Jeden Tag durchquere ich die untere Gumpendorfer Straße auf dem Weg zur Arbeit. Oder heißt es richtig innere Gumpendorfer Straße? Ich meine hier jedenfalls jenen Abschnitt stadtweinwärts des Flackturms im Esterhazypark. Bei flüchtiger Betrachtung verändert sich diese in den Jahren kaum. Der Koreaner ist schon immer da und immer gut, das Sperl bildet seit jeher das Zentrum des Grätzels. Eingeklemmt zwischen Naschmarkt und Mahü ist dieses Grätzel sowohl Wohnraum als auch Transitbereich zwischen den Hotspots an der Wienzeile und dem MQ an der Mahü. Wer genauer hinsieht, entdeckt, dass sich allerhand Kleines und Interessantes hier eingenistet hat, das dem vorbeihetzenden entgeht. Kaffee trinkt man besser bei Akrap, Mode und Kulinarisches gibt‘s in den Läden ringsum. Ich werde wohl noch Gelegenheit finden darauf näher zu einzugehen.
Auf dem Weg ins Büro, begegnen mir andere Menschen auf dem Weg in andere Büros und Schulkinder allen Alters. Erstaunlich, dass in diesem Hipster-Viertel niemand unterwegs war, der auf sein Smartphone starrte. Ganze zwei Menschen unter den vielen, die ihr Smartphone benutzten und - telefonierten. Die anderen nutzten die Zeit zum Schauen. Vor dem Möbelgeschäft wurde der Gehsteig gekehrt. Die Frau, die das tat, sah ich heute zum ersten Mal, was mich erstaunte. Gegenüber, neben dem Autohaus stand der Schneidermeister in der Tür seines Geschäfts und betrachtete die Straße. Ich gehe hier täglich, und es freut mich immer, wenn der Schneider hier vor seinem Laden steht. Ich habe diesen Laden noch nie betreten, trage keine Maßkleidung, ich könnte nicht einmal sagen, dass ich den Geruch mag, der auf die Straße strömt. Ich stelle mir manchmal vor, wie es in einer Maßschneiderei riecht, nach Staub und schlecht gelüfteten Schränken, nach Kreide, feinen Zigarren oder einfach nach billigem Herrenparfum.
Irgendwo zwischen Möbelgeschäft und dem Persischen Restaurant muss ich die Straße überqueren. Der Verkehr ist meist nicht so schlimm, dass das ein Problem wäre. Bei dem Perser war ich übrigens auch noch nie. Sie finden in dem kleinen Grätzel der unteren Gumpendorfer Straße eine ganze Menge Restaurants und andere Lokale. Seit mehr als zwanzig Jahren bin ich hier verhaftet und habe die meisten davon noch nie betreten und doch sind sie mir vertraut wie alte Freunde.
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Dass so wenig gelächelt wird, fiel mir auf, als ich abends, am Weg nach Hause plötzlich in ein unbekanntes Lächeln blickte. Beim kleinen Frisör gegenüber vom Hotel an der Mahü war Hochbetrieb. Alle Stühle besetzt, es wurde geschnitten, geföhnt, gewaschen. Eine Frau saß unter der Trockenhaube, blickte auf die Straße und lächelte mich freundlich an. Ich mag diesen kleinen Friseur, seit es ihn gibt. Gerne sitze ich hier, blicke auf die Straße und träume vor mich hin, während meine Haare gestutzt werden.