Ich frage mich das in letzter Zeit immer öfter. Gleichzeitig will ich es aber auch nicht wahrhaben. Wo sind die Zeiten, dass man gemeinsam spontan einen Ausflug macht oder z.B. einen lustigen Film dreht? Wenn alle eigene Familien inkl. Kinder haben, ist das natürlich schwierig (aber auch nicht unmöglich). Ich beziehe mich da jetzt prinzipiell auf die Situation, dass die Betroffenen entweder Single sind oder eine gute (noch kinderfreie) Beziehung führen. Letztere bedeutet für mich, dass man auch einmal ohne Partner zu seinen Freunden gehen kann etc. Also die Freundschaften nicht der Liebesbeziehung zum Opfer fallen.
Wer meine Beiträge aufmerksam gelesen hat, wird wissen, dass im August einer meiner besten Freunde verstorben ist. Ich hatte die Idee, mit meinen anderen Freunden für ihn so eine kleine Gedenkfeier zu machen. Kein Saufgelage etc., sondern einfach nur kurz besinnen. Ich hätte aber sehr wohl jedem ein Wieselburger Bier in die Hand gedrückt, weil das Manuels Lieblingsbier war. Damit hätten wir dann zum Schluss auf ihn angestoßen - nicht mehr und nicht weniger. Der richtige Tag für diesen Anlass wäre natürlich der 2.11. gewesen.
Mein ursprünglicher Plan war, dass ich das gleich irgendwann Ende August ansetze. Habe damals allen Nachrichten geschrieben. Der weiß es noch nicht, der ist nicht da usw. Damit habe ich dann einmal resigniert. Ich fragte mich, ob es den anderen wirklich so wichtig ist. Dementsprechend hielt ich mich zurück und ließ vorerst nichts mehr von mir hören.
Anfang Oktober traf ich Sebi und Peter - das erste Mal seit Manuels Tod. Irgendwie ging das Gespräch dann richtung Gedenkfeier für Manuel. Sebi meinte, dass sie ja eh schon geredet haben, was jetzt ist. Bzw. dass ich eben nichts mehr sagte. Dann dachte ich mir schon "Wie warads waunst nochfrogst, waun da des so wichtig is? Klopf a poor Zeichn in dei Handy und schreib ma üba Telegram oder irgend so a App". Aber nein, sie erwarten, dass ich alles organisiere. Vielleicht auch noch ein gemeinsames Abendessen, das ich dann führ alle bezahle? Ja, natürlich.
Jedenfalls war damit meine Entscheidung gefallen. Diese Gedenkfeier werde ich nicht arrangieren. Seine Mutter schickte mir die Fotos von der Urne. Ich war inzwischen bei Manuels Eltern - das war für mich die "Gedenkfeier". Generell nur mehr zu Wieselburger greifen. Manuels Mutter war vor kurzem in Hallstatt. Er selbst ist dort noch zwei Tage vor seinem Tod hingefahren. Sie brachte mir von dort ein Wieselburger Bier mit. Das werde ich an seinem Geburtstag öffnen. Mit den Worten "Prost, Manuel". Das lässt die Freundschaft besser Revue passieren, als irgendeine doofe Gedenkfeier, wo dann die meisten vermutlich nur halb bei der Sache sind.
Auch sonst ist es bei gemeinsamen Projekten so, dass das eigentlich nie funktioniert. Entweder mache ich etwas falsch oder ich habe nicht die richtigen Leute für solche Aktionen. Mein Cousin hat einen coolen Film gedreht. Mir gefiel das so sehr, dass ich mir dachte "kann ich auch". Nicht, um ihm Konkurrenz zu machen. Viel mehr auf Grund der Tatsache, dass man am Endergebnis (Film) erkannte, wie viel Spaß die Leute an dem Projekt hatten.
Ich gebe aber nicht auf und werde das einfach mit der richtigen Partie in die Tat umsetzen. Dh. solche Leute, die das dann auch wirklich zu schätzen wissen, wenn ich sie frage, ob sie mitmachen wollen. Von denen also nicht nur ein beiläufiges "ja" kommt. Denn immerhin ist das nicht bloß Spaß, sondern auch jede Menge Arbeit (die aber im Idealfall Spaß macht).
Einer, der angeblich dabei sein wollte, sagte, dass er beim Drehbuch mitwirken möchte. Ich dachte mir schon "Wosn mit dem los, haums erm zu oft ane aufd Birn ghaut?". War letztlich nichts außer Dampfpaluderei - wie ich schon unterbewusst vermutet habe.
Manuel hat sich da auch eingebracht und sagte, was wir wie machen sollten. Aber letztendlich fehlte ihm genauso die letzte Initiative. Er wollte ja zuletzt, dass alle immer zu ihm kommen. Seit Silvester hat er sich immer mehr isoliert, bis er am 12.8. wirklich von uns ging.
Allgemein kommt mir vor, dass Initiative ergreifen für viele ein Fremdwort ist. Ich bin es gewohnt, das Alphatier zu spielen und die Gruppe zu führen. Aber wenn die anderen nicht auf den Zug aufspringen und genauso den gemeinsamen Weg (der Weg ist das Ziel) gehen wollen, dann bin ich dazu nicht bereit. Wie will man da etwas koordinieren, wenn die Kollegen nicht voll bei der Sache sind? Das geht schlichtweg nicht. Der Leitwolf muss dann dem Rest der Truppe ewig hinterherlaufen, bis sie sich vielleicht doch aufraffen. Auf so etwas habe ich persönlich keine Lust. Deshalb mache ich auch meine Projekte oft genug im Alleingang. So erspart man sich das alles. Aber einen Film mit z.B. 10 Rollen kann man eben nicht alleine drehen.
Mein bester Freund aus der Unterstufe passt irgendwie zur Situation im vorigen Absatz. Wir hatten früher so viel Blödsinn gemacht und wollten Typisch Andy im RL nachmachen. Unsere Freundschaft besteht grundsätzlich noch immer. Doch eines Tages fragte ich mich wieder, ob das wirklich sein Ernst sei. An einem Montag um 05:30 Uhr schrieb er mir, dass er gerade an das Fallschirmfliegen am Wörthersee denkt (ist 11 Jahre her) und dass das so geil war. Ok, schön und gut. Aber mir würde so etwas nicht am Montag um halb 6 in der Früh einfallen. Schließlich wurde mir klar, dass er vermutlich noch immer wach sei. Mit dieser Einstellung kann man jedenfalls keine gemeinsamen Projekte realisieren. Beim Filmdreh muss man sich eben bestimmt die 4-5 (Dreh)tage Zeit nehmen und dann von früh bis spät durcharbeiten. Vom Nachbearbeiten will ich da jetzt erst gar nicht anfangen. Wenn man gemeinsam daran Spaß hat, wird man das alles nicht als "Arbeit" auffassen.
Auch auf der Uni sehe ich das. Da gibt es unter den Kollegen viel mehr Konkurrenzdenken, als dass man eine ehrliche Freundschaft zulässt. Deshalb ist es so, dass zumindest in meinem Studiengang die Leute nur Kontakt haben, wenn einer vom anderen etwas braucht. Und wenn man dann doch einmal Smalltalk führt, dann läuft das nur auf den Studienerfolg hinaus. Der eine fragt, ob man Prüfung X schon hat usw. Glaube kaum, dass das die jeweiligen Personen aus "echtem" Interesse machen. Sie wollen sich dadurch nur von dir abheben, indem sie denken "Was, die hast du noch nicht? Pah, ich bin viel besser als du."
Natürlich muss jeder auf sich schauen. Beruflich und privat sollte alles passen. Aber dennoch kann man für so gemeinsame Projekte, wie z.B. einen Filmdreh oder einfach nur einen Wandertag Zeit finden. Wenn man will! Und das ist auch etwas, was ich einfach nicht verstehe. Wenn man keine Lust hat, warum sagt man das dann nicht klipp und klar? Totschweigen macht es auch nicht besser. Den anderen verletzt man mMn mehr, indem man nichts sagt, anstatt ehrlich zu sein. Meiner Erfahrung nach ist auch diese Mentalität daran Schuld, dass so gemeinsame Vorhaben oft nichts werden.
Früher hielt ich nichts von Fußball. Inzwischen könnte ich mir vorstellen, einfach nur rein menschlich ein Teil einer Mannschaft zu sein. Man braucht ja nur unser Nationalteam anschauen. Da ist es für alle sonnenklar, dass jeder für jeden geht. Sicher auch ein Grund für unseren Erfolg. Klar, im Fußball muss man zusammenhalten, da es ein Mannschaftssport ist. Aber diesen Gedanken "Jeder für jeden" sollte man auch auf gemeinsame Projekte wie z.B. einen Filmdreh übernehmen. Damit erreicht man sicher Ergebnisse, die man sich 10 Jahre später noch immer gerne ansieht.
Oft muss man in solchen Situationen sicher über seinen eigenen Schatten springen. Am Beispiel filmen fängt das mit dem "vor der Kamera stehen" an. Aber damit tut jeder auch für sich etwas Gutes. Man stellt sich einer selbst auferlegten Herausforderung und meistert diese. Wie wirkt sich das wohl auf den eigenen Selbstwert aus? Vermutlich positiv.
Nun bin ich so weit, dass ich meinen Freundeskreis wohl gänzlich ändern werde. Ich gebe die alten Freundschaften nicht auf. Aufgeben tut man einen Brief!
Aber ich suche mir neue Leute, die vielleicht genau das besitzen, was meinen Freunden aus der Schulzeit etc. fehlt. Ich habe bei dem Filmprojekt nie angezweifelt, dass wir das nicht könnten usw. Nur wenn die anderen nicht 100%ig wollen, kannst da alleine auch nicht mehr viel daraus machen. Bin aber optimistisch, dass ich eines Tages auf die richtigen Mitstreiter treffen werde. Die sich dann eben entsprechend einbringen und ihr Desinteresse ggf. nicht durch Schweigen kommunizieren. Sondern sich sehr wohl auch sagen trauen, wie sie sich was vorstellen usw. Denn damit kann man arbeiten, weil sich alle einbringen.
Demnach bleibe ich dabei und sage zum Abschluss: Yes, we can.