Streiten - ja, das ist etwas, das wir alle beherrschen. Von Kind auf trainieren wir Methoden, wie wir unseren Willen durchsetzen können: mit Aggression um das Gegenüber zur Aufgabe zu zwingen; mit Betteln, um auf den Good Will zu bauen; mit Flucht aus der Situation hinaus, um sein Ding alleine durchziehen zu können; mit Petzen, um eine scheinbar mächtige außenstehende Instanz entscheiden zu lassen; oder mit Kompromissen, die uns aber meist nicht schmecken, da wir da ja auf einen Teil dessen verzichten, was uns eigentlich wichtig wäre. Erst spät erlernen wir, dass es da ja noch eine Möglichkeit gibt: eine Möglichkeit, den Konflikt als Chance zu sehen, mit dem vermeintlichen Gegner beziehungsweise der vermeintlichen Gegnerin gemeinsame Sache zu machen. Und dabei die Energien zusammenzulegen statt sie in den Kampf gegeneinander zu investieren. Um eine gemeinsame Lösung zu finden aus den zahlreichen Optionen, die es immer gibt - bei welcher alle gewinnen.

Es gibt sie also, die Kunst des Streitens. Sie besteht darin, auf Verliererinnen und Verlierer zu verzichten. Es ist somit für alle vorteilhaft, sie zu erlernen und auch zu praktizieren. Selbst für den erfolgsverwöhnten Menschen, der als Hardliner verschrien ist, der sich ständig durchzusetzen scheint: ziehe ich mein Gegenüber ständig über den Tisch, dann wird mir dafür irgendwann, wenn ich es am wenigsten vermute, die Rechnung präsentiert werden. Indem sich das Gegenüber rächt mit einem gezielten Schlag oder sich auch nur einfach der Mitwirkung entzieht.

Hier ein paar Tipps - einfach zum Nachdenken. Erinnern Sie sich dabei an den letzten Streit, bei welchem es Ihnen um etwas gegangen ist, das ihnen wirklich wichtig war:

1. Vergessen Sie zunächst, die Schuldfrage klären zu wollen. Es ist für das Erzielen einer einvernehmlichen Lösung zu einem Streit ziemlich gleichgültig, wen die Schuld daran trifft, dass man unterschiedliche Sichtweisen hat auf die gegenwärtige Herausforderung. Im Gegenteil: klären zu wollen, wer nun zu wieviel Prozent Schuld trägt, entfernt einen sogar eher wieder von einer Einigung, da die Gedanken nicht nach vorne auf eine Lösung gerichtet sind, sondern in der Vergangenheit gefangen gehalten werden. Beide Seiten müssen sich verteidigen, müssen ihre Positionen noch weiter verhärten, um ja nicht überzubleiben. Schade um die Energie.

2. Vereinbaren Sie - vor allem bei bereits aufgekochten Konflikten - einen sofortigen Waffenstillstand. Wer im Schützengraben liegt und darauf lauert, dass das Gegenüber seine Deckung verlässt, um dann zuschlagen zu können, wird sich schwer dabei tun, die Vorzüge zu erkennen, die es hat, wenn man seine Kräfte zusammenlegt, um aus der Situation wohlbehalten herauszufinden.

3. Machen Sie ruhig den ersten Schritt. Zeigen Sie dem Gegenüber, dass Sie bereit sind zu ehrlichen Verhandlungen. Gewaltfreie Kommunikation ist dabei sehr hilfreich - gepaart natürlich mit einer ausreichenden Portion Empathie: wer sagt Ihnen denn, dass es dem Gegenüber besser geht als Ihnen gerade?

4. Verschaffen Sie sich einen Überblick: Was ist es eigentlich, was Sie wirklich wollen? Wissen Sie überhaupt, was Ihr Gegenüber wirklich will? Beginnen Sie, darüber ein Gespräch zu führen. Das kann oftmals Missverständnisse aus dem Weg räumen, welche Ihnen ein "Na, wenn ich das gewusst hätte" auf sinnlos verbrannter Erde ersparen.

5. Bedenken Sie einen kleinen aber sehr hilfreichen Unterschied zwischen verstehen und zustimmen, welcher viel zu häufig übersehen wird in unserer schnelllebigen Zeit: versuchen Sie, das Gegenüber zu verstehen, fragen Sie auch nach und versuchen Sie mit eigenen Worten zu wiederholen, was Sie verstanden haben, um Missverständnisse zu vermeiden. Verzichten Sie dabei unbedingt auf eine Wertung dessen, was Sie verstanden haben und auch auf das weit verbreitete alleinstehende "Ich verstehe.". Dass wir oft nicht gutheissen können, was wir da verstehen, ist unsere Wertung - anderen geht es halt anders und das darf so sein - oder sind Sie dafür, dass es auf allen Speisekarten des Landes nur Wiener Schnitzel gibt?

6. Entwickeln Sie dabei gemeinsam das Verständnis, dass es ihr gemeinsamer Konflikt ist, welchen Sie daher auch gemeinsam am besten lösen können: was ist eigentlich das Problem, welche Interessen müssen bei einer Lösung auf jeden Fall berücksichtigt werden und welche Ressourcen stehen dabei zur Verfügung? Spätestens jetzt werden Sie spüren, wie vorteilhaft es ist, miteinander statt gegeneinander vorzugehen - denn gemeinsam ergänzt man sich wunderbar und kann damit sogar noch voneinander lernen für die Zukunft.

7. Vereinbaren Sie genaue Regeln, wie Sie weiter vorgehen wollen. Wie sie die gefundene Lösung etwa umsetzen wollen. Der gewonnene Frieden muss auch erhalten werden und es muss die Chance gemeinsam ausgekostet werden, ein Erfolgserlebnis miteinander teilen zu dürfen.

Das sind ein paar Tipps, die in der Praxis schon oft geholfen haben. Es sind kleine Rädchen, an welchen man auch sehr gut selbst drehen kann ohne dafür Hilfe von außen zu benötigen. Sollte es nicht gleich klappen oder sogar aussichtslos erscheinen, weil die Wogen einfach schon zu hoch gegangen sind, dann kann man ja auch einen Profi hinzuziehen: einen Mediator oder eine Mediatorin. Dabei bitte auf Qualität achten: die in der Liste des österreichischen Bundesministeriums für Justiz eingetragenen Mediatorinnen und Medaitoren etwa entsprechen sehr hohen Qualitätskriterien.

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Bernhard Juranek

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