Die Rigaer Straße 94 ist mittlerweile wohl jedem ein Begriff. Besonders seit bei einer Demo 123 Polizisten verletzt wurden.
Ich muss offen zugeben, dass mir die Intentionen der Hausbesetzer nicht vollkommen klar ist. Wenn ich es richt verstanden habe, will der Hausbesitzer die leerstehenden Wohnungen an Flüchtlinge vermieten, die Hausbesetzer wollen selbst bestimmen, wer dort nun wohnen darf und die Politik will ein Exempel statuieren. Also ein gewaltiges Konfliktpotenzial.
Was wollen die Hausbesetzer wirklich?
Ich bin Besetzungen von Gebäuden nicht grundlegend abgeneigt - so halte ich die Besetzung von öffentlichen Plätzen und Gebäuden als Form des politischen Protests für legitim. Natürlich ist es nicht schön, wenn man wegen der Besetzung eines öffentlichen Ortes einen wichtigen Termin verpasst, da Straßen blockiert werden. Aber politischer Protest funktioniert nur dann, wenn das öffentliche bzw. politische System gestört wird; denn wer würde sich für eine Demonstration interessieren bzw. ernst nehmen, die Abseits von jeglicher Öffentlichkeit auf einer großen Wiese stattfindet? Politischer Protest muss stören! Auch eine Besetzung von ungenützten, leerstehenden Gebäuden halte ich für gerechtfertigt, wenn die Hausbesetzer selbst keine Wohnung haben bzw. keine Aussicht, eine zu bekommen. Doch was genau die Hausbesetzer der Rigaer Straße erreichen wollen, ist mir schleierhaft. Gegen was protestieren sie? Haben sie wirklich keine Chance auf eine Wohnung?
Wohnungen sollen an Flüchtlinge vermietet werden
Bei den Hausbesetzern handelt es sich um (selbsternannte) autonome Linksradikale. Nun will der Hausbesitzer leerstehende Wohnungen an Flüchtlinge vermieten - meiner Meinung eine gute Sache. Die Unterbringung von Flüchtlingen außerhalb von Flüchtlingslagern sollte doch das Ziel von allen Linken sein. Daher verstehe ich nicht, was die Hausbesetzer mit ihrer Aktion erreichen wollen. Eine autonome Verwaltung? Gut und schön, aber auf Kosten der zukünftigen Mieter - den Flüchtlingen?
Unnötige Gewalt gegen Polizei
Apropos Kosten: Ein derartiges Polizeiaufgebot für ein paar Hausbesetzer halte ich für übertrieben - wie bereits erwähnt, will die Politik hier ein Exempel statuieren. Etwas ähnliches gab es auch in Wien - die Pizzeria Anarchia (wenngleich ich im Falle der Pizzeria Anarchia die Hausbesetzung für legitim erachtet). Dieses große Polizeiaufgebot verursacht nicht nur hohe Kosten, sondern die eingesetzten Beamten fehlen auch an anderer Stelle. Ob ein derart großer Polizeieinsatz nötig war, ich weiß es nicht. Der Umstand, dass bei einer Demo mehrere Polizisten verletzt wurden, geht entschieden zu weit. Bei Österreich und Deutschland handelt es sich trotz allem um relativ demokratische und freie Staaten, aber sicher nicht um Polizeistaaten oder Diktaturen - so ist es hier möglich vernünftig mit Polizisten zu reden. Natürlich sind Polizisten Beamte des Staates, aber selbst ein anarchistischer Staat würde eine Polizei zur Sicherung der Freiheit der Bevölkerung benötigen - Verbrecher wird es auch in einer anarchistischen Gesellschaft geben. Die Polizei ist dazu da, um unsere Rechte und Freiheit zu sichern (zumindest sollte dies so sein; es gibt auch Staaten (Diktaturen), wo die Polizei nur die Regierung schützt). Aus diesem Grund war die Gewalt gegen die Polizisten nicht gerechtfertigt!
Linke und Polizei sollten aufeinander zugehen und an einem positiveren Verhältnis arbeiten - denn, wie gesagt, Linke und Polizei haben (zumindest in vielen europäischen Ländern) die gleichen Ziele: den Schutz unserer Rechte (z.B. Schutz vor Gewalttätern) und unserer Freiheit (z.B. Schutz der freien Meinungsäußerung, wenn Demo-Teilnehmer vor Übergriffen geschützt werden).
Eine Solidarität mit den Rigaer-Autonomen fällt mir daher schwer.