Großeinsatz am Naschmarkt

Gestern gegen 16:00 Uhr klingelte mein Telefon. Oberst Michl war am anderen Ende der Leitung und riss mich aus meinem Wochenendschlaf. "Im Orient and Occident gehts org zua. Do passiert a Accident nochm ondan. Wir haum olle Händ voi zan tuan. Kum her, Vastärkung is erforderlich!" -  so seine Worte.

Hat der stadtbekannte T. F. zu oft Kame Hame Ha gemacht? Ich weiß es nicht. Naja, wir werden es noch früh genug herausfinden.

Ich wollte meine 130 PS starten, doch da kam eine Warnung. Wenig Kühlflüssigkeit - Motor abstellen. Na super, was jetzt? Bis ich mit dem Zug in Wien bin, hat die Bloggerpolizei die Kontrolle über den Einsatz verloren.

Sogleich recherchierte ich mit meinem mobilen Highspeed-Internet wegen Kühlflüssigkeit. Zum Auffüllen braucht man ein spezielles Gemisch. Also einen Cocktail - bestehend aus Wasser und Frostschutzmittel. Wo sind die Vitamine? Ein bisschen Obst kann doch nicht schaden.

Endlich fand ich einen brauchbaren Post. Im Notfall kann man ganz normales Leitungswasser hineinkippen. Von einem "goldenen Oktober" fehlt momentan jede Spur. Aber gerade heute wird es schon nicht frieren.

Motorhaube geöffnet und einen halben Liter Leitungswasser nachgefüllt. Also nichts wie los.

Diesmal ging es klarerweise mit 180+ nach Wien. Die 150 von letzter Woche waren dagegen ein Spaziergang. Das mit dem Leitungswasser klappte wirklich. Der Zeiger blieb immer knapp unter der Hälfte und jegliche Warnhinweise waren vom Armaturenbrett verschwunden.

In Ober St.Veit driftete ich in eine Seitengasse ab, wo ich sofort einen Parkplatz fand. Von dort rannte ich den kurzen Weg zur U-Station. Damit war auch gleich mein Laufpensum für diese Woche erfüllt. Sogesehen muss ich dem Herrn Oberst für seinen Anruf sogar dankbar sein.

Mit der U4 tuckerte ich bis Kettenbrückengasse. Es hieß nur "Des Lokal sigst eh glei, is auf da B1 stadtauswärts". Auf Grund der Blaulichter von den ganzen Polizeiautos werde ich den Tatort wohl gleich finden - so mein Gedanke in dem Moment.

Das ist also der Naschmarkt - hier kann man sicher ein paar heiße Bräute vernaschen. So falsch ist das gar nicht, da eine Kollegin fast im Minirock beim Einsatz (:-p) erschienen wäre.

Mit meinem Stixneusiedler-Orientierungssinn brauchte ich etwas länger zum Einsatz-Standort. Völlig abgeschwitzt erreichte ich endlich das Orient and Occident. Der Tatort war nicht einmal polizeilich abgesperrt. Da konnte jeder vorbeigehen - ein Paradies für Schaulustige. Naja, vielleicht haben die Kollegen gerade kein Absperrband auf Lager.

Das Lokal am Naschmarkt war noch ganz. T. F. alias T. Goku hat also nichts mit dem Fall zu tun.

Plötzlich sah ich den Herrn Oberst, wie er gemütlich eine Zigarette rauchte. Da muss ja viel passiert sein, dass sogar er als Einsatzleiter für eine Rauchpause Zeit hat. Natürlich meldete ich mich vorschriftsmäßig zum Dienst an. Doch der Herr Oberst stellte mir sogleich einen anderen Kollegen vor. Den Oberstleutnant Gerhard aus Bad Vöslau. Letzterer erklärte mir sofort, dass er in seinem Revier die Schlapfenpflicht eingeführt hat. Sollten alle so machen. Das Anlegen der Kampfschuhe ist fast so mühsam wie das Anziehen der Skischuhe.

Allmählich war ich schon verwundert, da ich von einem Einsatz nicht viel bemerkte. Es gab nur verbale Ausschreitungen, angeblich ging es da um das Bloggen auf "FischundFleisch". Am langen Tisch im Lokal handeln die alarmierten Kollegen gerade den Fall ab.

Ich wollte natürlich hineingehen und nicht im Freien untätig herumstehen. Dienst ist Dienst und Freizeit ist Freizeit. Doch auf einmal pfiff mich der Herr Oberst zurück. "Do warad nu ana, denst kennalerna muast. In Revierinspektor Gaugl aus Schönbühel".

Hajü durfte auch eine Rauchpause machen. Scheinbar steht er in der Liste vom Chef ganz weit oben. Denn wieso sollte ihm sonst diese Ehre zu Teil werden?

Kurze Zeit später fiel mir ein, dass ich am 3.10. etwas über das "Polizeiehepaar" Gaugl aus Schönbühel in der Österreich las. Sie soll Spezialistin für Hunde sein und bisher alle Drogendealer mit ihren Wuffis gefasst haben. Hajü erwähnte von selbst, dass seine Frau auch da sei. Aber sie müsste im Lokal verweilen, weil angeblich einer der Streit-Anzettler etwas mit Drogen zu tun hat. Wir wollen sie bei ihrer "Hundeparty" nicht stören. Dieser Fall habe ihr alles abverlangt - wie ich später erfahren durfte.

Wir gengan wieda eine - Obmarsch. Gerhard, Hajü und ich folgten unserem Herrn Oberst. Im nächsten Moment kam die Landespolizeikommandantin von Wien auf mich zugelaufen - eine gewisse Silvia. "Es ist unglaublich wichtig, dassd do bist" durfte ich mir von ihr gleich zur Begrüßung anhören.

Fast alle Sessel waren besetzt. Schließlich nahm ich neben Hajü Platz und war damit am anderen Ende vom Tisch. Michl gab keine Sitzordnung vor. Deshalb ging ich davon aus, dass ich bisher alles richtig gemacht hatte.

Der Chef saß am unteren Tischende und ich bekam genau gar nichts mit. Alle, die mindestens drei Plätze von ihm entfernt saßen, wirkten auch recht teilnahmslos. Langsam fragte ich mich, ob das alles ein Scherz sei. Bis zum 1.4.2016 dauert es aber noch ein Weilchen.

Auf einmal stellte mir Hajü seine Frau Steffi vor. Sie sagte nur "I bin die Minirock-Kibarantin ausm Bezirk Melk. Waun i mit meine Hund aufmaschier, schnoin olle Vabrecher ob. Heit wors ma oba zkoid für an Mini - deshoib kumm i so adrett daher."

Klarerweise saß auch Oberstleutnant Gerhard am Tisch. Der, der selbst bei -30 Grad zu und in seinen Schlapfen steht. Vielleicht darf Steffi einmal eines seiner Anti-Kälte-Seminare besuchen. Die Plätze sind heiß begehrt.

Nach ca. 40 Minuten spazierte Michl am Tisch vorbei und begab sich im nächsten Moment an die frische Luft. Als er aufstand, hat es kurz den ganzen Tisch gerissen. Hätte ja sein können, dass der Einsatzleiter dem Rest vom Schützenfest eine Standpauke hält.

Es wirkte, als ob er uns zur Rauchpause aufgefordert hätte. Einige "flüchteten" wie auf Befehl nach draußen. Ich bin zwar Nichtraucher, aber schloss mich dieser Gruppe einfach einmal passiv an. Könnte ja sein, dass er eine Top-Secret Einsatzbesprechung macht, wo nur die Crème de la Crème dabei sein darf. Wenn ich wieder hineingehen soll, wird er mich schon zurückschicken.

Im weiteren Verlauf der Freiluftsitzung kam noch Jürgen dazu - der Herr Major aus Amstetten. Er sagte, dass er nach diesem Einsatz den Polizeijob aufgeben wolle. Der Bundeskanzlerposten wäre sein nächstes Ziel. Weiters war auch Jürgens Stellvertreter Erwin anwesend. Michl meinte ganz nebenbei "Des wird in Jürgen sei Nochfolga".

Drinnen wurde heftig gestikuliert. Vermutlich konnte man sich nicht einigen, welche Paragraphen in unserem Fall greifen. Zum Glück hatte Michl vorgesorgt. Er gab Robert die Aufgabe, in der Zwischenzeit alle für den Fall relevanten Fakten zu protokollieren. Letzterer ist vom Posten Waidhofen an der Ybbs. Sobald Michl aufsteht, zückt Robert die Füllfeder. Während Michls Abwesenheit wird alles niedergeschrieben, was für den Einsatzbericht relevant ist. Umsonst hat Robert nicht das Pseudonym "Einsatzblogger".

Aus dem Burgenland hat Michl die Frau Oberstleutnant Daniela herbestellt. Sie musste alleine anreisen. Ihre Esel-Armee wurde nicht einberufen. Irgendjemand muss ja auf ihr Haus aufpassen, wenn sie hier am Naschmarkt gebraucht wird.

Die Steiermark schickte uns ihren Polizeikommandanten höchst persönlich. Herbert war sein Name. Er reist von einem Polizeieinsatz zum nächsten. "Nimm dei Stellvertreterin a mit" - so Michls Befehl an Herbert. Demnach stand an diesem Abend auch Anna habt Acht.

Silvias Kollegin Bluesanne meinte zwischendurch, dass sie das Bild für den Einsatzbericht anfertigen wird. Es wurde nicht gesagt, bis wann es fertig sein müsse. "Des konnst jo imma nu nochreichn" - so Silvias Worte zu Bluesanne.

Ein Polizeiexperte aus Thüringen wurde schon Tage zuvor nach Wien zitiert. Unsere Wiener Landespolizeikommandantin wollte wissen, wie gewisse Dinge in Deutschland geregelt werden. Steven wurde demnach gleich zum Einsatz mitgeschleppt.

Irgendwie machten immer mehrere von uns (Passiv)-Rauchpause. Silvia hatte alle Hände voll zu tun und musste mit vier Kollegen alles managen. Mir wurde langsam kalt. Deshalb fragte ich unseren Boss "Herr Oberst, derf i einegeh? I frier scho". Daniela ergänzte "I a." Michl sah uns kritisch an und meinte "Gehts, bevor is ma ondas übaleg". Daniela und ich gehorchten wortlos. Immerhin könnnen wir es nicht verantworten, wenn Michls Kopf rot wie ein "Paradeisa" wird.

Wir setzten uns zu Silvia, um ihren Plänen zu lauschen. Robert hatte inzwischen einen ganzen Block vollgeschmiert. Wenn er heute keinen Muskelkater in den Fingern hat, dann weiß ich es auch nicht. Nach und nach kamen die anderen herein. Nun musste der "Einsatzblogger" dem Michl Lagebericht erstatten. Plötzlich stand der Herr Oberst auf und gab das Ende vom Einsatz bekannt. Silvia habe alles so weit geregelt, dass die Truppen aus den Ländern nicht mehr benötigt werden. Uns wurde also der Marschbefehl für die Rückkehr in die eigentlichen Dienststätten erteilt.

Nach dem Abtreten sprach mich Herbert an. "I hob heit scho in gonzen Tog an steirischen Prosecco mitzaht, wüst erm haum? Mir hot den wer gschenkt, oba i trink nix." Ich stehe eigentlich nicht auf Prosecco, aber nahm Herberts "Geschenk" dennoch an. Immerhin ist das der Beweis dafür, dass ich beim Einsatz vorschriftsmäßig dabei war.

Mit Herbert und Anna war noch ein dritter Kollege mitgereist. Alle guten Dinge sind ja bekanntlich gleich drei - in der Steiermark setzt man scheinbar auf solche Sprichwörter. Dabei ist von Berhard die Rede. Er kommentierte das Einsatzgeschehen stets im Paarreim. Somit ist es kein Wunder, dass Herbert mit ihm eine große Freude hat.

Kurz nach 01:00 Uhr war ich zu Hause. Das Fahrtenbuch für den Dienstwagen habe ich noch schnell aktualisiert, ehe es richtung Bett ging. Doch bevor ich im Land der sieben Schäfchen war, vergriff ich mich noch an einem Bier. Den Prosecco hebe ich natürlich auf. Vielleicht gibt es beim nächsten Einsatz die Anweisung, dass ich ihn mitnehmen muss.

Prost und bis zum nächsten Mal!

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