Zu viel online, zu wenig offline! Wie unsere Kinder von der Digitalisierung aufgefressen werden.

Es ist Mittwoch 17.00 Uhr, ein traumhafter und sehr warmer Frühlingstag. Susanne packt die Sporttasche ihres Sohnes Tim, der dafür gerade keine Zeit hat, da er noch seinen Kollegen Lukas im Fußball schlagen muss.

Es geht nur noch wenige Sekunden und Tim liegt mit 2:1 in Führung. Sein Puls ist erhöht, er wirkt sehr konzentriert und versucht mit allen Mitteln den Vorsprung über die verbleibende Zeit zu bringen. Die letzte Aktion läuft, Lukas umdribbelt Tim und schießt… doch sein Schuss geht knapp am Tor vorbei. Tim jubelt und freut sich riesig als der Schiedsrichter die Partie mit dem Schlusspfiff beendet. Susanne ruft ihren Sohn, dass er sich doch beeilen soll, da sein Fußballtraining in kürze beginnt und er sonst zu spät kommt. Tim legt seinen PS4-Controller zur Seite, schaltet den Fernseher aus und geht zusammen mit seiner Mutter zum Auto.

Der Sportplatz liegt nur wenige Minuten zu Fuß entfernt, doch Susanne fährt noch einen kleinen Umweg um auch Lukas abzuholen, damit die beiden Pünktlich beim Fußballtraining erscheinen. Sie setzt die beiden Jungs beim Sportplatz ab, wünscht ihnen viel Spaß und teilt ihnen mit, dass sie sie nach dem Training wieder abholen wird.

Ihr Trainer wartet schon ungeduldig auf seine Mannschaft, denn er ist schon seit 30 Minuten am Platz und hat alle Übungen vorbereitet. Die Kids ziehen sich noch in der Kabine um und unterhalten sich über ihre FIFA Erfolge vom Nachmittag. Am Platz angekommen, steht erst einmal ein Fangspiel “Versteinerte Hex” auf dem Programm. Als der Trainer die Kids fragt, wer weiß wie das Spiel funktioniert heben nur 5 von 13 Kindern die Hände. Nach dem Fangspiel folgt ein kleiner Geschicklichkeitsparcour um die koordinativen Fähigkeiten der Kinder zu verbessern. Eine Koordinationsleiter, gefolgt von einigen kleinen Hürdensprüngen, eine Rolle vorwärts und ein Zickzacklauf. Der Trainer ist immer wieder überrascht, wie wenig Kinder die Rolle vorwärts oder eine Schrittfolge auf der Koordinationsleiter ausführen können…

Dieses Bild wird leider zu Seltenheit. Immer weniger Kinder treffen sich zum Spielen im Freien.

Leider kein Einzelfall, sondern traurige Realität

Diese Geschichte wiederholt sich täglich auf zahlreichen Sportplätzen und Schulen. Die Kinder sind online top, allerdings werden sie in der Offline-Welt immer mehr zum Flop. Etwa 60% der Jungen und 50% der Mädchen verbringen täglich 3 oder mehr Stunden vor dem Bildschirm und weniger als ein Drittel erreicht die Bewegungsempfehlung von 60 Minuten pro Tag.

Betreiben Kinder & Jugendliche ausreichend Sport? Quelle: IMAS International

Erschreckende Zahlen, die auch durch das Marktforschungsinstitut IMAS bestätigt werden. Laut einer Umfrage an der Österreichischen Bevölkerung über 16 Jahre glauben rund 45%, dass Kinder und Jugendliche nicht ausreichend Sport betreiben. Als Grund für diese Umstände werden immer wieder die digitalen Medien wie TV, PC, Konsole oder Internet genannt.

Gründe für zu wenig Sport. Quelle: IMAS International

Sportvereine und tägliche Turnstunde ist zu wenig

Um dieser Entwicklung entgegen zu wirken, werden die Kinder und Jugendlichen vor allem die Unterstützung ihrer Eltern brauchen. Die Eltern haben immer noch die größte Vorbildwirkung für ihre Kinder und können diese durch ihr eigenes Verhalten für mehr Sport begeistern. Ein erster Schritt wäre, wenn die Kinder mit ihren Eltern zu Fuß zur Schule und zum Training gehen. Mittlerweile ist es schon Standard, dass die Kinder bis vor die Schultüre gefahren werden oder die 10 Minuten Fußweg zum Sportplatz durch 2 Minuten Autofahrt ersetzt werden. Ein weiteres Mittel wäre, wenn auch zu Hause Motorikspielzeuge wie Balancierbretter (Trackboards) oder einer Slackline vorhanden sind und auch die Eltern diese nutzen. Diese Spielzeuge kosten oft weniger als das neueste FIFA für die Konsole oder PC und sind gut investiertes Geld.

Mach aus "langweiliger" Bewegung eine Challange für die digitale Welt

Während der Entstehung dieses Beitrages ist mir eine spannende Idee eingefallen, wie man Online und Offline kombinieren bzw. eine Challenge daraus machen kann. Man könnte die Kinder vor die Aufgabe stellen, dass sie während dem Spielen auf der Playstation auf einem Trackboard (gibt es hier) balancieren. Oder sie sehen Fern während sie mit einem Bein auf der Indoor-Slackline (gibt es hier) stehen.

Über den Autor: Thomas Klaus ist staatlich geprüfter Fußballtrainer (UEFA-A-Diplom) und hat eine Zusatzausbildung als Koordinations- und Lauftrainer. Er ist seit mehreren Jahren im Nachwuchsfußball tätig und Instruktor beim Tiroler Fußballverband. Durch seine Funktion als Trainer und Ausbilder, kennt er die problematische Entwicklung und versucht dieser mit seinen Trainerkollegen entgegenzuwirken und die Eltern für dieses Thema zu sensibilisieren.

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philip.blake

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