Wir kennen es nicht nur aus dem Berufsleben: auch wenn es um Dinge in unserer privaten Umgebung geht kommen wir immer wieder an einem Punkt an, wo es gilt, zu verhandeln. Dabei sind es nicht nur so große Momente wie das Feilschen um den Preis des Neuwagens oder der Abschluss des nächsten Dienstvertrages. Es sind oft auch Kleinigkeiten wie der Kampf um die Fernbedienung zum Fernseher, die Frage, ob das gemeinsame Mitagessen mit den Kolleginnen und Kollegen in der Betriebskantine oder doch auswärts eingenommen wird oder wer in einer Beziehung diesmal dran ist mit dem Wochenendeinkauf.
Es muss da nicht immer gleich zu handfestem Streit kommen. Die meisten dieser Entscheidungsfindungen laufen sehr rasch und durchaus harmonisch ab. Fast schon automatisch. So wie man es gelernt hat, so wie man es als vielversprechend erachtet für den Etappensieg der einen Auseinandersetzung. Und doch lässt sich da, wenn man ein wenig darüber nachdenkt, häufig ein Muster erkennen: da gibt es Menschen, die sich auffällig häufig durchzusetzen scheinen während anderen dies offenbar so gut wie nie gelingt. All jenen, die sich in der zweiten Gruppe sehen und auch jenen, die vielleicht weniger brachial vorgehen wollen bei der Durchsetzung der eigenen Vorstellungen sei eine aufmerksame Lektüre der nachstehenden Zeilen empfohlen. Vom Rest verabschiede ich mich an dieser Stelle und danke für das Interesse.
Aufbauend auf einer Studie wurde vor einigen Jahrzehnten eine Methode entwickelt, wie Verhandlungen zum Erfolg führen können, ohne dass dabei jemand über den Tisch gezogen wird. Letzteres ist nämlich auch sehr bedeutsam, da ein Verhandlungserfolg ansonsten rasch ins Gegenteil umschlagen kann. Man kann als Autoverkäuferin oder Autoverkäufer der Kundschaft zwar zu einem überteuerten Preis eine Unterschrift abgerungen haben - doch kommt sie drauf, wird es wohl nichts mehr werden mit dem regelmäßigen Geschäft beim Service, geschweige denn beim nächsten Autokauf.
Es sind dabei nur vier leicht zu merkende Schritte zu befolgen:
1. Mensch von Sache trennen
Stets sollte anerkannt werden, dass es ein Mensch ist, der gegenübersitzt. Ein Mensch, welcher verstanden werden möchte, Interessen und Bedürfnisse hat und Wertschätzung verdient. Das sollte auch gezeigt werden. Dann fällt es leicht, die Sache, um die es in den Verhandlungen geht, und die Beziehung zu dem Menschen auf der anderen Seite des Verhandlungstisches zu trennen. Enorm wichtig, denn damit kann verhindert werden, dass es zu einem bösen Konflikt kommt mit Auswirkungen auch auf ganz andere Begegnungen - und es fällt leichter, Schritte aufeinander zu zu machen. Wer als Mensch behandelt wird, wird eher bereit sein, sich zu bewegen.
2. Kenne Dich, kenne die andere Seite
Hilfreich ist es, auch in den härtesten Verhandlungen darauf zu achten, worum es wirklich geht: was sind eigentlich die Bedürfnisse die hinter dem Drang stehen, eine Einigung zu erzielen? Geht es um Sicherheit, geht es um soziale Anerkennung, geht es ums Überleben? Was soll befriedigt werden durch einen positiven Abschluss? Diese Überlegungen sollte man für beide Seiten anstellen, dann fällt es nämlich auch gleich viel leichter, in Schritt drei erfolgreich zu sein. Man ist dabei gut beraten, auch gleich mitzudenken, was denn passieren könnte, wenn man zu keinem Verhandlungsergebnis kommt: was wäre das schlimmste Szenario, was das beste für diesen Fall. Und wie sieht es mit der anderen Seite aus? Je besser man sich hier vorbereitet, desto besser man seine eigene Motivation und jene des Gegenübers kennt, desto leichter wird es fallen, einen erfolgreichen Weg zu finden. Der zwischen den beiden bezogenen Standpunkten liegende Bereich einer sehr wahrscheinlichen Einigung wird dann nämlich immer klarer.
3. Gemeinsame Suche nach möglichst viele Optionen - Lachen ist dabei erlaubt
Oft ist zu beobachten, dass sich die zwei Seiten, welche auf einen Verhandlungserfolg hoffen, versteifen auf zwei einander widersprechende Alternativen. Hop oder drop. Schade. Das muss nämlich nicht sein, wenn man - und damit sind wir bei Schritt drei der Harvard-Methide, mit welcher Fisher und Ury berühmt wurden, - sich die Mühe macht, möglichst viele Optionen zu überlegen, die geeignet sind, möglichst beide erkennbaren Interessen abzudecken. Oft reicht es ja zum Beispiel schon, den Zeitfaktor mit hineinzunehmen: es wird später gezahlt oder in Raten bezahlt; es wird zuerst der eine Sender, dann die Aufzeichnung des zeitgleich auf dem anderen Sender laufenden Programmes im Fernsehen gemeinsam angeschaut. Macht man sich gemeinsam auf die Suche nach Alternativen, dann bricht oft das drohende Eis zwischen den Verhandlungsseiten und es kommt auf beiden Seiten das Gefühl auf: ja, ich kann eine Lösung erreichen, welche gut für mich ist - auf beiden Seiten. Dabei darf auch gerne gemeinsam gelacht werden - denn auch auf den ersten Blick schräge Ideen haben durchaus das Potenzial, ein für alle interessantes Ergebnis zu erreichen. So wird auch das schale Gefühl verhindert, das jemanden über kurz oder lang sicher überkommt, der über den Tisch gezogen wurde - was sich beim nächsten Aufeinandertreffen dann mit Skepsis auch fairen Angeboten gegenüber rächt.
4. Neutrale Maßstäbe und Transparenz schaden nie
Gut ist es schließlich immer, wenn es neutrale Parameter gibt, an denen man gemeinsam messen kann, ob ein Verhandlungsergebnis fair ist. Ein Verzeichnis über den Marktpreis etwa beim Eintausch des Gebrauchtwagens oder einen neutralen Gutachter. Und Transparenz darüber, wie etwas errechnet werden soll und nach welchen Regeln das erfolgt. Das gibt beiden Seiten Sicherheit, dass der finale Handshake dann nicht bereut wird und eine für beide Seiten gute Lösung darstellt.
Viel Vergnügen und Erfolg beim Ausprobieren.