Imame gegen den Terror! - so einfach?

Ein Raunen geht durch die Medienlandschaft - 300 Imame in Österreich haben eine Deklaration gegen den Terror unterzeichnet!

Der Volltext liest sich doch beeindruckend, und wurde bereits wohlwollend aufgenommen. Wohlwollend aufgenommen wurde insbesondere, dass die Erklärung mit einer Koransure eröffnet wird:

"Wenn jemand einen Menschen tötet, so ist es als habe er die ganze Menschheit getötet! Und wer einem Menschen das Leben rettet, so ist es, als habe er die ganze Menschheit gerettet!" (Koran 5:32)

Klingt ja ganz gut. Nur leider macht hier die islamische Glaubensgemeinschaft gerne das, was oftmals den "islamophoben" Islamkritikern vorgeworfen wird - es wird eine Sure gänzlich aus dem Kontext zitiert - und noch dazu unvollständig. Denn tatsächlich liest sich Sure 5:32 so:

"Aus diesem Grunde haben Wir den Kindern Isrāʾīls vorgeschrieben: Wer ein menschliches Wesen tötet, ohne (daß es) einen Mord (begangen) oder auf der Erde Unheil gestiftet (hat), so ist es, als ob er alle Menschen getötet hätte. Und wer es am Leben erhält, so ist es, als ob er alle Menschen am Leben erhält. Unsere Gesandten sind bereits mit klaren Beweisen zu ihnen gekommen. Danach aber sind viele von ihnen wahrlich maßlos auf der Erde geblieben." (Koran 5:32)

Klar ist also, dass dies eine Handlungsanweisung an die "Kinder Israels" - sprich die Juden - ist. Und auch nicht mehr unbedingt gilt - plötzlich ist das Töten doch erlaubt, wenn der Getötete "Unheil gestiftet" hat. Überdies seien die Juden aber bereits trotz zahlreicher Gesandte mit "klaren Beweisen" "wahrlich maßlos" geblieben. Was also tun? Glücklicherweise klärt gleich die folgende Sure auf:

"Der Lohn derjenigen, die Krieg führen gegen Allah und Seinen Gesandten und sich bemühen, auf der Erde Unheil zu stiften, ist indessen (der), daß sie allesamt getötet oder gekreuzigt werden, oder daß ihnen Hände und Füße wechselseitig abgehackt werden, oder daß sie aus dem Land verbannt werden. Das ist für sie eine Schande im Diesseits, und im Jenseits gibt es für sie gewaltige Strafe," (Koran 5:33)

"– außer denjenigen, die bereuen, bevor ihr Macht über sie habt. So wisset, daß Allah Allvergebend und Barmherzig ist." (Koran 5:34)

Das klingt jetzt schon ein bisschen weniger kuschelig, nicht wahr? Klar ist somit, dass das Tötungsverbot NICHT für Muslime gilt, sondern für die "maßlos bleibenden" Söhne Israels gilt. Der Lohn für Ungläubige, die "Krieg führen gegen Allah" ist Tod, Kreuzigung, Abhacken von Händen und Füßen, oder Verbannung. Nur, wenn die "Sünder" rechtzeitig - also bevor die Gläubigen "Macht" über sie erlangt haben bereuen, werden sie verschont. Zu späte Reue schützt nicht vor dem Tod.

Die obigen Textstellen stammen aus der Onlineübersetzung von islam.de - also keiner rechten Hetzseite.

Was soll das?

Warum ein offensichtlich unvollständiges Zitat? Weil es gut klingt? Nur - wen will man damit erreichen? Gläubige Muslime, die den Koran (vielleicht sogar auswendig) kennen und ein Exemplar daheim stehen haben? Die Jugend, die gleich nachschlägt? Fällt diesen Menschen denn nicht sofort auf, dass das Zitat verfälschend ist?

Diesbezüglich befremdlich auch weitere Teile des Textes. So wird von "Chancengleichheit" von Mann und Frau gesprochen - warum nicht gleich "Gleichheit"? Ist damit die Chancengleichheit unter Frauen und die Chancengleichheit unter Männern gemeint?

Und was soll die tausendste Feststellung, dass "die Gräueltaten und Attentate der IS-Terroristen dem Islam widersprechen und aufs Schärfste zu verurteilen sind. Diese IS-Terroristen missbrauchen unsere friedliche Religion Islam, um an ihre politischen Ziele zu gelangen" wenn diese nicht nur dem Beispiel Mohammeds folgen, sondern auch klar Deckung im Koran (und auch in der Rechtsprechung zahlreicher islamischer Länder) finden? Nahm nicht Mohammed selbst "Beutefrauen" als Ehefrauen, und ließ Kriegsgefangene metzeln? Steht nicht im Koran selbst die Todesstrafe auf Apostasie? Haben nicht die Imame selbst die Notwendigkeit verspürt, eine Textstelle des Koran zu verfälschen, um sie freundlicher erscheinen zu lassen?

Wie soll überzeugende Deradikalisierungsarbeit geleistet werden, wenn jeder Zusammenhang zwischen Terrorismus und Extremismus mit dem Koran und der Religion geleugnet wird? Wie soll gegen Rattenfänger des Islamismus geimpft werden, wenn diese nur auf den Wortlaut des Korans deuten müssen, um die Auslegung der Imame zu widerlegen?

Wo bleibt die Selbstkritik?

Was der Islam braucht, sind nicht derartige Lippenbekenntnisse, die jeder Moslem leicht als solche erkennt. Was der Islam dazu brauchen würde, um tatsächlich zu einer friedlichen Religion zu werden, ist eine ehrliche Auseinandersetzung mit den eigenen Wurzeln, den eigenen Texten und deren Entstehungsgeschichte, und eine Entthronisierung Mohammeds als "perfekten Moslem". Dazu gehört auch, anzuerkennen, dass es möglicherweise gewaltverherrlichende Texte gibt - die eben zu ignorieren sind, bzw kritisch aufzuarbeiten.

Nur haben Imame daran keinerlei Interesse. Denn eine derartige Entwicklung würde - wie bei den Christen - den Status der Religion gefährden; die Allgemeingültigkeit des Glaubens würde ins Wanken kommen und die Säkularisierung Einzug halten - und damit Imame massiv an Einfluss und Stellung verlieren.

Dann doch lieber behaupten, dass das alles "nichts mit dem friedlichen Islam" zu tun hat - eine Aussage, die mit einem Blick in das niedergeschriebene Wort Gottes widerlegt werden kann.

shutterstock/fakezzz

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