Ich habe Angst - bin ich jetzt Rassist? #refugees

Zur Flüchtlingstragödie scheint es derzeit genau zwei Standpunkte in Österreich und Europa zu geben: Man ist entweder dafür, die Grenzen offen zu halten, oder dagegen. Auf der einen Seite ist man automatisch ein Gutmensch, auf der anderen Seite ein Rassist.

Und Rassisten, das weiß die Netzgemeinde genau, die erkennt man an ihrer Angst. Angst, die natürlich vollkommen unbegründet ist – das übliche unverständige, weltfremde Gesuder von dummen Rassisten, die Angst vor allem Fremden und Angst vor allem mit Hautfarbe ab hellbraun haben. Stockkonservativen, die keine Ahnung von Multikulti haben und nicht über den Tellerrand blicken.

Ich habe mich nie als Rassist gesehen. Ich bin Zyniker, ja; Realist  und ein kleines bisschen Rechtspositivist, aber kein Rassist. Und ich liebe die Vielfalt – gerade das macht für mich Europa aus. Ich mag die Buntheit, die vom Life Ball und Gay Pride Paraden ausgeht – obwohl ich weder schwul bin noch dort jemals teilnehmen werde, freut es mich, dass jeder frei nach seinem Gutdenken an die Öffentlichkeit treten kann und würde in keiner Gesellschaft leben wollen, in der das nicht möglich ist. Mich stören weder Burschenschafterbälle (sollens doch feiern, wir halten das schon aus) noch die dagegen stattfindenden Demos (solange dabei nichts zu Bruch geht); ich kann über politisch korrekte und politisch unkorrekte Witze lachen (wobei die unkorrekten, so fair muss man sein, meistens besser sind) und finde es bemerkenswert, wenn an einem Tag Tierschützer („Gegen Massentierhaltung!“) und am nächsten Tag am selben Fleck Bauern („Für Lockerung des Tierschutzes“) demonstrieren. Ich finde die Karikaturen von Charlie Hebdo gut, wurscht, gegen wen sie gerade gerichtet sind; aber selbst wenn sie mir nicht gefallen würden würde ich niemals auf die Idee kommen, sie verbieten zu wollen. Blasphemische Witze finde ich – ein gewisses Niveau vorausgesetzt – zum Zerbröseln lustig.

Kurz: Ich liebe die Vielfalt Europas. Die Vielfalt an Meinungen, an Ansichten, an Werten. Dass Kritik am „System“ frei geäußert werden kann, auch wenn vom größten Wirrkopf vorgetragen wird; dass ich heute Geld für Plakate zahlen kann, auf denen Atheismus beworben wird, während die Pfarre nebenan ein „Jesus lebt!“-Transparenz aufstellt. Diese „anything goes, nothing is sacred, just live your life!“-Stimmung.

Und dennoch habe ich Angst, wenn ich mir die Flüchtlingswellen ansehe. Bin ich ein Rassist, gar ein Nazi, denke ich mir? Es sind doch – prozentuell gesehen – keine großen Mengen, die da auf uns zukommen. Und dann rechnen uns kluge Köpfe vor, dass der Anteil an Muslimen „maximal von 6 auf 6,7% anwachsen“ wird, europaweit.

Und dann fange ich aber an, nachzudenken:

-          Bereits jetzt gibt es Parallelgesellschaften in Europa – siehe Frankreich, Belgien, aber auch Großbritannien. Diese Gesellschaften sind nicht wegzuleugnen und existieren nach wie vor – und versuchen auf perfide Art, ihren Einfluss auszuweiten, ja infiltrieren sogar öffentliche Schulen (https://en.wikipedia.org/wiki/Operation_Trojan_Horse )

-          Ein Großteil der Flüchtlinge (80%) sind junge Männer, die alleine unterwegs sind. Diese haben entweder vor, ihre Familien nachzuholen, oder sind „Singles“ – und werden plötzlich mit selbstbewussten Frauen in Europa konfrontiert. Zur Erinnerung – Syrien ist ein Patriachat. Frauen müssen ihre Ehemänner fragen, bevor sie eine Anstellung annehmen dürfen, und Zustimmung zu der Aussage „Frauen müssen ihren Männern gehorchen“ liegt bei 80% in Nordafrika (Quelle:  http://www.pewforum.org/files/2013/04/worlds-muslims-religion-politics-society-full-report.pdf )

-          Ein Großteil der Flüchtlinge ist unterqualifiziert und wird nicht auf dem Arbeitsmarkt unterzubringen sein, was ein Leben in Armut und Frustration, das im starken Gegensatz zu ihren Vorstellungen von Europa steht, mit sich bringen wird.

Wir haben also eine große Menge an jungen Männern, die mit großen Erwartungen nach Europa kommen; Leute, die auf dem Arbeitsmarkt nicht vermittelbar sind, die mit selbstbewussten Frauen konfrontiert werden und einem gänzlich anderen Kulturkreis entstammen und sich plötzlich integrieren sollen?

Zur Erinnerung: Europa hat bereits bei einer anderen Gruppe die größten Probleme mit der Integration: Neonazis. Jung und männlich, check. Hautpsächlich schlechter gebildet, check. Schlecht am Arbeitsmarkt vermittelbar, check. Wir schaffen es nicht einmal, diese jungen Leute zu achtbaren Mitgliedern der Gesellschaft zu erziehen! Und es scheint auch nicht, als ob die Integration von Muslimen gelinge – in Großbritannien haben sich mehr Muslime dazu entschlossen, für ISIS zu kämpfen, als in der britischen Armee zu dienen!

Das ist ein Punkt. Der andere Punkt zeigt sich gerade an der Grenze zu Ungarn und wiederholt sich – weniger extrem – bereits in Österreich: So unfair das Verhalten der ungarischen Regierung auch erscheinen mag – wer sich die Bilder an den Grenzen ansieht (http://orf.at/stories/2299232/2299240/ ) sieht dort keine hilfsbedürftigen Menschen, sondern einen Mob, der selbstbewusst Einlass nach Europa verlangt – und zwar nicht irgendwohin nach Europa, sondern nach Deutschland. Die Erwartungen an Europa werden mit Sprechgesängen („No camp! No camp!“) untermalt – ja, wie stellen sich die Herrschaften (und das sind zu 80%) denn die einstweilige Unterbringung vor? Auch in Österreich zeigt sich ein verstörendes Bild – so wird eine Notschlafstelle mit 1.200 Plätzen, die mühsam in Kärnten aus dem Boden gestampft wurde, nicht akzeptiert – es wird lieber darauf bestanden, dass man jetzt die Weiterreise nach Deutschland ermöglichen solle. Ja, nochmal: Was erwarten die Herrschaften in Deutschland?

Und wenn ich mir die Reaktion der „Flüchtlinge“ in Ungarn ansehe, wenn dort Horden von jungen Männern versuchen, gewaltsam eine Grenze zu überschreiten – dann wage ich nicht daran zu denken, was in einigen Jahren auf unseren Straßen los sein wird, wenn die Perspektivenlosigkeit am europäischen Arbeitsmarkt erkannt wird, und denke mit Schaudern an die Nächte des Aufruhrs in Paris und London zurück, die gar nicht so lange zurückliegen. Wenn ich diese Bilder sehe, denke ich nicht an hilfsbedürftige Flüchtlinge, ich denke an einen Mob, der sich gewaltsam nehmen will, was er denkt das ihm zusteht. Ich denke an Christen und Atheisten, die in Bangladesch und Pakistan von genau so einem Mob zu Tode gehetzt wurden. Ich denke an sich bereits vereinzelt in Flüchtlingsheimen abspielende Szenen , in denen Leute aus religiösen Gründen von einer aufgebrachten Meute gehetzt werden (http://www.salzburg.com/nachrichten/dossier/fluechtlinge/sn/artikel/17-verletzte-in-ueberbelegtem-deutschem-fluechtlingsheim-162625/ ).

Ja, ich denke an all diese Dinge, und ich empfinde Angst. Angst vor einer sich bildenden Parallelgesellschaft, auf die man – aufgrund falsch verstandener Toleranz – zu sehr Rücksicht nimmt und dabei eigene Freiheiten vernachlässigt. Wo ist die Gleichberechtigung an englischen Universitäten, wo männliche und weibliche Studenten bereits getrennt sitzen mussten (http://www.theguardian.com/education/2013/dec/13/universities-uk-withdraws-advice-gender-segregation )? Wo ist die Polizei, wenn in Frankreich eine Konferenz stattfindet, bei der unter anderem die Frage, wann ein Muslim seine Frau schlagen darf, behandelt wird (http://diepresse.com/home/panorama/religion/4821003/FemenProtest_Nackte-sturmen-MoslemKonferenz?_vl_backlink=/home/panorama/religion/index.do )? Wenn ich das sehe, dann habe ich Angst um eben die vielgelobte Vielfalt Europas. In welcher Welt sollen unsere Kinder aufwachsen, wenn Journalisten gemetzelt werden, weil sie den Propheten beleidigt haben? Wie sollen es unsere Kinder durch Klassen schaffen, in denen die Kinder eben jenes Mobs ihre Ansichten durchsetzen? Wie sollen Schwule, Lesben, Feministinnen, Atheisten, Tierschützer, Christen, ja meinetwegen auch Deutschnationale, Neoliberale und Kommunisten – also der ganze wunderbare, zerstrittene Haufen, der zusammen ein buntes, aber doch geeintes Europa bildet mit wunderbaren Regeln, Menschenrechten, Toleranz und Meinungsfreiheit – einem solchen brachialen Mob auf Dauer widerstehen?

Zu der Angst gesellt sich auch Zorn – Zorn, wie Leute so blind sein können – nicht nur aufgrund der zahlreichen Probleme, die auf uns zukommen; nein, auch blind in ihrem Eifer, den Flüchtlingen bei uns zu helfen. Wieviel kostet die Betreuung eines Flüchtlings bei uns im Jahr? Welche sozialen Risiken gehen durch die massenhafte Aufnahme von – der Begriff alleine macht mich übel, aber er trifft leider zu – „kulturfremden“ Menschen einher?

Und vor allem: Was ist mit denen, die nach wie vor in Flüchtlingslagern um Syrien herum sitzen? Um die zwei Millionen, die alleine in der Türkei sitzen? Sollten nicht diese Lager verstärkt von uns mit Nahrung, Medizin und Infrastruktur versorgt werden? Sollte nicht eine internationale Truppe für Frieden in Syrien Sorgen und dann ein Wiederaufbau im Zuge eines Marshall-Plans erfolgen? Wäre das Geld nicht sinnvoller angelegt, wenn direkt vor Ort den Menschen geholfen wird – und nicht versucht wird, sie in Europa zu integrieren? Wie scheinheilig sind die Leute, die meinen, sie hätten den Flüchtlingen was gutes getan, weil sie ihnen am Westbahnhof eine Banane in die Hand gedrückt haben – und dabei die zurückgelassenen, hungrigen Kinder und Frauen in Syrien vergessen, die eigentlich unsere Hilfe viel dringender brauchen würden?

Ja, ich habe Angst. Und ich bin zornig.

Und wehe dem, der mich Rassist oder Nazi nennt.

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