In Lissabon ist Street Art allgegenwärtig. Ich bin ja jemand, der diesen Begriff sehr weitläufig auslegt und zähle auch jede mit den wunderbaren Azulejos verzierten Hauswänden dazu. Betrachte ich sie mit ein wenig Abstand, wirken sie auf mich wie farbige Tapeten. Die meisten Fassaden sind einfach gestaltet, Fliese reiht sich an Fliese und hat weniger einen dekorativen als einen praktischen Wert. Sie schützen gegen Hitze, Lärm und Feuchtigkeit. Manche Hauswände erzählen Geschichten. Und in manche Innenhöfe stolpere ich und bin erstaunt ob der Kunstfertigkeit und Gestaltungsmöglichkeiten dieser kleinen quadratischen Kacheln. Wobei alles was drinnen ist, ist ja schon Home-Art und keine Street Art mehr.
In Lissabon geht man sogar auf Street Art. Überall findet man die Mosaike, die aus schwarzen (vulkanischer Basalt) und weißen (Kalksandstein) Steinen bestehen. Asphalt ist natürlich viel billiger und so frage ich mich: Wie lange wird es den Beruf des Steinsetzers noch geben? Angeblich gibt es heute nur mehr 30 davon.
Und dann gibt es natürlich noch die „echte" Street-Art. Künstler, die alte Fabriken, Parkgaragen und leerstehende Häuser zu Kunstwerken machen. Noch 2008 wurden im mittlerweile hippen Stadtviertel Bairro Alto Schmierereien und Graffiti entfernt. Mittlerweile gibt es eine eigene Galerie – Galeria de Arte Urbana (kurz Gau genannt), die bestimmte Straßen und Wände den Street-Art-Künstler zur Verfügung stellt. Außerdem werden Wettbewerbe und Ausstellungen organisiert. So mauserte sich die Stadt Lissabon zum Street-Art-Hotspot mit bekannten Künstlern.
Der Star der Szene heißt Alexandre Farto. Unter dem Künstlernamen Vhils bearbeitet der Portugiese Hausmauern. Sein Markenzeichen sind nicht Farbtopf und Sprühdose, sondern Vorschlaghammer, Meisel und manchmal auch Sprengstoff. Mit diesen Hilfsmitteln meiselt er Gesichter in die Mauern. Seine Werke findet man nicht nur in Lissabon, sondern auf der ganzen Welt und die Band U2 hat ihn für ein Video engagiert. Vom Street-Art Künstler zum Video-Künstler, das ist wahrscheinlich nur in Lissabon möglich.
Und was hältst Du von Street-Art? Sinnloses Gekritzel oder echte Kunst? Sag mir Deine Meinung!