Wie Schule Freundschaften zerstören kann

Grundsätzlich ist es ja kein Geheimnis, dass sich die Kontakte aus der eigenen Schulzeit immer mehr im Sand verlaufen. Das ist ein natürlicher Prozess, gegen den man wenig bis gar nichts machen kann. Die Interessen gehen auseinander, man studiert an verscheidenen Orten weiter, gründet eine Familie und bekommt auch noch Kinder. Jetzt frage ich euch: Wer war nochmals schnell der Schulfreund, mit dem ich mich nach der Matura treffen wollte?

Ich werde in diesem Blog ein konkretes Beispiel zum Titel erläutern. Meine Eltern waren bei irgendwelchen Bekannten eingeladen - unsere "neuen Freunde" genauso. Jedenfalls entwickelte sich daraus eine gewisse Freundschaft und es schien, als ob alles perfekt laufen würde. Ich wurde geboren, auch unsere Freunde sollten Nachwuchs bekommen. Ihr Sohn kam ziemlich genau ein Monat nach mir auf die Welt - er heißt auch Gregor. Als wir 2-3 Jahre waren, machten wir einen Radausflug ins Burgenland. Davon gibt es irgendwo in einem Kasten ein Foto, wo die beiden Gregors am Seeufer stehen. Mein Vater nannte das "Die Windelhoser an der langen Lacke."

Wir fingen beide recht früh mit dem Skifahren an. Kann mich ganz dunkel erinnern, dass wir einmal miteinander am Nassfeld waren. Meine Eltern erwähnen diesbezüglich oft die Situation, wo ich mich im besagten Urlaub auf eine Pizza übergeben musste. Ich wüsste davon nichts, aber wird schon stimmen. ;) Der andere Gregor ist angeblich einmal von der Rodel gefallen, als wir zum Quartier zurückgingen. Das bemerkten wir allerdings erst nach 100 Metern oder so (zum Glück war nichts passiert...).

Gregors Mutter hatte allerdings eine gewisse Art, die niemand von uns mochte. Ihr Kind musste immer das erste sein - meine Eltern hatten das zum Glück nicht nötig. Man merkte jedenfalls schon früh, wie sich dieses Verhalten auf ihn überträgt. Seine Mutter wurde von ihrer Mutter angeblich zum Tennis-Spielen gedrillt. Sie führte das bei ihrem Sohn weiter. Tennis war in dieser Familie ein ganz großes Thema. Mein Vater und ich waren bei solchen "Tennisversammlungen" gelegentlich dabei.

Im Sommer vor dem Schulbeginn wurde es interessant. Während der Volksschule war der Gregor in meiner Parallelklasse. Lange wusste ich nicht, dass das alles so geplant war. Meine Mutter kannte eine bestimmte Lehrerin sehr gut. Die hat ihr am Wochenende vor Schulanfang gesagt, dass die Frau ... nun doch eine Klasse nimmt. Ich kam im Endeffekt genau dort hinein - am Montag fing die Schule an und am Freitag davor erfuhr meine Mama, dass ich bei der Frau .... bin. Super! Gregors Mutter bekam davon nichts mit und war entsprechend angefressen, als sie feststellte, was Sache ist. Trotz dieser Umstände waren wir in der Volksschule eigentlich sehr gut befreundet. Seine und meine Eltern haben die besagte Situation nie mehr angesprochen - alles lief somit nahezu hervorragend. Wir fuhren jedes Jahr in den Weihnachtsferien gemeinsam auf Skiurlaub (war ja damals noch leistbar...). Die beiden Gregors lernten gleichzeitig das Schlepplift-Fahren. Wir machten uns immer aus, wer diesmal den Bügel wirft. Die Väter belegten das Gehänge hinter uns. Ich weiß noch genau, dass wir am 5.1.2000 gemeinsam mit dem Dachegglift in der Skiregion Hochkönig gefahren sind. Der hatte eine doch eher anspruchsvolle Trasse. Nach dieser "Prüfung" war klar, dass wir nun mit jedem Lift zurechtkommen.

Auch in den Sommerferien trafen wir uns immer im Urlaub. Wir waren alle am Wörthersee. Der Vater von Gregor hatte ein Motorboot - damit kamen sie täglich bei uns vorbei. Im August 2000 probierten wir das Fallschirmfliegen aus. Da hängt man an einem langen Seil, der Schirm wird auf einer "Insel" gespannt. Das Motorboot (Seil ist in der Mitte vom Boot fixiert) fährt los und die "Schnur" rollt sich immer mehr aus. Irgendwann löst sich der gespannte Schirm, man taucht kurz in den See ein und schon ist man hoch über dem Wasser. War für uns alle ein Erlebnis, den Wörthersee aus dieser Perspektive zu begutachten. Man sah von Velden bis nach Klagenfurt. Jeder flog mit seinem Vater - ich weiß noch, dass mein Papa und ich zuerst dran waren. ;) Unter anderem gibt es von dieser Szene ein altes Video, das ich inzwischen digitalisieren ließ. Auf Grund unserer Namensgleichheit war ich immer der Burschi. Als mein Vater und ich die luftigen Höhen verlassen hatten und wieder am Boot waren, sagte Gregor: "Und wie waaaars, Burschi?" Ich darauf: "Voll coooool". Habe mir das erst unlängst wieder einmal angesehen - musste echt sehr viel lachen.

Weiters gab es noch eine Szene, wo wir ein wenig abseits vom Steg mit dem Tretboot auf "hoher See" herumkurvten. Einmal sieht man im Video, wie die Väter das Boot steuern und die Söhne hinten aufsitzen. Beim Anschauen dieser Stelle dachte ich mir nur: "War eigentlich schon eine sehr schöne Zeit".

Langsam aber sicher kam das Ende der Volksschule. Zu diesem Zeitpunkt war ich mit ihm und seinem Vater am Rummelplatz. Ich weiß noch genau, als wir während der Autofahrt sagten "Jetzt müss ma schauen, dass ma in die gleiche Klasse kommen.". Wir hatten ja keine Ahnung, was da im Hintergrund für Fäden gezogen werden. Er war jedenfalls immer wieder frech - einmal sagte er zu meiner Kinderfrau "du oide Hex". Ich hingegen war sehr ruhig, während er oftmals extrem überdreht agierte. Geduldspiele interessierten ihn demnach überhaupt nicht. Am ersten Tag vom Gymnasium mussten alle Schulanfänger zuerst in die Kirche, wo die Willkommensmesse stattfand. Dann wurde verlesen, wer in welche Klasse kommt (es gab in unserem Jahrgang vier erste Klassen). Wir waren beide in der 1B. Eine andere Bekannte meiner Mutter war auch vor Ort, da ihre Tochter ebenfalls ins Gym anfing. In dem Moment, wo feststand, dass der Gregor und ich in einer Klasse sind, schauten sich die beiden entsprechend an. Man hätte glauben können, dass ihnen die Lade hinuntergefallen war. Jedenfalls hat meine Mutter auch im Gymnasium wieder dafür sorgen wollen, dass die beiden Gregors in getrennte Klassen kommen. Irgendjemand der Verantwortlichen hat aber vergessen, dies im entscheidenden Moment zu berücksichtigen. Es war also passiert. Die Unterstufe vom Gymnasium war auch der Grund, warum die einst so tolle Freundschaft mehr oder weniger ein Ende fand.

Generell hatte ich mit ihm trotz dieser schulischen Umstände keine Probleme. Wir verstanden uns einfach nicht mehr so gut wie zu Volksschulzeiten. Am ersten Tag vom Gymnasium bin ich sogar neben ihm gesessen. Wir kamen also insgesamt irgendwie miteinander aus. Allerdings gab es immer wieder Situationen, die vor allem meine Mutter zur Weißglut brachten. Irgendwann wurde die Englischschularbeit extra für den Gregor verschoben, damit seine Eltern früher nach Kitzbühel fahren können. Bzw. stand seine Mutter fast immer in der Schule, wenn er irgendwo eine schlechte Note bekam. Langsam aber sicher wurde mir bewusst, was das eigentlich abgeht. Ich fand es ehrlich gesagt auch nicht so toll, was seine Mama praktizierte.

Jedenfalls war meine Mutter extrem froh, als die Unterstufe vorbei war. Ich blieb im Gym - er auch. Sie sagte mir: "Diesmal sorgen wir dafür, dass du mit ihm nicht mehr in eine Klasse kommst". War mir generell nicht unrecht. In der Oberstufe hat es - so wie in der Volksschule - wieder geklappt. Wir hatten immer weniger miteinander zu tun. Wenn es gut lief, grüßten wir uns am Gang. Gegen Ende der Unterstufe waren seine Eltern einmal bei uns - das Problem aus dem vorigen Absatz wurde im Zuge dessen besprochen. Sein Vater war und ist völlig in Ordnung. Er hat sich nie aufgespielt bzw. dafür sorgen wollen, dass sein Sohn überall die absolute Nummer eins ist. Aber in der Situation hat er natürlich zu seiner Frau gehalten - was ich auch verstehe.

Nach der Matura war meine Mutter sehr erleichtert - das Thema Schule war endlich erledigt. Beim Bundesheer trafen der Gregor und ich wieder aufeinander, was aber zu keinen Problemen führte. Wir "kannten" uns - das war es schon wieder. Allerdings hätten wir uns gegenseitig natürlich geholfen - Kameradschaft lernt man nirgends so gut wie beim Militär. Nach dem Abrüsten gingen wir aber endgültig getrennte Wege. Er löschte mich aus FB (was ich komisch fand, da ich ihm nichts getan hatte...) - war mir aber letztlich egal. Ich wusste ab sofort genau: Wenn wir uns einmal irgendwo zufällig sehen sollten, ist es gut möglich, dass wir ohne ein Wort aneinander vorbeigehen. Meine Eltern hatten seit meinem Präsenzdiesnt (eigentlich seit der Eskalation puncto Schule) kaum mehr Kontakt zu den seinigen. Irgendwann im letzten Jahr waren sie miteinander einmal beim Heurigen. Dabei haben sie aber klarerweise weder über ihn noch über mich geredet. Das Thema Kinder war also tabu.

Letztendlich kommen unsere Eltern miteinander aus. Allerdings ist von der einstigen Freundschaft so gut wie nichts geblieben. Wenn ich mir die alten Videos ansehe, wundert es mich schon immer wieder, wie gut ich mich früher mit dem Gregor verstand. Wir wirkten wie die besten Freunde. Kaum zu glauben, dass wir uns heute womöglich nicht einmal mehr grüßen würden.

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