Laufen in der Dunkelheit - Generalprobe für Halloween

Gestern kam ich einfach nicht mehr bei Tageslicht zum Laufen. Soll ich das jetzt auf morgen Vormittag verschieben? Nein, mein Bedürfnis ist es, heute noch zu laufen. Also hinaus in die Finsternis. Dann bin ich immerhin gut auf Halloween vorbereitet.

Das übliche Laufgewand wurde angezogen. Haube steckte ich mir ein. Handschuhe legte ich sofort an. Schließlich packte ich meine Lauf-Warnweste aus. Diese erstrahlt in einem schönen Neongelb und besitzt noch zwei hellgraue Leuchtstreifen.

Ich hatte mich auf 15 km eingestellt. Bis zum Fluss waren die Straßen immer beleuchtet. Ab dem Zeitpunkt, wo ich direkt am Flussufer lief, war es zunächst auch noch so. Einmal musste ich kurz eine Brücke unterqueren, wo natürlich keine Laternen standen. Danach waren aber gleich wieder Lampen am Wegrand, weshalb ich diese Situation wenig bis gar nicht unheimlich empfand. Die gesamte Laufstrecke war asphaltiert. Somit musste ich nicht wirklich aufpassen, wo ich hinsteige.

Bald kam der Bereich, wo man unter der Westbahn durchlaufen muss. Dort steht nach wie vor "Michl Tina Maxl" in orangenem Schriftzug mitten am Asphalt. Da mir das schon im Juni auffiel, war mir klar, dass das keine vorzeitige Halloweeneinladung sein kann. Ich achtete natürlich darauf, dass ich Michl nicht trat. Geschickt verkürzte ich die Schritte und "sprang" schließlich über ihn hinweg. So spürte er bestenfalls meinen "Fahrtwind". Einen Kibara im Vorbeilaufen treten - geht ja gar nicht.

Nun war ich in einem Siedlungsgebiet. Dort gab es natürlich eine Straßenbeleuchtung. Ca. einen halben km nach Siedlungsende erscheint eine weitere Brücke über den Fluss. Hinter dieser war dann Schluss mit Festbeleuchtung. Ab hier traf ich auch keine anderen Leute mehr. Ich erinnerte mich, wie gewisse Freunde immer wieder mitten in der Nacht von mir 11 km nach Hause gingen. Oder als ich mit anderen Kumpels einmal um 00:00 Uhr am Spielplatz vom Stadtwald war und wir ein wenig Fußball spielten - gefolgt von einer Runde Affenschaukel.

Es tauchte wieder eine Brücke auf. Allerdings war ich nun weit weg von jeglicher Zivilisation. Demnach war diese Flussüberquerung von der Breite her bestenfalls mit einem Steg vergleichbar. Beleuchtung gab es dort überraschenderweise schon. Direkt neben der Brücke (auf meiner Seite) war ein auffälliger Scheinwerfer positioniert. Ich entdeckte schließlich zwei Abendschwärmer, die hier vermutlich noch einen Spaziergang gemacht haben. Mein Weg ging gerade weiter, weshalb ich das Flussufer nicht wechseln musste. Auf der anderen Seite wäre der Weg nämlich nicht asphaltiert gewesen.

Nun war links von der Strecke Laubwald. Rechts unten plätscherte der Fluss dahin. Es schien, als ob ich auf einer niemals endenden Gerade laufen würde. Der Scheinwerfer von vorhin führte dazu, dass ich unmittelbar danach für einen Augenblick nichts sah. Aber nach einer Sekunde oder so war mein Sehsinn auf die Dunkelheit eingestellt. Hatte noch ca. 3 km vor mir - ehe ich umdrehte.

Der Wald hörte auf. Stattdessen war links vom Weg nur mehr das übliche Gebüsch. Immer wieder gab es Stellen, wo im Dickicht kurz Lichtungen auftauchten. Weiter hinten war wieder Wald. Ab und zu sah man im Hintergrund die Lichter von der nächsten Siedlung. Mir begegnete sogar noch ein anderer Läufer. Immerhin war ich somit nicht der Einzige, der Prä-Halloween feierte.

Es kam die Stelle, wo meine Laufstrecke endlich wieder einmal eine Kurve hat. Bis dahin waren es ca. 6 km. Aus der Ferne sah ich schon Lichter, die sich in hoher Geschwindigkeit über den Fluss bewegten. Sternschnuppen? Das kann nicht sein, vor allem wäre das so kurz vor Halloween makaber. Letztendlich war das die Autobahn. Gleich dahinter wollte ich wenden - es war also nicht mehr weit.

Je näher ich zu dem Punkt kam, wo die Autobahn den Fluss überquert, umso mehr wurde mir bewusst: Mein Verstand schreit "Dreht jetzt schon um" - doch ich wollte die 15 km laufen und nicht 14,5. Ich ignorierte meine innere Stimme und sah schließlich die Autobahnunterquerung. Der Weg teilte sich dort und führte gleich danach wieder zusammen. Was das wohl bringen mag... Egal, alles muss man nicht verstehen. Ich nahm zuerst den oberen Teil der Weggabelung. Über mir sauste der Verkehr mit 130 km/h dahin. Nun folgte ein kurzer Anstieg - den nahm ich noch mit. Danach kehrte ich um.

Am Rückweg lief ich den unteren Teil der Weggabelung. Ich ließ die Autobahn hinter mir. Doch auf einmal riss es mich innerlich. Zwischen Streckenrand und Gestrüpp tauchte ein Wegweiser auf, der mir vorhin gar nicht so aufgefallen war. Natürlich dachte ich im ersten Moment, dass da wirklich jemand steht. Das ist so ein Gefühl, wie wenn man nachts im Wald ist und glaubt, dass hinter jedem Baum ein Räuber lauert.

Nach dieser Schrecksekunde ging es wieder normal dahin. Plötzlich sah ich ein Lich am Weg. Vermutlich ein Radfahrer, der mir entgegenkommt. Das Leuchten wurde immer intensiver. Fast schon wie ein Fernlicht beim Auto. Allmählich hatte ich das Gefühl, dass sich diese Lampe gar nicht bewegt. Ich war inzwischen wieder auf der langen Gerade, wo bestimmt für 1,5 km keine Kurve kommt. Auch wenn ich kaum etwas sah - ich lief gegen die Helligkeit. Es fühlte sich schon an, als würde man die Fernlichter von fünf Autos nehmen und einem damit aus 1 m Entfernung frontal ins Gesicht leuchten. Ich hielt es kaum mehr aus.

Endlich war der Biker vorbei. Für ein paar Sekunden war ich nun wieder "blind". Danach tat die Dunkelheit wirklich gut.

Doppelt hält ja bekanntlich besser - demnach kam mir noch ein Radfahrer entgegen. Das empfand ich aber nicht mehr so wie zuvor. Einerseits, weil ich mich daran "gewöhnt" hatte. Andererseits auf Grund der Tatsache, dass die Strecke in dem Moment nicht kerzengerade war.

Kurz vor dem zivilisierten Bereich gab es noch eine Schrecksekunde. Ich dachte, dass vor meinem Fuß ein Igel liegt. Demnach riss ich das Bein entsprechend hoch. Konnte in der Schnelle nicht erkennen, was das jetzt wirklich war. Aber vermutlich nur so ein Mini-Laubhaufen, den mir die abendliche Wind-Brise extra in den Weg legen wollte...

Nach ca. 1 Stunde und 15 Minuten war ich wieder daheim. Wie gewohnt führte ich meine Dehungsübungen durch. Als ich mit Liegestütz fertig war, machte ich noch eine klassische Rückenübung. Währenddessen fühlte ich auf meinen Fingern ein Krabbeln. Da saß ein Käfer. Ich unterbrach mein Programm, um das Fenster zu öffnen und den Eindringling in die Kälte zu schubsen. Sorry, aber unangemeldetes Erscheinen gibt es bei mir nicht.

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MartinMartin

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irmi

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Silvia Jelincic

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