Grexi

Das Titelbild ist zwar nicht von heute, aber ihr erkennt zumindest einen geschnittenen Ast. Diese Schnittstelle ist jedoch vom Vorjahr. Die Forsythien haben schon etliche Blüten, weshalb es allmählich Zeit für den Rosenschnitt wurde. Ich bin heute mit einer gewöhnlichen Astschere in die stachligen Sträucher eingedrungen. Die Baumschere hatte ich für alle Fälle dabei. Ab und zu brauchte ich sie wirklich.

Beim oberen Foto wird wohl jeder gleich einmal sehen, was man am Anfang erledigen sollte. Die alten Hagebutten entfernen. Ja, das ist eine Wildrose, ihr habt es richtig erkannt. Finde ich viel schöner als irgendwelche Zuchtrosen, die beim kleinsten Frost eingehen. Da stell ich mich viel lieber so einer 3x3 m großen Hundsrose entgegen und sage "Wos is, oide? I schneid di glei nieda." Doch das macht der Rose keine Angst. Auch wenn ich sie über dem Erdboden absägen würde, käme sie zu 99,99% wieder nach. Aber erstens ist das Exemplar im Titelfoto nur rund 3 m hoch, aber dafür maximal 2 m breit - und zweitens war hier kein Radikalschnitt nötig. Auch wenn den viele vermutlich schon gemacht hätten. Einige Äste sind ganz hoch oben und haben sich in der dahinter stehenden Zypresse verhängt. Schaut sicher super aus, wenn die Rose dann im "zehnten Stock" blüht bzw. Hagebutten trägt. Nach einer Radikalkur muss sich der Strauch erst wieder neu aufbauen, was Jahre dauern kann.

Wiegesagt habe ich zu Beginn alle alten Hagebutten entfernt. Die wenigsten waren noch anschaubar. Zwischendurch habe ich die dürren Äste herausgeschnitten. Altes Holz, was auch nur mehr wenige Augen zeigte, habe ich ebenso am Ansatz abgeschnitten. Währenddessen blieb ich entweder an den Stacheln hängen oder kratzte mich an der Hand auf. Meine Hände sehen dafür ziemlich gut aus, obwohl ich keine Handschuhe trug.

Bei der Rose aus dem oberen Foto war es dann eben so, dass ich mir überlegte, die hohen Triebe erst gar nicht zu schneiden. Erstens, weil diese so schön in die Zypressen hineingeklettert sind. Und zweitens würde das ihren natürlichen Habitus zu sehr zerstören. Bei Wildrosen und allen derartigen Sorten ist der Schnitt korrekt, wenn man ihn nicht sieht. Allerdings schnappte ich mir doch noch eine Leiter, weil ich die Triebspitzen der hohen Ranken anschauen wollte. Vielleicht sind diese ja dürr, weshalb ich 1 cm nachschneiden müsste. Man hätte meinen können, dass man dort ja eh nicht hinkommt - wieso also ggf. etwas schneiden. Da schlägt wieder mein Perfektionismus durch, denn warum hätte ich das sonst gemacht? Bin dann eben auf die Leiter und habe bei Bedarf die Triebspitzen etwas angeschnitten. Aus dieser Höhe konnte ich natürlich auch andere alte Hagebutten erreichen, die ich anderenfalls nicht entfernen hätte können.

Grexi

Bei diesem Bild handelt es sich um zwei Hundsrosen, die direkt nebeneinander gesetzt wurden. Inzwischen haben sie sich klarerweise zu einem Megastrauch vereinigt. Oft ist es interessant, wenn man schaut, welcher Trieb von welcher Rose stammt. Im Foto ist jedenfalls die "Krone" vom Gesamtstrauch zu sehen. Diese Triebe sind alle vom Vorjahr. Natürlich raufen die miteinander, wenn der Wind geht. Aber grundsätzlich sieht das einfach natürlich aus, wenn man von der Ferne das Gesamtbild beurteilt. Deshalb habe ich da oben auch nichts herumgeschnitten.

Die Hagebutten vom Vorjahr waren bei diesen 2 Stöcken eher im Mittelteil. Darüber kamen dann erst all die Triebe vom obigen Bild. Somit haben die neuen Äste den eigentlichen Fruchtschmuck überdeckt, wodurch die Hagebutten nicht so wirklich zu einem absoluten Blickfang wurden. An all den Augen von den hohen Trieben werde wohl Blüten erscheinen. Ist ja auch im Interesse der Pflanze, da sie sich damit letztendlich vermehrt. ;) Nächstes Jahr hätte ich dann wohl das Problem, dass ich teilweise wirklich nicht mehr die alten Hagebutten erreiche. Müssen die Vögel halt mehr fressen. Sollen nicht fasten, wenn ich ihnen schon diese Vitamin-C-Bomber angesetzt habe. :)

Was kann man nun generell sagen? Wenn die Forsythien blühen, wäre es auch für den Rosenschnitt Zeit. Nicht zu lange warten, da sonst die Pflanze bereits zu viel Energie in den Austrieb gesteckt hat und dann durch den Schnitt quasi "verblutet". Schneidet man zu früh, so werden die Triebe wohl mehr oder weniger stark zurückfrieren - abhängig von der Sorte.

Bei den Wilden einfach die alten Hagebutten und das dürre Zeug entfernen. Altes, schwaches Holz sollte man ebenfalls herausschneiden. Wenn etwas wirklich stört, so kann man auch den betroffenen Zweig kürzen. Muss man meines Wissens nach sogar machen, wenn die Rose z.B. über den Zaun wächst und dort ein Gehsteig verläuft. Damit sich Passanten eben nicht an den Stacheln verletzen können.

Hohe Triebe je nach Gesamtbild stehen lassen oder kürzen. Die natürliche Form sollte halt möglichst nicht zerstört werden. Eine Ausnahme ist der Radikalschnitt, den man alle 10 Jahre durchführen kann (oder einfach bei Bedarf, wenn die Pflanze altersbedingt schwächelt).

Habt ihr gewusst, dass Pflanzen möglicherweise über ihre Wurzeln miteinander "reden"? Bei der Zweiergruppe aus Hundrosen hat die eine zur anderen vermutlich gesagt "Schau, mir hota net so vü weggschnitten wie dir." Ist letztendlich egal, da man sich an jeder Rose irgendwie stechen kann. Oft danken sie einem durch dieser Geste für die Pflege.

Ich möchte noch ergänzen, dass der Schnitt von so wehrhaften Exemplaren ein besonderes Abenteuer sein kann. Man muss sich jedes Jahr wieder neu darauf einstellen. Wie erreiche ich den und den Ast, sodass ich mich möglichst wenig steche. Oft habe ich schon einen Zweig bei einem anderen mittels Stacheln eingehängt - nur um den dürren Ast dahinter zu erreichen. Danach habe ich die beiden kleinen Äste wieder "enthakt". Genauso trainiert man sein Vortstellungsvermögen. Wenn ich Zweig X bei diesem Aug schneide, wächst er in die Richtung. Bei dem dorthin usw. Ich muss mir also schon überlegen, wie die neuen Triebe aussehen könnten und mich demnach für eine Schnittvariante entscheiden.

Streng genommen lernt man hier auch mit Entscheidungen umzugehen. Hört man ja heute sehr oft, dass das Nicht-Entscheiden-Können ein Merkmal der "Generation Beziehungsunfähig" ist. Entscheiden bedeutet auch immer einen Verlust einzustecken. Ich muss mich z.B. für eine PartnerIn entscheiden. Genauso ist es beim Rosenschnitt. Ich kann einen Ast nicht an zwei Stellen abschneiden. Entweder so oder so. Wie oft habe ich mir schon gedacht, dass ich bei dem Trieb vielleicht zu tief gegangen bin? Glaubt ihr, dass ich dann den abgeschnittenen Teil wieder angeklebt habe? :)

Es klingt vielleicht komisch, aber man lernt beim Rosenschnitt sogar etwas für das Leben.

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