Alle Jahre wieder .....

zum wievielten Mal mag ich gar nicht wissen, weil das erinnert mich ja daran wie alt ich schon bin .....

Und auch wenn ich alles andere als ein Feiertragsjunkie bin, ja sogar manchmal eine richtige Phobie gegenüber so auferzwungen von Kalendertagen abhängigen Feierlichkeiten und Fröhlichkeiten entwickel, schaff ich es ja doch nicht, mich dem komplett zu entziehen. White Christmas, Stille Nacht, Heilige Nacht und Last Christmas bemühen sich zwar redlich mir jegliche besinnliche Stimmung auszutreiben und meinen Weihnachtskomplex zu einer überdimensionalen Gummipuppe in meinem Hinterkopf aufzublasen, so ganz kann ich meine Sozialisierung durch einen Stich in diese Gummipuppe aber doch nicht zum Platzen bringen.

In meiner Umgebung erzählt mir jeder, dass er Weihnachten eigentlich gar nicht mag, nur Stress hat und nicht weiß, warum er sich das antut. Es tut sich aber trotzdem jeder an. Aber nächstes Jahr sicher nicht mehr!

Ein paar Wenige wählen den Ausweg und setzen sich in einen Flieger und lassen sich die pralle Sonne auf den Bauch scheinen. Aber ich denk, auch dort sind sie nicht sicher vor Bing Crosby (obwohl ich den eigentlich mag) und Konsorten. Auf der ganzen Welt ist immer zur gleichen Zeit Weihnachten.

Weihnachten, das Fest der Liebe. Und zu keiner Zeit treten Beziehungskrisen so deutlich und oft hervor wie gerade zu Weihnachten. Wenn ich so um mich schau, gibt es nur ganz wenige Ausnahmen mit intakten Beziehungen und echter Zuneigung. Liebe sozusagen.

Zu keiner Zeit potenziert sich die Einsamkeit –die unerwünschte wohlgemerkt- so, wie zum Fest der Liebe. Mir kommt fast vor, als ob alles was an Einsamkeit im abgelaufenen Jahr irgendwie nicht zum Zug gekommen ist, an diesen Tagen noch schnell konsumiert werden muß.

Und trotzdem gibt´s auch für mich, sowas wie „Weihnachten“. Trotzdem gibt´s da auch für mich Jemanden, mit dem ich das „Fest der Liebe“ feiern möchte. Und genau deswegen tu ich mir auch den ganzen Weihnachtsrummel an.

Vielleicht ist das das ominöse Weihnachtswunder?

Und so begab sich folgende Geschichte:

Also mit diesem Jemand, mit dem ich da gern feiern möchte, tu ich das auch. Im Vorfeld ist halt die Frage zu klären, wie?

In einem Restaurant? Wär natürlich eine gute Möglichkeit. Stressfrei. In einigen Lokalitäten vielleicht sogar richtig romantisch. Aber auch irgendwie nicht „intim“ genug. Geschenkeauspacken, wenn einem der Kellner über die Schulter schaut ist nicht meine Idealvorstellung.

Also zu Hause. Am Besten bei mir, weil ich ja Zeit habe Vorbereitungen zu treffen und ausreichend Platz und Kapazitäten zur Verfügung stehen.

Ein einziges, kleines Problem tritt dabei auf. Es sollte auch was zu Essen geben. McDonalds erscheint mir nicht die passende Wahl zu sein. Wie überhaupt die Inanspruchnahme fremder Hilfe irgendwie nicht in meine Vorstellung paßt. Ich möchte meine Zuneigung ja nicht durch irgendwas Zugekauftes demonstrieren. Und obwohl ich vom Kochen so überhaupt keine Ahnung habe, wächst in mir der Wunsch es doch zu tun.

Die Pizza vom Hofer oder die Gulaschsuppe aus der Dose dürften zum Gelingen eines schönen Abends nicht gerade förderlich sein.

Also richtig kochen.

Aber was?

Der grasierende Rinderwahnsinn läßt die Auswahl der möglichen Speisenabfolge doch ein wenig schrumpfen.

Bleibt mir also Fisch!

Soll ich mich über den traditionellen Weihnachtskarpfen hermachen?

Da hätte ich schon früher dran denken müssen. Weil so ein im Fischgeschäft schwimmender Karpfen muß ja bevor er auf meinen Tisch kommt in meiner Badewanne einer Diät unterzogen werden, die ihn an den Rand der Bulämie bringt.

Also Lachs!

Da kann wahrscheinlich nicht viel schief gehen, außer, dass er nach Fisch schmeckt. Und eigentlich ess ich ja keine Fische, wenn ich nicht die Sonne und das Meer sehe. Trotzdem. Für so einen gelungenen Weihnachtsschmauß kann man seine Gewohnheiten und Vorurteile ruhig über Bord in besagtes Meer schmeissen.

Und weil ich halt so ganz ahnungslos bin, hole ich mir Informationen ein, bei Einem der es wissen muß. Dem Heinzi (ist jetzt völlig egal wer das ist, der könnt ja genausogut Kurti heißen). Also der Heinzi kennt sich aus und erklärt mir auch gleich, dass das ganz einfach ist und ich eigentlich nix falschmachen kann.

Und dann zeigt er mir noch so ein paar Seiten mit Fischfotos und Infos über diese Fische. Ich bin begeistert.

Und weil ich so begeistert bin, denk ich mir, einen Lachs kann ein Jeder essen. Von zubereiten ganz zu schweigen.

Und weil ich will, dass das ein ganz besonderer Abend wird, such ich mir jetzt in den vielen Fotos einen ganz besonderen Fisch aus.

In meiner Ignoranz ist mir ganz entgangen, welche Unmengen an Verschiedenartigkeiten sich so im Wasser herumtreiben. Lange, Dicke, Dünne, Grosse, Kleine, Billige, Teure, Gewöhnliche und Seltene.

Ich such mir einen Dünnen, Seltenen, Teuren aus. Eine Seezunge.

Und der Heinzi sagt, dass ist dann ganz einfach, weil der so dünn ist. Der ist dann gleich durch. Ich brauch den nur ganz vorsichtig ins Mehl tunken und dann in der Pfanne in ganz heißem Öl –das ist besonders wichtig- rausbraten. Natur sozusagen. Nur beim umdrehen muß ich halt aufpassen, weil er so dünn ist. Und schmecken tut der natürlich auch super!

Dazu soll ich mir eine Weißweinsauce machen. Und Salat und weißes Brot. Also Salat und Brot sind ja ok, aber Weißweinsauce? Eine gekaufte Hollandaise tuts auch, sagt er, der Heinzi.

Mein Entschluß steht also fest und ich setzt das auch umgehend in die Tat um.

Ab zur Fischhandlung:

Und da liegen die Dinger dann. Mit Kopf und so.

Und wie ich sag, ich möchte gern zwei Seezungenfilets, schaut mich die Verkäuferin an, als ob ich sagen tät, ich möchte das Christkindl filetieren.

Ich krieg also zwei ganze Zungen eingepackt. Auf Eis.

Den Rest kauf ich dann beim Billa ein.

Und dann am Abend wird´s spannend.

Ich fang mit den einfachen Sachen an. Salat waschen, Brot schneiden.

Als Vorspeise gibt’s Mozarella mit Tomaten (die in dem Fall wirklich Tomaten und keine Paradeiser sind, weil die sind aus Spanien). Das ist noch eine einfache Übung. Ich schaff das ohne mir die Finger abzuschneiden, was wiederum nicht ganz so einfach ist, weil das Messer ist ein wirklich scharfes Messer! Ich bin sogar richtig stolz auf mich, wie gelungen meine Komposition aus weißem Käs und rotem Gemüse auf dem Teller ausschaut. Ein paar grüne Grünzeugfuzerl lassen mich zum bildenden Künstler mutieren.

Das muß ein gelunger Abend werden.

Die Pfannen für die Fisch stehen schon am Herd.

Nur Bratfett hab ich keines.

Ich mein Öl hab ich jede Menge.

Olivenöl, Salatöl, sogar Motoröl hab ich herumstehen. Nur kein Frittieröl!

Dass das Motoröl ungeeignet ist, dessen bin ich mir sicher. Aber sonst ist Öl Öl denk ich mir. Der Heinzi hat gesagt, wichtig ist nur, dass es ordentlich heiß ist.

Kein Problem.

Aber zuerst noch die Fisch waschen und dann ins Mehl damit.

Fisch waschen ist wie Fisch fangen ohne Angel.

Aber irgendwie schaff ich auch diese Hürde.

Jetzt das Öl.

Ich entscheid mich fürs Salatöl. Das muß ohnehin weg.

Also ordentlich Öl in die Pfannen und dann ordentlich Gas geben. Also eigentlich Strom, weil ich einen E-Herd hab. Ich geb also Strom. Und das Öl wird auch wirklich heiß!

Währenddessen mach ich die zugekauften Saucen in der Mikro warm. American und Danish. Was immer das auch sein soll. Sie stellen sich im Lauf des Abends noch als Gewinn heraus. Erste Kostproben zeugen von meinem Talent für unbedarftes Einkaufen.

Jetzt ist das Öl heiß! Ich mach´s wie die Großen und staub einmal so mit dem Mehl rein (das hab ich im Fernsehen beim Biolek gesehen) und das zischt und spritzt auch so wirklich!

Mit der Sicherheit, bisher alles richtig gemacht zu haben nehm ich den ersten Fisch und lass ihn in die Pfanne gleiten.

Und schon komm ich mir vor, als wär ich beim Popocatebetl. So fangt alles zum Zischen und Spritzen an. Aber auch den Zweiten krieg ich irgendwie ins Pfandl. Und meine Überzeugung einen Vulkanausbruck verursacht zu haben kriegt durch die jetzt unplangemäße Rauchentwicklung neue Nahrung. Und zum Stinken fängts auch an.

Was hab ich nur falsch gemacht!

Aber jetzt sind Öl und Zunge schon im Kochgerät. Und ich krieg Angst, dass mir was anbrennt.

Umdrehen. Aber wie, ohne dass das dünne Zeugs in ein Puzzle zerfällt und wie ohne dass ich ein Fall für die Hautklinik werd. Da seh ich an einem Hacken in meiner Küche ein Werkzeug hängen, über dessen Sinn ich mir schon lang den Kopf zerbrochen habe. Jetzt könnt das die Rettung in letzter Not sein. Schaut irgendwie aus wie eine Schaufel, und auch wieder nicht. Löcher sind auch drinn.

Lang kann ich nimmer überlegen. Und Jubel, stellt sich meine Entscheidung als richtig heraus

Offensichtlich besitz ich Talent zum Chefkoch. Das Kochobjekt läßt sich wenden, ohne in seine Einzelteile zu zerfallen. Rauchen und Stinken tuts noch immer. Und ziemlich braun schaut die mich jetzt anlachende Seite auch aus. Zweifel an meinem Talent steigen da wieder in mir hoch. Wie lang darf ich da jetzt braten lassen. Wie lang halte ich ohne Sauerstoffzufuhr und Nachtsichtgerät am Herd aus. Lang genug, damit der Fisch durch ist. Ist er vielleicht verbrannt bevor er durch ist?

Meine Bewunder für Küchenchefs steigt ins unermessliche. Wie kann man in diesem Rauch und bei so einem Gestank den richtigen Zeitpunkt für die Beendigung des Bratvorganges erkennen. Oder soll es vielleicht gar nicht rauchen und stinken?

Egal. Ich muß eine Entscheidung treffen.

Rauß mit den Dingern auf die Teller. Der Heinzi hat ja gesagt, die sind sowieso gleich durch. Die soeben entdeckte Nützlichkeit des Küchengerätes tut wieder ihren Dienst. Ohne schwerwiegende Verbrennung krieg ich die Seezungen auf die bereitgestellten Teller. Und sie schauen auch nicht aus wie Kohlenstücke. Mit ein bisserl Phantasie sind sie immer noch als Fische zu erkennen.

Mit einem glückstrahlenden Siegerlächeln servier ich mein Meisterwerk.

Zu Zweit mit dem von mir begehrten Jemand in meinem Wohnzimmer, dass ohne künstliche Beleuchtung, sondern nur mit einer Unmenge an Kerzen in romantisches Licht getaucht ist (so beschreibt man wohl die von mir gewünschte und glücklicherweise auch hervorgerufene Atmosphäre), an einem gedeckten Tisch, mit Wein, Salat, Brot und Fisch auf dem Teller.

Jetzt kann nix mehr schiefgehen.

Das Desaster, Klappe die Fünfte.

Die Seezunge ist natürlich nicht durch! NATÜRLICH NICHT!

„Aber schmecken tut sie gut. Also dort, wo sie doch ein bisserl durch ist.

Ehrlich!“

So macht mein Gegenüber mir grad ein Weihnachtsgeschenk!

Ja sie versucht sogar, die Gräten aus dem Fisch zu lösen!

Der hat Gräten der Fisch!

Das sollte eigentlich ganz einfach gehen. Vorsichtig bei der Schwanzflosse lösen und dann durchgehend das Rückrat mit allen Gräten rauslösen.

Sollte! Wenn der Fisch durch wäre!

Ist er aber nicht!

Meine Verzweiflung nimmt Weltuntergangsdimensionen an!

Also schmecken tut er ja wirklich nicht so schlecht, stell ich selber fest. Dort wo er halt doch durch ist (und er ist halt leider nicht viel durch).

Aber zum Glück gibt’s frisches Weißbrot und die Saucen. American und Danish! Und der Wein ist auch ok.

In der Zwischenzeit schaut mein Teller aus wie nach dem Isonzokrieg.

Mit Brot, Salat und Saucen kann man auch satt werden!

Und da sind ja noch Geschenke zum auspacken.

Und Sekt steht im Eiskasten. Der gehört auch getrunken!

Und der fehlgeschlagen Versuch einen besonderen Weihnachtsfisch zu bereiten gehört endlich vom Tisch. Ich kann es nicht mehr ertragen auf mein Untalent so plakativ durch nichtdurchgebratene Fischaugen hingewiesen zu werden.

Abservieren!

Hätt ich mich doch bloß für ein Restaurant entschieden.

Da könnt ich jetzt auf den Koch schimpfen.

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