hagerhard
die freude unter den BGE-befürworten ist gross.
Lebenslang Geld für jeden – schreibt die taz
Die Corona-Pandemie könnte es möglich machen: In Spanien plant die Regierung Sánchez ein lebenslanges Grundeinkommen für alle.
oder international:
Universal Basic Income is happening, and more importantly, the government’s broader ambition is that basic income becomes an instrument “that stays forever, that becomes a structural instrument, a permanent instrument,”
but
sorry to disappoint you.
was nun unter „ingreso mínimo vital“ kommen soll ist KEIN bedingungsloses grundeinkommen, sondern eher mit der bei uns bestehenden mindestsicherung vergleichbar. mit einem BGE für alle spanier hat das also nichts zu tun.
Auf die Einführung des „ingreso mínimo vital“ haben die beiden Regierungsparteien PSOE und die Unidas Podemos schon im Regierungsabkommen Ende 2019 geeinigt. Dort heißt es:
2.4.2.- Desarrollaremos el Ingreso Mínimo Vital como prestación de Seguridad Social. Comenzaremos en un primer momento por el aumento decidido de la prestación por hijo/a a cargo para familias vulnerables, y posteriormente mediante un mecanismo general de garantía de renta para familias sin ingresos o con ingresos bajos.
Übersetzt bedeutet dass, das gefährdete spanische Familien ein Mindestversorgungseinkommen als soziale Leistung bekommen sollen. Begonnen werden soll mit einer Erhöhung des Kindergeldes, dann soll es einen Garantiemechanismus für Mieten geben. Laut der Zeitung „El Pais“ sollen es 440 Euro sein. Zum Vergleich: Der Mindestlohn in Spanien liegt bei etwa 950 Euro. Dass Familien dieses Geld dringend brauchen werden, wird in der aktuellen Krise umso klarer.
auch in unseren breitegraden bekommt die forderung nach einem BGE immer mehr zulauf. vielen erscheint gerade jetzt der richtige zeitpunkt für die einführung zu sein.
die erwartungen, dass das grundeinkommen die negativen finanziellen folgen grosser bevölkerungsteile ausgleichen und existenzsichernd wirken könnte, sind gross.
Der Ökonom und Philosoph Philip Kovce sagt: In der gegenwärtigen Krise würde es viele Probleme lösen.
würde und könnte.
ja, wenn …
wenn zb nach der letzten wirtschaftskrise 2008 die weichen gestellt worden wären.
dann wäre jetzt alles anders.
die – höchstwahrscheinlich noch kommenden - wirtschaftlichen folgen der coronakrise wären weit weniger dramatisch, weil das bge jene existenzielle absicherung garantieren würde, die jetzt vielen menschen fehlt.
but
sorry to disappoint you.
das bge ist keine eierlegende wollmilchsau, dass sich von einem tag auf den anderen so mir nix dir nix als krisenfeuerwehr installieren lässt.
im gegenteil.
auch ich bin überzeugt davon, dass das bedingungslose grundeinkommen ein notwendiger bestandteil einer zukünftigen gesellschaft sein soll/muss.
aber bis dahin liegt noch ein langer weg vor uns.
warum?
hier einige zahlen.
das bip österreich beträgt rd 400 mia
bevölkerung 8,9 mio
derzeitige staatsausgaben 81 mia
arbeit, soziales und gesundheit 40 mia (davon pensionszuschüsse sva und beamte 20 mia)
bildung 15 mia
wirtschaft infrastruktur umwelt 10 mia
justiz und sicherheit 10 mia
zinszahlungen für staatsschulden 6 mia
dazu einnahmen und ausgaben der sozialversicherungen.
krankenversicherung 19 mia
pensionsversicherung 43 mia
unfallversicherung 2 mia
145 mia des bip werden also über die erweiterten staatsausgaben (inkl. sva) eingenommen und wieder verteilt.
was davon ist für die notwendige finanzierung eines bge „verwendbar“? wieviel davon sind einsparungspotential (zb verwaltung) bei einführung eines bge? welche dieser ausgaben sind sind trotz bge notwendig und müssen finanziert werden?
je nachdem, wie man mit bestehenden rechten für pensionszahlungen umgeht, durch verwaltungsvereinfachungen, minimierung der kosten bei arbeitslosengeld usw. lassen sich möglicherweise bis zu einem 1/3 dieser 145 mio direkt fürs bge verwenden.
sind etwa 48 mia und somit verbleiben an notwendigen ausgaben für bildung, infrastruktur, gesundheit usw. ca 100 mia.
das wiederum heisst, dass von den 400 mia bip nach abzug für diverse notwendige ausgaben rd 300 btto mia für eine eventuelle finanzierung des bge zur verfügung stünden.
bei kolportierten und von einigen geforderten 1.400 und 14 x ergäbe das bei 9 mio berechtigten eine summe von 176 milliarden, sind gleich 44 % des gesamt-bip. bei einem betrag von 1.200,- (dzt mindestpension bei 35 jahren beitragszahlung) und einer auszahlung von nur 12 x jährlich verringert sich der aufwand für das bge auf rd 130 milliarden. immer noch ca 1/3 des gesamten bip. bei der annahme eines betrages in der höhe des ausgleichszulagenrichtsatzes von 966,- 12 x mtl bedeutet das einen aufwand von 105 milliarden jährlich und damit ca. 25 % des bip.
immer zusätzlich zu den strukturell notwendigen 100 mia.
gegenüber den geschätzten dzt finanzmitteln von 48 mia die fürs bge verwendbar wären würde das im fall eins also eine erhöhung der notwendigen staatseinnahmen um 128 milliarden euro bedeuten!
in zahlen von rd 140 auf rd. 270 mia also nahezu eine verdoppelung. im fall zwei eine erhöhung um 80 milliarden und im fall drei um 50 milliarden bedeuten.
die abgabenquote betrug 2019 42,8 % und würde bei 1400 auf 66 %, bei 1200 auf rd 55 % steigen und bei 966 auf knapp über 50 %
also im 1. fall eine erhöhung um mehr als 50 %
im 2. fall immer noch eine erhöhung um rund ein drittel.
im fall 3 eine erhöhung um weniger als 25 %.
diese unterschiedlichen zahlen betreffend der höhe eines bge sind aber nur ein kleiner, wenn auch wesentlicher, teil jener diskussionen, die vor einer einführung eines bge geführt werden müssen. und über die auch unter bge-befürworter nicht gleichermassen einigkeit herrscht.
was ist realistischerweise machbar?
was ist politisch durchsetzbar?
dazu kommt, dass bge nicht bge ist.
da gibt es unterschiedlichste modelle.
das aktuelle beispiel spanien zeigt, was alles als bge gepriesen werden kann. etwas ähnliches wurde auch vor kurzer zeit in italien eingeführt und auch teilweise als grundeinkommen bezeichnet.
dann gibt es das „schweizer modell“ oder jenes von friedman um nur die wichtigsten zu nennen.
das hat alles nichts mit jenem bge zu tun, das die kriterien eines BGE (oder eben eines UBI – universal basic income) erfüllt, die da wären:
• die Existenz sichern und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen,
• einen individuellen Rechtsanspruch darstellen sowie
• ohne Bedürftigkeitsprüfung und
• ohne Zwang zu Arbeit oder anderen Gegenleistungen garantiert werden.
ebenso ist die frage zu klären: wie wird finanziert?
wertschöpfungsabgabe, umstellung des steuersystems usw.
viele unbekannte.
die komplexheit dieses gesamten umbaus unserer gesellschaft und wirtschaft durch ein bge bestärkt mich in meiner meinung, dass die jetztige coronakrise und die danach mit sicherheit folgende wirtschaftskrise nicht geeignet ist, kurzfristig die impletierung des bge ins system als vorteil zu sehen.
für die zukunft aber gilt:
Der zu führende Kampf wird nicht lauten FÜR oder GEGEN das bedingungslose Grundeinkommen, sondern welche Art von Grundeinkommen wir bekommen.
begrüssenswert sind die nun zu tage kommenden disussionen aber allemal.
für die krise geeigneter als das bge erscheint mir das konzept „helicoptermoney“
aktuell diskutiert in hongkong.
Jeder erwachsene ständige Einwohner der chinesischen Sonderverwaltungszone soll 10.000 Hongkong- Dollar (1180 Euro) erhalten.
ebenfalls angedacht in den usa.
insgesamt kein neues konzept.
in gewisser weise gibt es dieses „helicoptermoney“ auch bei uns in österreich schon.
wie gewohnt bürokratisch und bei uns auch nur für unternehmer*innen.
dabei gibt es auch viele andere die derzeit dringend finanzielle unterstützung bräuchten. man denke an de vielen arbeitslosen usw.
und für die so oft unterbezahlten „systemerhalter“ wäre eine derartige finanzspritze eine zusätzliche belohnung. mehr als die bisher bekannten einkaufsboni der grossen lebensmittelhändler ihren über gebühr belasteten mitarbeiter*innen zugestehen. und mehr als der zu geringe bonus für die pfleger und pflegerinnen in der höhe von € 500,-
kosten würde ein derartiges coronahelikoptermoney, zb in der höhe von € 2.000,- für alle, in österreich 18 mia euro.
geld, dass nach dem ende des shutdowns wohl zum allergrössten teil in den konsum fliessen würde und damit der wirtschaft wieder auf die beine helfen könnte.
weil wenn schon: koste es was es wolle!
dann bitte nicht nur für die wirtschaft, sondern wirklich für alle!