hagerhard
I love kopftuch
naja, so stimmt das irgendwie nicht.
eigentlich mag ich so kopftüchln ja nicht.
aber auch das ist fast schon wieder nicht richtig.
weil so ganz wirklich sind mir die kopftüchln ziemlich wuaschd.
ich muss ja keins aufsetzen.
was ich aber so überhaupt nicht mag, sich aber auch nicht vermeiden lässt, ist die immer wieder auftauchende kopftuchdebatte.
weil wenn die angeblich konservativen, aber doch rechten aber auch gleichzeitig neoliberalen ein thema brauchen um von irgendeiner schweinerei abzulenken, schreit irgendwer laut „kopftuch“ und schon reden wieder alle drüber.
wobei jetzt klar definiert werden muss. es geht nicht um den fetzen stoff am kopf, sondern um das kopftuch von muslimischen frauen als religionssymbol.
und bei diskussionen um religion und deren symbolen geht es immer nur und ausschliesslich um den islam. das könnt man schon fast religionsrassismus nennen.
also fast halt.
im zuge dieser diskussionen tauchen dann schon auch so eigenartige sachen auf wie:
„Das Kreuz im Klassenzimmer ist nicht nur als religiöses Symbol zu sehen, sondern auch als klares Zeichen für unser christlich-jüdisches Erbe".
das sagt die neue integrationsministerin raab.
was meint sie mit dem kreuz als jüdisches erbe? die angebliche schuld der juden an der kreuzigung jesu?
wie überhaupt das kreuz für eine 2000 jahre lange unterdrückung aller frauen in europa steht und die kath. kirche noch immer frauenfeindlich ist. beispiele spar ich mir.
aber bleiben wir beim kopftuch.
und die aktuelle debatte ist ja ein beispiel für die these der ablenkung von anderen themen. jetzt grad um von den mängeln im schulsystem abzulenken.
so sagt die tiroler övp-bildungslandesrätin beate palfrader zur tiroler tageszeitung:
"Das Thema sei an Tirols Schulen bis zur Einführung des Verbotes an Volksschulen nie ein Problem gewesen. Erst durch das Verbot sei es überhaupt ein Thema geworden. Die Ausweitung erscheine ihr nicht notwendig und es gebe wesentlich wichtigere Herausforderungen.“
und kriegt offensichtlich einen rüffel vonwegen messagecontroll und zieht ihre aussage zurück.
dabei wär es ein für alle mal notwendig dieses thema grundsätzlich und ohne politische hintergedanken an kurzfristige wahlerfolge, zu klären.
wie schwierig und ambivalent das ist, zeigt sich auch, an den stellungnahmen von den unterschiedlichsten seiten.
so spricht sich schönborn gegen das kopftuchverbot aus und der bekannte theologe zulehner schreibt von einer „kopftuchkränkung“ und dass damit „rassistische Vorurteile bestärkt würden, die bei einem Teil der Bevölkerung ausgeprägt vorhanden sind“.
andererseits fordert die frauenrechtlerin naila chikhi ein kopftuchverbot und sie hält feminismus und kopftuch für inkompatibel „weil das Kopftuch ein patriarchales Symbol ist.
und irgendwie haben die beide recht.
also der zulehner und die chikhi.
weil die einen benutzen es um gegen „ausländer“ stimmung zu machen und die anderen um mit ihrer religion politik zu machen.
weil, wer glaubt, dass sich der kurz in dieser kopftuchdebatte für frauenrechte interessiert, glaubt auch, dass es der rüstungsindustrie ausschliesslich um den weltfrieden geht.
es gibt ja einen verdacht, den haderer mit seiner treffenden feder dargestellt hat. es geht eigentlich und immer nur um kurz selber.
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angeblich ist österreich ja ein säkularer staat mit einer trennung von staat und kirche.
angeblich halt.
aber übers konkordat darf man gar nicht reden, sollte man aber angesichts der geschehnisse unbedingt. ich darf daran erinnern, dass dieser vertrag mit dem vatikan im jahr 1933 unter dollfuß abgeschlossen wurde. und ich halt das nicht für einen ironie der geschichte.
was wir derzeit erleben ist ein, vor allem von övp-seite, auch mit diffusen werte- und glaubensfragen geführter politischer kampf um die wähler*innen der fpö und anderer reaktionärer, vorgestriger wählergruppen. geführt von kurz ganz in der tradition des ständestaatkanzlers. zb mit der aufrechterhaltung des religionsunterrichtes gegenüber einem allgemeinen ethikunterricht. aussagen wie „wir sind das volk“.
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oder wie eben dem kopftuchverbot.
in einem staat ohne kirchlichen einfluss, sollte es eigentlich völlig klar sein, dass religiöse symbole in öffentlichen einrichtungen wie eben schulen, aber auch zb gerichten nichts zu suchen haben. kreuze haben in klassenzimmern genauso wenig berechtigung wie in kasernen. ich geh sogar so weit, dass offizielle vertreter dieses staates, also richter*innen, polizist*innen aber eben auch lehrer*innen, das sichtbare tragen von religiösen symbolen verboten sein sollte.
aber eben symbole jedweder religion. und das müsste das kreuz ebenso betreffen wie das kopftuch, die kippa oder dem dastar eines sikhs.
und genau darum geht es nicht.
es geht einzig und allein um billige effekthascherei auf kosten einer bestimmten religiösen gruppe.
klerikalfaschismus wag ich das zu nennen.
und das ist mir zutiefst zuwider.
ich bin ja nicht wirklich bis so gar überhaupt nicht gläubig.
ich halt nix von religionen.
ein englischer gehirnforscher hat einmal gemeint, religion ist nichts anderes als ein nebenprodukt meiner gehirntätigkeit. marx nannte sie opium fürs volk. und nietzsche hat gott für tot erklärt.
aber von mir aus kann ein jeder glauben was er will. und wenn es das heilige spaghettimonster ist.
solange dieser jemand nicht versucht mich oder andere zu missionieren oder indoktrinieren.
und natürlich auch eltern ihre kinder nicht.
oder lehrer*innen ihre schutzbefohlenen.
ich mags nicht, wenn menschen ihren glauben wie eine monstranz aufdringlich vor sich hertragen.
und schon gar nicht mag ich, wenn diese menschen andere menschen dazu nötigen diesem goldenen kalb auch noch tribut zu zollen.
konkret in dieser debatte bedeutet das, ich bin schwer dagegen, dass auch nur irgendwer dazu gezwungen wird ein kopftuch zu tragen. egal ob jung oder alt, ob frau oder mann oder arm oder reich oder hetero oder schwul oder oder oder. und ich versteh, wenn viele frauen das kopftuch als patriachalisches unterwerfungsmerkmal verstehen und sich dem entziehen wollen.
und da wird’s jetzt sehr kompliziert in dieser causa.
weil gleichzeitig bin ich ja unbedingt auch dafür, dass sich einE jedeR auf den kopf setzen oder um den hals binden kann, was er/sie auch immer möchte – warum auch immer.
aber woher weiss ich, wer was freiwillig macht, bzw welchen persönlichen, sozialen oder gesellschaftlichen zwängen jemand ausgesetzt ist.
reicht schon der öffentliche druck des geächtet werden um aufs kopftuch zu verzichten oder trägt das zu einer „jetzt erst recht“-haltung bei?
reicht der böse blick des religiösen vaters um „freiwillig“ das kopftuch zu tragen, oder braucht er gar pure gewalt? und inwieweit führt diese dann vielleicht auch zur völligen ablehnung.
wie weit geht die beeinflussung in den schulen durch lehrer*innen oder mitschüler*innen oder gar von social-media?
was alles ist halal?
selten bis gar nicht werden wir diese zusammenhänge wirklich ergründen können.
wie also können wir dieser diskrepanz begegnen?
ich tät sagen, wie das halt in einer emanzipatorischen, feministischen, liberalen und demokratischen gesellschaft zu sein hat.
mit aufklärung, bildung und positiver unterstützung für schwächere und benachteiligte.
und energischem auftreten bei geringsten anzeichen von bevormundung, zwang oder gar gewalt.
und in abwandlung von voltaire:
ich mags nicht, wenn du ein kopftüchl umbindest, aber ich werde mich mit allem was ich hab dafür einsetzen, dass du das darfst, wenn du es willst.
und wenns sein muss, setz ich mir sogar ein kopftuch auf.
in diesem sinne:
bleibt´s gsund und losst´s eich nix gfoin!
passt´s auf eich auf und wehrt´s eich!
p.s.:
besonders lustig find ich ja, wenn sich burschis mit ihren gar sonderbaren kopfbedeckungen über frauen mit kopftuch aufregen.
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