Falsche Freunde - von vorgegaukelten Freundschaften bis zum Ausnutzen #02

Teil 2 hat nun im Gegensatz zu Teil 1 gar nichts mehr mit Uni zu tun. Hier geht es um das Hotel, wo ich schon seit Ostern 1999 jedes Jahr die Osterjause genieße. Diese ist inzwischen ehrlich gesagt fast der einzige Grund, warum ich persönlich immer wieder diesen Ort aufsuche. Natürlich gibt es dort sonst noch genug andere nette Freizeiteinrichtungen etc. und es ist im Gesamten echt super. Wo ist also das Problem? Nun ja, dies betrifft die Bekanntschaften, die sich in all den Jahren dort gebildet haben. Ich kenne einige, die genauso jede Ostern dort sind und das schon ähnlich lange wie ich praktizieren. Früher freute ich mich immer extrem darauf, alle wieder zu sehen. Ich machte meinen Eltern immer Druck, damit wir am Anreisetag schnellstmöglich beim Hotel ankamen. Mit der Zeit begannen wir alle mit dem Fortgehen und schließlich waren wir keine Kinder mehr, sondern eben junge Erwachsene. Wir konnten also stolz auf die Aufenthalte der vergangenen Jahre zurückblicken.

Früher gab es dort eine Kegelbahn, wo immer wieder Kegelturniere stattgefunden haben. Diese war mein persönliches Kindheitshighlight in diesem Hotel. Nebenan gab es einen Raum, wo man Billiard, Tischfußball etc. spielen konnte. Hinter der Kegelbahn waren zwei ganz urige Tische, die zum Gesamtflair erheblich beitrugen. Die Anlage bestand eigentlich aus zwei Bahnen, die in der Mitte durch eine zusätzliche Bande getrennt waren. In dem Bereich, wo sich die Spieler aufhielten, stand in der Mitte eine Tafel. Letztere fungierte auch als "Trennwand". Darauf wurden bei den Turnieren immer die Punktetabellen gekritzelt. Ich war ca. drei Mal bei derartigen Veranstaltungen dabei und es war immer wieder witzig. Irgendwann kamen dann unsere Eltern herunter, um uns auf die Zimmer zu bringen. 2003 wurde die Kegelbahn leider entfernt und der neue Spieleraum (also Spiele im Sinn von Billiard etc.) kam genau an diese Stelle. Sah eigentlich ganz gut aus, aber heute bin ich über den Verlust der tollen Anlage dennoch traurig. Ich glaube, dass sie von den Gästen nach wie vor gut angenommen werden würde. Als es sie eben nicht mehr gab, fingen wir mit dem Verstecken-Spielen an. Dazu verteilten wir uns im ganzen Hotel und letztendlich wussten die Sucher dann nie, wer schon gefangen war und wer nicht. Das dauerte oft ewig und zur Entspannung gab es dann etwas Alkoholfreies (!) an der Bar. Auf diese Zeit blicke ich gerne zurück. Jedoch war klar, dass das auch einmal ein Ende haben musste, da wir alle größer und älter wurden.

Die Fortgehzeit stand vor der Tür und dabei ließen wir es oft richtig krachen. Seit einer gewissen All-you-can-drink-Party kann ich keinen Jägermeister mehr trinken, da ich davon so viel gesoffen hatte und am nächsten Tag entsprechend über der Klomuschel hang. Ab sofort gab es jedes Jahr zumindest einen derartigen Abend, wo wir uns alle so richtig die Kante gaben. Irgendwann war es so, dass ich dann am nächsten Tag mit meiner Mutter spazieren ging und ich währenddessen öfters stehen blieb, da ich immer wieder eine Kleinigkeit neben den Weg sp.....ucken musste. ;) 2010 und 2011 waren in dieser Hinsicht die schönsten Ostern.

Doch 2012 änderte sich meiner Meinung nach alles abrupt. Ich fuhr eigentlich wie immer mit der gleichen Einstellung hin. Schließlich traf man sich nach dem Abendessen an der Bar und ich dachte, dass wir uns da jetzt gemütlich hinsetzen werden etc. Haben uns zwar zwischendurch einmal im Wien getroffen, aber es gab doch sicher nach wie vor genug zu erzählen. Früher haben wir immer Verstecken im ganzen Hotel gespielt - das war legendär. Aber nun waren wir dafür einfach zu alt. Warum also nicht so wie unsere Eltern: Also einfach auf ein paar Bier, Cocktails etc. zusammensetzen und tratschen. Wie das eben Erwachsene machen...

In dem Hotel gab es seit diesem Jahr einen weiteren Spieleraum, wo eben verschiedene Brettspiele zu finden waren. Auf einmal wollten einige etwas spielen und wir gingen eben dorthin. Ich mag eigentlich Brettspiele wie Risiko, Siedler von Catan etc. Ein bestimmtes Spiel wird immerhin vermutlich mein ganzes Leben prägen (perverse Phantasie ausschalten ;) ). Auch gegen Videospiele habe ich eigentlich wenig einzuwenden (siehe Crash Bandicoot - der ist aber in gewisser Weise eine Ausnahme ;) ). Ich würde gerne einmal Marioparty nach dem Sauf-Prinzip zocken. Also dass eben die Verlierer von jedem Minispiel z.B. ein Stamperl kippen müssen usw. Zurück ins "Osterjausen-Hotel": Wir waren dann also bei den Brettspielen und es fing mit "Mensch, ärgere dich nicht" an. Ich dachte mir, dass das irgendwie schon komisch ist. Wir sind alle über 18 und müssen am Abend derartige Dinge spielen? Für mich war das jedenfalls nichts, da ich gerne einfach so geredet hätte (also wie es eben jedem so geht, was es Neues gibt etc.). Später vielleicht noch wirklich weggehen usw. Irgendwann verließ ich dann einfach die "Spieler-Truppe", da das nicht das Meinige war. Ab diesem Zeitpunkt distanzierte ich mich immer mehr von ihnen. Ich fahre doch nicht in ein Hotel auf 1700 m Seehöhe, nur um z.B. "Mensch, ärgere dich nicht" zu spielen. Das kann ich zu Hause genauso machen...

Meine Mutter merkte mit der Zeit, dass ich mich von meinen früheren "Freunden" immer mehr entfernte. Ihr passte das nicht, aber ich gab nicht nach. Sie meinte nur immer "die sind ja soooo nett usw.". Das mag schon stimmen - will ich auch niemandem absprechen. Wir verstanden uns früher echt super. Aber die Zeiten, wo sie mit mir auf einer Wellenlänge waren, sind eben vorbei. Sie betonte auch öfters, dass ich die ja alle schon sooo lange kenne etc. Das ist ja schön. Ich bin auch froh, wenn wir alle eines Tages vielleicht mit unseren Kindern dort oben Urlaub machen. Gegen diese "Hotel-Tradition" spricht genau gar nichts. Mir geht halt nur diese Scheinheiligtuerei auf die Nerven. Das ganze Jahr über hört man voneinander absolut nichts - warum soll ich dann dort oben auf "best friend" machen? Das sehe ich ehrlich gesagt nicht ein. Man "interessiert" sich ja sonst auch nicht füreinander, also kann ich meinen "Osterjausen-Urlaub" auch dementsprechend verbringen. Natürlich setze ich mich am ersten Abend zu den Leuten dazu, jedoch rede ich da meistens nur mit den Eltern der ganzen Bekannten. Diese wollen auch ehrlich wissen, wie es mir geht usw. Wenn ich dann sozusagen aus der "alten" zur "jungen" Ecke hinüberblicke, frage ich mich oft, ob ich nicht im falschen Abteil sitze. Vielleicht bin ich für die "jungen" einfach zu erwachsen... Sicher war meine Reaktion, mich einfach von ihnen abzukapseln, nicht gerade die beste. Aber wieso soll ich mit ihnen darüber diskutieren? Es kümmert sie ja kaum bis gar nicht, was ich von dem Ganzen halte. Somit ist die Sache für mich vom Tisch und ich schaue mir jetzt eigentlich nur mehr aus der "sicheren" Perspektive an, was eben passiert. Als ich heuer am Karsamstag hinkam (primär wegen der Osterjause ;) ), habe ich den ersten Bekannten schon beim Buffet getroffen. Da kam mir gleich so ein "Wie geht's?" entgegen. Es war irgendwie unangenehm und ich antwortete nur das Notwendigste. Seine Frage klang für mich nicht wirklich ehrlich, sondern viel mehr nach Neugier.

Als ich meine "Schinken-Zementsäcke" vernascht hatte, setzte ich mich wiegesagt noch kurz zu den ganzen Bekannten dazu. Der Vater von demjenigen, der zuvor "Wie geht's?" fragte, hat sich im Zuge dessen eine Aktion erlaubt: Er wollte mich schon fast zwingen, dass ich mit den anderen noch weggehe. Dazu muss man sagen, dass das zu dem Zeitpunkt aber noch gar nicht genau fixiert war etc. - also niemand wusste über "wer", "wann" usw. Bescheid. Wieso sollte ich auch passen, wer jetzt vielleicht doch noch das Hotel verlässt und wer eben nicht mitgeht? Ich hatte jedenfalls mit meiner Verdauung zu kämpfen und legte mich an dem Abend bald hin (das war mir die Osterjause wie immer Wert - ein gutes Essen arbeitet einen eben ordentlich her ;) ). An dem Beispiel mit dem Fortgehen seht ihr jetzt, was ich weiter oben mit Scheinheiligtuerei meinte. Warum soll ich mit denen abhängen, ausgehen usw., wenn es sonst auch keinen von ihnen interessiert, was ich mache bzw. wie es mir geht etc.? Obwohl wir uns schon so lange kennen, ist z.B. ein Geburtstagsglückwunsch nicht selbstverständlich. Falls einer kommt, dann über Facebook. Aber das zählt für mich nur bedingt... Ich sah das jedenfalls absolut nicht ein, warum ich da jetzt einen auf "dicke Freunde" machen soll, auch wenn viele am nächsten Tag bereits nach Hause fuhren. Die betroffenen Leute sind für mich bestenfalls Bekannte, auch wenn es früher eben ganz anders war und wir auch schon miteinander schöne Zeiten erlebt haben (Kegelbahn, Verstecken-Spielen im Hotel usw.).

Eines möchte ich noch erwähnen: Ich war nie jemand, der viele "Freunde" hatte. Wenige, aber dafür gute - das war/ist meine Devise. Es hieß früher oft "schau, der hat sooo viele Freunde...". Ich bin gespannt, ob solche Personen jetzt noch immer mit all ihren "Freunden" sooo viel Kontakt haben... Was bringen dir viele "Freundschaften", wenn sie sich nach ein paar Jahren sowieso im Sand verlaufen? Für mich ist eine Freundschaft eine gegenseitige "Pflege". Wenn immer nur von einem etwas kommt, dann ist das falsch (deshalb sollte man sich ggf. ernsthaft überlegen, ob man das wirklich will...). Eine Freundschaft ist wie eine Blume: Wenn du sie pflegst, ist sie schön und es wird letzendlich beiden "Partnern" gut gehen. Wenn du aber nichts machst, dann verwelkt sie und geht irgendwann komplett ein. Demnach lautet mein Motto bezüglich Freundschaften: Qualität vor Quantität!

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irmi

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fischundfleisch

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