Die Verhandlungen standen auch von Anfang an unter keinem guten Stern.
Es wurde zunächst vom amtierenden GRÜNEN Bundespräsidenten der Republik nicht der Vorsitzende der stimmenstärksten Partei FPÖ nach den Wahlen, nämlich Herbert Kickl, mit der Regierungsbildung beauftragt, sondern der Chef der zweitstärksten Partei ÖVP, nämlich Karl Nehammer. Was für große Verstimmung in weiten Teilen der politisch Interessierten und heftige Diskussionen sorgte.
VdB begründete dies damit, dass eine neue Regierung schnellstmöglich gebildet werden sollte, was bei einer verhandelnden FPÖ nicht wirklich zu erwarten gewesen wäre. Hatten doch einige der potentiellen künftigen Partner im vorhinein schon lautstark verkündet, dass man mit Kickl niemals und unter gar keinen Umständen koalieren würde.
Nun, wie sehr er sich damit geirrt hat, sehen wir jetzt.
Obwohl die ÖVP bei der Wahl ganz ordentlich gerupft wurde - sie hat rund 11 % verloren, wurde der Wahlsieger mit 12 % Plus quasi ignoriert. Der Kanzler selbst hat sich während der letzten Regierungsperiode durch nicht grade überbordendes Durchsetzungsvermögen oder gar geschicktes Verhalten ausgezeichnet. Im Gegenteil - wurde doch die stärkere Partei in der Bundesregierung vom kleineren Regierungspartner, nämlich den Grünen, quasi coram publico am Nasenring nahezu durch die Arena geschleift.
Dementsprechend war der Bundeskanzler not very amused, und eine weitere Zusammenarbeit mit den Grünen scheint weitestgehend ausgeschlossen.
Also musste man sich mit der ebenfalls ziemlich glücklosen SPÖ mit ihrem sich genauso nicht wirklich als Zugpferd erweisenden Vorsitzenden Andreas Babler in Verhandlungen begeben.
Leider ist auch die SPÖ bei den Wahlen nicht wirklich reichlich vom Wähler bedacht worden, sodass man sich gezwungen sah, einen weiteren möglichen Partner ins Boot zu holen, nämlich die NEOS, die bereits mit quasi hängender Zunge ihrer ersten Regierungsbeteiligung harrten. Und gleich einmal das Finanzministerium für sich reklamierten...
Und dann gings los - mit 300 Verhandlern in diversen Untergruppen, die, wie Gerüchte vermelden, quasi rund um die Uhr eifrigst verhandelt haben. Gelegentlich stießen auch die drei Parteichefs dazu, um sich dann einem erstaunten Publikum zu präsentieren. Denn es wurde mit vielen salbungsvollen Worten - NICHTS verlautbart. Wochenlang.
Einziges "Verhandlungsergebnis", das man verkündete, war, dass man die dringende Sanierung des Budgets auf 7 Jahre erstrecken würde.
Mehr war aber nicht drinnen.
Denn die scheidende Regierung hat dem Volk und den potentiellen neuen Regierungspartnern den unwesentlichen Fakt verschwiegen, dass das Budget ein Defizit von weit mehr als 10 Mrd. Euro aufweist.
Es schien offensichtlich nicht wichtig genug, um es zu offenbaren. VOR den Wahlen.
Und das ging so lange, bis die NEOS entnervt das Handtuch warfen.
Nun, neoliberal und Marxismus passen nun einmal nicht zusammen, dazwischen eine ehemalige Wirtschaftspartei, der die Fähigkeit zum Wirtschaften allerdings offensichtlich schon des längerem verlorengegangen war.
Auch wenn der Wunsch, im Kanzleramt verbleiben zu dürfen, bzw. endlich auch VERANTWORTUNG übernehmen zu dürfen, oder im Falle der SPÖ nach 7 mageren Jahren in der Opposition endlich wieder auf die Regierungsbank zurückkehren zu können, bei den verhandelnden Parteien auch noch so stark war.
Rot und Schwarz, die beiden verbliebenen Verhandlungspartner, versuchten zwar noch, ihre Regierung irgendwie zu retten - für Hrn. Nehammer den gut gepolsterten Kanzlerstuhl und für Andreas Babler zumindest den Vizekanzler.
Was aufgrund der Tatsache, dass die beiden Parteien miteinander lediglich über ein einziges Mandat an Mehrheit verfügen, doch recht gewagt schien.
Aber nun hat die nicht wirklich heimliche Chefin der ÖVP offensichtlich gesprochen - und Nehammer musste nun endlich doch zurücktreten. Freiwillig hat er es wohl kaum getan.
Regierungsverhandlungen passé - der alte Herr in der Hofburg, der dieses Debakel weitestgehend zu verantworten hat, muss jetzt irgendwie damit fertigwerden.
Österreich auch.
Aber wen kümmerts?