließ der mich nun wissen, dass man ein Pferd niemals von rechts sattle....

Den Gedanken, noch an diesem Tag in den Genuß einer Reitstunde zu gelangen, hatte ich inzwischen längst verworfen. Warum musste ich eigentlich reiten? Nur, weil dieser Sport zur Zeit IN war? Außerdem schien mir Barabas auch gar nicht geeignet, mich zu tragen - bei näherem Hinsehen schien er ziemlich mager zu sein.

Bevor ich jedoch dazu übergehen konnte, darüber zu sinnieren, wieviele Pferde in dieser Reitanstalt schon am Hunger verendet waren, mahnte ich mich energisch zur Konzentration.

Ich wollte mir vor diesem grinsenden Pferdequäler keine Blamage erlauben.

Außerdem hatte ich auch schon wieder eine neue Methode entworfen - es war doch lächerlich, dass ich mit diesem Gaul nicht fertig werden sollte!

Mit einem eleganten Wurf sollte der Sattel von hinten auf Barabas´Rücken landen - der natürliche Wuchs des Halses würde den übeschüssigen Schwung abfangen. -

Nur ein schneller Sprung rettete meinen Kopf vor einem in bösartiger Absicht auskeilenden Huf dieser Bestie, die sich nun noch dazu umdrehte und mit entblößtem Gebiß auf mich zukam.

In der sicheren Entfernung von etwa 50m drehte ich mich das erste Mal um. Der Reitlehrer war gerade dabei, Barabas zu beruhigen und die Reste des Sattels vor seinen Hufen zu retten. Zu diesem Zweck sprach er besänftigend auf ihn ein.

Wahrscheinlich hat er ihm den nächsten Reitgast zum Fraß versprochen.

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Silvia Jelincic

Silvia Jelincic bewertete diesen Eintrag 27.02.2016 23:47:21

Spinnchen

Spinnchen bewertete diesen Eintrag 27.02.2016 08:54:11

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