Echt Rot hat auf Twitter eine kleine Umfrage zum bedingungslosen Grundeinkommen durchgeführt.

82 % der TeilnehmerInnen sprechen sich für das BGE aus.

Eine grössere und repräsentativere Umfrage in Deutschland bringt ebenfalls ein Ergebnis pro Grundeinkommen:

Vor zwei Wochen veröffentlichte das Marktforschungsinstituts Ipsos Ergebnisse einer Befragung, laut der 52 Prozent der Deutschen ein Grundeinkommen befürworten und nur 22 Prozent es grundsätzlich ablehnen.

Kaum beachtet, aber sehr interessant die Aussagen von ÖGB-Präsident Foglar zur Frage BGE in der Pressestunde vom 9.7.:

Wir müssen uns rasch diesem Thema widmen.

Wir haben immer die technische Entwicklung und Innovation im Auge aber nie, dass wir eine soziale Innovation brauchen.

Wir haben einen viel zu eng definierten Begriff von Arbeit.

Wir brauchen den Start dieser Diskussion und sollten als Gesellschaft gemeinsam solche Modelle entwickeln.

Die Pro-BGE-Bewegung wird auch international immer grösser, wie das neueste Beispiel aus Hawai zeigt.

Chris Lee - US-amerikanischer Politiker der Demokratischen Partei und seit 2009 Abgeordneter des Repräsentantenhauses von Hawaii für den 51. Wahlbezirk, der die Orte Lanikai und Waimānalo umfasst.

Angesichts der Veränderungen am Arbeitsmarkt auch nicht überraschend.

Selbstfahrende LKWs und die damit verbundenen Jobverluste sind nur mehr eine Frage der Zeit.

Arbeiter die durch Roboter ersetzt werden längst alltäglich.

Aber auch „qualifizierte“ Jobs sind durch die technische Entwicklung betroffen.

Die Reduzierung von Angestellten im klassischen Bankenbereich durch Digitalisierung sind schon seit einiger Zeit im Gange.

Auch Journalisten müssen sich diesen Veränderungen stellen.

Durchschnittlich rund 1000 Berichte pro Tag sollen Künstliche Intelligenzen schon bald für die britische Nachrichtenagentur Press Association (PA) produzieren. Im Monat summiert sich das auf etwa 30.000 Texte. Würde dieser extrem hohe Output von menschlichen Journalisten gefordert werden, müsste die Angestelltenzahl der Agentur utopisch hoch sein. Doch PA setzt darauf, dass es auch ohne geht: Künstliche Intelligenzen durchsuchen präzise und schnell enorm große Datenmengen und verfassen basierend auf Vorlagen und Keywords Meldungen.

Das schlägt sich auch schon auf deren Ausbildung nieder.

Keine klassische Journalistenausbildung mehr an der Uni Leipzig

Diese Liste liesse sich noch um einige sehr anschauliche Beispiele erweitern.

Nahezu alle Bereiche der strukturellen Erwerbsarbeit sind betroffen.

Ausserdem zeigt sich immer deutlicher, dass die vorherrschende neoliberale Agenda dafür sorgt, dass (Erwerbs-)Arbeit nicht vor Armut schützt.

Mehr Arbeit sei keine Garantie für weniger Armut – zumindest dann nicht, wenn die neuen Jobs nicht angemessen entlohnt werden oder die Stundenzahl gering ist.

Ohne Frage wäre die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens ein Systemwechsel. Niemand behauptet, dass er einfach wäre. Aber er ist politisch, rechtlich und auch finanziell möglich.

Kritik am BGE kommt von Konservativer Seite ebenso wie von Kapitalismuskritikern.

So schreibt Andreas Koller am 9.7. in den Salzburger Nachrichten:

Wer den Menschen ein bedingungsloses Grundeinkommen zubilligt, der signalisiert ihnen gleichzeitig: Wir brauchen euch nicht, die Gesellschaft erwartet nichts von euch, hier habt ihr euer Geld und damit Ruhe.

Eine Argumentation, die Angesichts von offiziell 400.000 Arbeitslosen und nahezu 2,500.000 Pensionsbeziehern (denen ja offensichtlich auch signalisiert wird, dass sie nicht mehr gebraucht werden) nur als zynisch bezeichnet werden kann.

Diese Aussage zeigt aber auch, dass die soziale Wertschätzung unbezahlter Tätigkeiten (Pflege von Angehörigen, Kindererziehung, Freiwilligenarbeit jeder Art) gegen Null geht.

Gesellschaftlichen Wert hat Mensch offensichtlich nur dann, wenn er in den Produktivitätsprozess integriert ist und geldwerte Leistungen erbringt.

In diese Kerbe schlagen auch Kritiker von Links.

Keine Almosen

Die Befürworter eines bedingungslosen Grundeinkommens verharren in der Logik des Kapitalismus – anstatt ihn abzuschaffen.

Erwerbsarbeit an sich als alleinig sinnstiftende Tätigkeit?

Dazu meint Oscar Wilde:

„Muße, nicht Arbeit ist das Ziel des Menschen.“

Und nahezu prophetisch mutet an, was er über die Arbeit schreibt:

„Und da ich das Wort Arbeit ausgesprochen habe, möchte ich darauf hinweisen, wie viel Törichtes heutzutage über die Würde der Arbeit geschrieben und gesagt wird. Arbeit ist durchaus nicht etwas, das Würde verleiht, zumeist ist sie absolut erniedrigend. Irgend etwas zu tun, das man ohne Freude ausführt, ist geistig und moralisch verwerflich, und viele Arbeiten sind völlig freudlose Tätigkeiten und sollten auch als solche betrachtet werden. Eine schmutzige Straßenkreuzung während acht Stunden des Tages bei scharfem Ostwind zu fegen, ist eine widerliche Beschäftigung. Sie mit geistiger, moralischer oder körperlicher Würde zu fegen, scheint mir unmöglich. Sie mit Freude zu fegen, erscheint mir geradezu ungeheuerlich. Der Mensch ist für Besseres geschaffen, als Dreck aufzuwirbeln. Alle diese Arbeiten sollte eine Maschine ausführen.“

An dieser Stelle erscheint ein Zitat von Erich Fromm angebracht:

„Das während des größten Teils der vergangenen und der gegenwärtigen Menschheitsgeschichte vorherrschende Prinzip lautet (im Kapitalismus genau wie in der Sowjetunion): Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen. Diese Drohung zwang den Menschen, nicht nur so zu handeln, wie von ihm verlangt wurde, sondern auch so zu denken und zu fühlen, daß er nicht einmal in Versuchung geriet, sich anders zu verhalten."

Die Kritik von links ist aber auch inhaltlich falsch. Patrick Spät schreibt zB:

„Wo bleibt das Misstrauen, wenn sogar der Vater des Neoliberalismus, Milton Friedman, von einem Grundeinkommen träumte?“

Milton Friedman hatte aber nicht das bedingungslose Grundeinkommen im Sinn, sondern die negative Einkommenssteuer.

Womit wir an einem wesentlichen Punkt dieser Diskussion angekommen sind.

Von welchem Grundeinkommen reden wir überhaupt?

Das Modell Friedman.

Er schlug in den 1960er Jahren mit seiner Version der negativen Einkommensteuer vor, dass der Staat für Erwerbseinkommen einen Schwellenwert festlegt, oberhalb dessen Steuern zu bezahlen sind und unterhalb dessen ein Anspruch auf einen Zuschuss besteht. Den minderbemittelten Personen würde so eine (schmale) Existenzbasis gesichert werden, gleichzeitig würden Anreize geschaffen, um durch eigene Anstrengungen der „Armutsfalle“ zu entkommen.

Das Modell Finnland.

Aktuell gibt es einen Feldversuch, bei dem 2.000 Menschen ein monatlicher Betrag von € 560,- ausbezahlt wird.

Jedenfalls ein Betrag, der weit unter den Notwendigkeiten zur Existenzsicherung liegt und den neoliberalen Vorstellungen der Wirtschaft entgegenkommt.

Finnen sollen durch das Grundeinkommen auch eher bereit sein, im Niedriglohnsektor zu arbeiten.

In aller Munde auch das Schweizer Modell.

Eine Mischform zwischen einem bedingungslosen Grundeinkommen für alle und der negativen Einkommenssteuer. Es ist kein zusätzliches Einkommen. Es geht nur darum den Sockel aller Einkommen bedingungslos zu machen.

Die Rede ist von 2.500 Schweizer Franken. Umgerechnet auf die österreichische Kaufkraft bedeutet das etwas über € 1.000,-. Im Gegenzug sollten die Sozialleistungen bis zu diesem Betrag wegfallen.

Demgegenüber steht das bedingungslose Grundeinkommen wie wir es verstehen.

Im Artikel 22 der Menschrechte steht:

Jeder hat als Mitglied der Gesellschaft das Recht auf soziale Sicherheit und Anspruch darauf, durch innerstaatliche Maßnahmen und internationale Zusammenarbeit sowie unter Berücksichtigung der Organisation und der Mittel jedes Staates in den Genuss der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu gelangen, die für seine Würde und die freie Entwicklung seiner Persönlichkeit unentbehrlich sind.

Dies bedeutet, dass in einer Gesellschaft die mit Geld funktioniert und alle existenzsichernden Bedürfnisse zu bezahlen sind, dass das Recht auf Leben gleichbedeutend ist mit einem Recht auf Einkommen.

Das bedingungslose Grundeinkommen in angemesserner Höhe (die aktuelle Armutsgefährdungsschwelle beträgt pro Person € 1.185,- monatlich) ist somit ein demokratisches Grundrecht aller Mitglieder auf Teilnahme an der Gesellschaft!

Dementsprechend soll das BGE

bedingungslos jedem Mitglied der Gemeinschaft gewährt werden

die Existenz sichern und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen

einen individuellen Rechtsanspruch darstellen

und keinen Zwang zur Arbeit bedeuten!

Der zu führende Kampf wird also nicht lauten FÜR oder GEGEN das bedingungslose Grundeinkommen, sondern welche Art von Grundeinkommen wir bekommen.

In diesem Sinne:

Bleibt´s gsund und losst´s eich nix gfoin!

Und passt´s auf eich auf!

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