Es ist schon erstaunlich, welch eigenartige Argumente manchmal gegen das bedingungslose Grundeinkommen herhalten müssen.
Den Vogel schießt aber Mag. Dr. Rolf Gleißner, Referent der Wirtschaftskammer Österreich, Abteilung für Sozialpolitik und Gesundheit, ab.
In einem Positionspapier der WKÖ schreibt er doch tatsächlich:
Das BGE widerspricht auch dem 10. Gebot „ Du sollst nicht begehren Deines Nächsten Gut“
Ich bin jetzt nicht grad der grösste Theologe, aber ich bin mir sicher, diese Auslegung ist nicht im Sinne des Erfinders.
Vielleicht kann ihm ja seine Parteikollegin Mag.a Margit Appel von der Katholischen Sozialakademie Österreichs eine Nachhilfestunde in Bibelkunde geben und ihm die christliche Soziallehre erklären?
Vielleicht erklärt sie ihm auch, warum „Wer nicht arbeiten will, der soll auch nicht essen“ nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist.
Dieses Paulus-Zitat aus seinem 2. Brief an die Thessalonicher wird ja oft und gerne angeführt.
Auch, wenn das ebenso unsinnig ist, wie andere Zitate wortwörtlich aus der Zeit Jesu ins 21. Jahrhundert zu transferieren.
Es erinnert mich ein wenig an die vielzitierten Jungfrauen, die Djihadisten im Falle des Heldentodes erwarten.
Aber auch sonst ist in diesem „Positionspapier“ so einiges ein bissl holprig.
So erklärt er die bedarfsorientierte Mindestsicherung pauschal zum Grundeinkommen.
Weil diese praktisch nie gestrichen wird.
Fakt ist:
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat klargestellt, dass die Kürzung der Mindestsicherung bei beharrlicher Arbeitsverweigerung bis zum völligen Entfall der Leistung gehen kann.
Als Beweis seiner Argumentation der Unfinanzierbarkeit des BGE führt er Berechnungen aus der Schweiz an. Allerdings ohne zu berücksichtigen, dass das Schweizer Modell eine Mischform aus BGE und negativer Einkommenssteuer ist und deshalb die von ihm dargestellten Zahlen in keiner Weise zusammen passen.
Er behauptet, dass die gesamten Einnahmen aus Abgaben um mindestens 50% gesteigert werden müßten.
Ganz offensichtlich hat er sich nie wirklich mit möglichen Finanzierungsmodellen auseinander gesetzt.
Als eines von unterschiedlichen möglichen Szenarien sei ihm das hier (Seite 12 bis 15) ans Herz gelegt.
Insgesamt ist seine gesamte Argumentationskette eine Aneinanderreihung von Vorurteilen.
Z.B.:
Arbeit wird viel teurer – da drängt sich die Frage auf: welche Arbeit? Jene die in Zukunft von Robotern geleistet wird?
Schaden für die gesamte Gesellschaft – oder doch nur für jene Teile der Gesellschaft, die bisher von der Zurückdrängung der Lohnquote gegenüber den Kapitaleinkünften profitiert haben?
Weniger Frauen am Arbeitsmarkt – mein Lieblingsargument.
Da steht: „Ein Grundeinkommen würde vor allem Teilzeitarbeit unattraktiv machen. Das würde die Erwerbsquote von Frauen drücken, die ohnehin eher bereit sind, ihre Erwerbstätigkeit zugunsten von Kindern und anderen Zielen zu reduzieren.“
Wie das mit der von der ÖVP geforderten Wahlfreiheit zusammenpasst, hätte ich gern erklärt.
Wäre aber nicht gerade ein bedingungsloses Grundeinkommen ein wesentlicher Schritt zu dieser Wahlfreiheit?
„Gerade Frauen werden von einem bedingungslosen Grundeinkommen profitieren.
Zu diesem Schluss kommt ein kürzlich veröffentlichtes – und viel beachtetes – Essay in der «New York Times».
Ein Grundeinkommen befördert die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen und stärkt deren Verhandlungsmacht im beruflichen wie im privaten Bereich.
Ein BGE würde uns ein bisschen mehr hin zu einer gleichberechtigten Gesellschaft führen. Das Grundeinkommen würde es den Vätern erleichtern, ihren Sorgepflichten nachzukommen, wenn sie denn wollen. Mütter würden für ihre Pflegetätigkeit entschädigt und könnten trotzdem einer Erwerbstätigkeit nachgehen
In Partnerschaften würde das BGE die wirtschaftliche Unabhängigkeit gegenüber dem Partner weitgehend gewährleisten.“
Wobei ich dem Herrn Magister die Lektüre meines Blogs sehr ans Herz legen würde. Das BGE nur auf die wirtschaftliche Komponente zu begrenzen greift eindeutig zu kurz.