wiener symphoniker im musikvereinssaal. brahms und hartmann. das erste mal in meinem leben. also nicht das erste mal ein klassisches konzert, aber halt musikvereinssaal.
ich bin eingeladen.
dem anlass entsprechend werd ich mich aufmascherln.
geputzte schuhe sind ohnehin pflicht. zu jedem anlass. dieses mal nehm ich die schwarzen budapester. anzug ist auch pflicht. ich entscheid mich für den schwarzen mit den nadelstreifen. bei der krawatte nehm ich auch was seriöses. nix mit blumerln oder elefanten. eine dunkelrote, dezentes schwarzes rautenmuster.
und da passt dann natürlich nur ein weisses hemd.
anfangen tu ich mit der kontrolle der schuhe. die sind tip top sauber. nur noch einmal mit dem weichen tuch drüberwischen.
anzug ist auch in ordnung.
hemd!
die ganze woche schon hab ich mir überlegt, ob ich mir nicht ein neues weisses hemd kaufen soll. kostet beim h&m ohnehin nur fünfzehn euro. und ich tät mir das bügeln ersparen. aber letztendlich setzt sich der sparefroh in mir durch. also doch bügeln. ich such mir ein weisses hemd raus, such das bügeleisen und stell den bügelladen auf.
für jemanden, der bügeln kann ist das natürlich keine herausforderung. maximal eine lästige verpflichtung.
aber für mich!
hat das bügeleisen auch die richtige temperatur oder mach ich gleich beim ersten versuch ein nettes muster auf das blütenweisse hemd?
und soll ich wirklich das ganze hemd bügeln, oder reicht es nicht, kragen, manschetten und die vorderseite glatt zu machen. ist ja ohnehin das sakko drüber.
aber andererseits bin ich ja von einer attraktiven frau eingeladen. was ist, wenn wir es uns gemütlicher machen wollen und ich zieh das sakko aus.
ein zerknuddeltes hemd tät wohl keinen eindruck machen. oder halt einen nicht erwünschten.
also irgendwie schaff ich es dann ja doch, dem hemd die falten auszutreiben.
und nach der erforderlichen körperpflege, zähne putzen, bart und nägel schneiden, haare waschen und kampeln, schmeiss ich mich in die einserpanier.
und dann stell ich mich vor den spiegel.
also auch wenns jetzt glaubts, ich bin eingebildet und eitel, aber irgendwie mach ich schon was her im nadelstreif. nur auf den weissen seidenschal verzicht ich lieber. das wär kitschig. und ausserdem bin ich ja nicht der heesters.
ich bin also bestens gerüstet für meinen ausflug ins bildungsbürgertum.
und dann ist es soweit.
ich betrete den musikvereinssaal.
und krieg einen flash.
soviel gold auf einmal an wand und decke hab ich sonst nur in der bibliothek in melk gesehen. und wie ich dann den goldigen eindruck überwunden hab und schön langsam zu den plätzen bugsiert werde, nehm ich dann auch die mich nun umgebenden mitmenschen wahr.
und schon wieder was, was ihr vielleicht nicht glauben werdets. aber das ist eine der seltenen von mir aufgesuchten veranstaltungen, bei denen ich den altersschnitt senke. deutlich sogar.
viele graue haare. und teilweise so mit der mir noch von meiner mutter bekannten klassischen dauerwelle. ich hab gar nimmer gewusst, dass es noch friseure gibt, die sowas machen. und die meisten menschen sind zwar gut, aber dezent gekleidet. nur selten einmal ein auffälliger farbtupfer.
und wie wir dann sitzen, kommen auch schön langsam die musiker auf die bühne. viele männer in fracks (heisst da die mehrzahl überhaupt fracks? oder heisst das fracken? wobei da die mehrzahl eigentlich eh nicht richtig ist, weil es hat ein jeder eh nur einen an. als müssts eigentlich heissen: viele männer im frack. aber wurscht!)
und einige wenige frauen. die ganz in schwarz. also eigentlich müsst ich mich fragen, ob die heut ein trauerkonzert spielen. tun sie aber nicht, wie ich ja weiss. die schauen angeblich immer so aus.
dann werden die instrumente gestimmt. der obergeiger gibt einen ton vor und alle anderen schauen bzw. hören, ob sie auch den richtigen erwischen. und soweit ich das überhaupt beurteilen kann, erwischens ihn, den ton.
dann der grosse augenblick. der dirigent erscheint. und es ist wirklich so, dass er erscheint und nicht einfach daherkommt.
der hat auch einen frack an. aber nicht so wie alle anderen einen richtigen, wie es sich gehört, in schwarz.
nein, der hat einen dunkelblauen an.
ich denk mir gleich, der ist auf der falschen party. eigentlich hätt er ein popstar werden wollen. weil zieht ein seriöser mensch einen dunkelblauen frack an?
und so führt er sich dann auch auf. der hupft herum, wie der prince in seinen besten tagen. aber angeblich tun das alle, denens so ein staberl zum herumfuchteln in die hand drücken.
na jedenfalls fangt dann di musi an zum spielen.
brahms.
und mir sind das ein bisserl viel noten auf einmal.
zum glück bin ich ausgeschlafen. die gefahr das konzert durch überlaute schnarchgeräusche zu stören ist also sehr gering. ausserdem hab ich ja meiner begleiterin versprochen, dass ich sie nicht blamieren werde.
irgendwie bin ich aber ziemlich entspannt. von schläfrig keine spur.
die musik plätschert so durch meine gehörgänge und ich schau ein bisserl in die luft. ich beobacht die musiker und amüsier mich über die hupfdohle auf dem podium.
und pulsmessen tu ich auch. unauffällig.
und was soll ich euch sagen. ich hab eine pulsfrequenz von vierundfünfzig. das ist grad einmal so viel, wie kurz nach dem aufwachen. beim kaffee machen ist die dann schon höher.
und dann ist pause.
rauchpause. aber vor dem haus, weil jetzt bricht auch bei uns schon überall der nichtraucherwahn durch.
und wir, die attraktive frau, die ich begleite, und ich hegen schlimme befürchtungen über den nun kommenden zweiten teil.
weil der hartmann den´s nun geben, ist ein moderner klassischer komponist. zeitgenossem vom alban und vom schönen berg. zwölfton könnt da jetzt kommen.
aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.
auch viele noten.
aber nicht alle auf einmal.
und da ist auch rythmus in der musik (war beim brahms angeblich auch. aber den hab ich nicht gehört).
der mann an der pauke spielt eine hauptrolle.
(da hab ich schon wieder ein dialektisches problem. wie nennt man den mann an der pauke? einen an der geige nennt man geiger. oder einen anderer trompeter. einer am chello ist ein chellist. oder einer am horn ein hornist. und der an der pauke? heisst der pauker oder paukist? beim flöter seh ich ein ähnliches problem. der könnt ja auch flötist heissen.)
ein kurzweiliger zweiter teil des klassischen konzertes.
mir ist gar nimmer fad.
der blaugefrackte hupft immer noch. konditionell ist er voll auf der höhe.
aber jetzt passts wenigstens.
und mit einem paukenschlag endet das konzert.
applaus.
ich klatsch auch.
und wenn ich zwar nicht stammgast werde in diesem etablisement der hochkultur, war es letztendlich ein kurzweiliger abend und ein interessanter ausflug in eine für mich andere welt.
durchaus empfehlenswert.