Morgen ist es also in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland soweit: für zahlreiche 6jährige steht der allererste Schultag ins Haus. In den übrigen Bundesländern Österreich folgt der Schulbeginn eine Woche später.
Allein in Wien werden 16875 Kinder das erste Mal in ihrem Leben eine Volksschule besuchen. Ein Tag, der mit gemischten Gefühlen verbunden ist, vor allem für unsere Jüngsten. So ganz genau haben sie ja keine Vorstellung von dem, wie das sein wird. Da gibt’s nur die Erzählungen von den großen Kindern: von denen, die man aus dem Kindergarten kennt und nun nur noch am Spielplatz wiedertrifft; oder von den großen Geschwistern, bei welchen man beobachten konnte, dass die Kindergartentasche gegen eine viel coolere Schultasche eingetauscht wurde und dass sie nun ständig sogar beim Abendessen mit irgendwelchen Fragen gequält werden. „Hast Du Deine Hausübungen gemacht?“, „Sag mir nochmals das Gedicht auf“, „Wie schreibt man Chamäleon“, „Wieviel ist 6 mal 6“, „Wie heißt die Hauptstadt von der Schweiz“ und ähnliches. Dieses unheilschwangere „Mei, wie die Zeit verfliegt. Nun beginnt also der Ernst des Lebens.“, der Tanten und Onkel als Reaktion darauf, dass Mama und Papa verkünden, dass der erste Schultag ansteht, lässt auch eher eine ungute Vorahnung aufkommen. Ist ja cool, wenn man nun auch endlich selbst die Bücher lesen kann, die einem so gefallen. Aber irgendwie ist da schon auch ein mulmiges Gefühl.
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Auch für die Eltern ist dieser Tag mit einiger Aufregung verbunden: wie wird das sein, wenn es für das eigene Kind plötzlich gilt, stundenlang auf seinem Sessel an einem Schreibtisch zu sitzen statt mit den besten Freunden durch die Räume des Kindergartens zu ziehen? Wie wird sich der Nachwuchs damit tun, wenn das, was im Kindergarten mit den Übungsblättern als Vorbereitung auf die Wissensvermittlung so nebenher gelaufen ist, nun statt des freien Spiels im Vordergrund steht? Wird das Hinhauen mit den anderen Kindern und auch mit der Lehrerin, die sich ja schon im Sommer mit einem Mail vorgestellt und dabei gleich eine Liste übermittelt hat, was alles zu besorgen ist? All diese Aufregung und die dabei enthaltenen hohen Anteile an Unsicherheit einzelner Familienmitglieder sind leider auch ein Nährboden für verstärktes Konfliktpotenzial. Was kontraproduktiv sein könnte: Nerven werden durch Streit in den wenigsten Fällen gestärkt und die Chancen auf wunderbare Momente rund um den Start in ein neues Schuljahr könnten übersehen werden. Wie wäre es, die Aufregung daher ganz bewusst zu nutzen für ein Zusammenrücken als Familie? Eine Gelegenheit könnte es sein, dass sich alle einmal wieder erzählen, wie sie denn ihren ersten Schultag erlebt haben. Welche schönen Erinnerungen sie an die Schulzeit haben und wie sie schlussendlich auch Situationen gemeistert haben, die einfach unpackbar schienen. Vielleicht gibt es da sogar noch Fotos aus dieser Zeit, über welche man gemeinsam lachen kann? Freuen Sie sich schon darauf, am nahenden ersten Elternabend am Sitzplatz Ihres Kindes Erinnerungen an die eigene Schulzeit zwangsläufig zu wecken, wenn sie sich auf diesen kleinen Sessel setzen und zur Lehrkraft nach vorne sehen, welche Ihnen allerhand zu beachtende Formalitäten erklärt?
Nicht vergessen werden darf auf die Lehrkräfte, welchen morgen wieder eine Klasse anvertraut wird. Eine Gruppe junger Menschen, welche es gilt, die nächsten vier Jahre in den Grundfertigkeiten zu unterrichten, von welchen das zuständige Ministerium davon ausgeht, dass sie in standardisierten Niveaus unverzichtbar sind. Aber nicht bloß das: es wird da auch wieder darauf zu achten sein, die Eltern mit ins Boot zu holen. Da werden wieder die sein, die ganz konkrete Vorstellungen haben, wie ihr Kind zu behandeln und zu sehen ist; es werden aber auch wieder Familienschicksale zu berücksichtigen sein, in welchen gerade ein Rosenkrieg auf dem Rücken des Kindes ausgefochten wird; dann wird es jene Eltern geben, die nicht nur Bildung, sondern auch Erziehung in der Verantwortung der Schule sehen; und jene, denen alles egal zu sein scheint.
Ja, morgen wird für zahlreiche Menschen in unserem Land wieder ein neues Kapitel aufgeschlagen. Jetzt wird auch all das, was die letzten Tage bereits geübt wurde, fixer Bestandteil des Alltags: Schultasche packen und Schulweg. Auch die elterliche Besprechung der zeitlichen Abstimmung mit den beruflichen Verpflichtungen wird nun im Echtbetrieb aufzeigen, wo noch Anpassungsbedarf besteht. Und in einem Eilzugstempo werden unsere Jüngsten Rechnen und Schreiben lernen: bereits zu Weihnachten werden sie mit der ersten eigenen Füllfeder selbstgeschriebene Glückwünsche verteilen können.
Die morgen rund um alle Volksschulen zu sichtenden Schultüten möge die Erinnerung an diesen wichtigen Tag positiv zu prägen helfen. Es sei den Jüngsten gewünscht, dass die Leckereien, Buntstifte, Bücher und Spielzeuge, welche sich in den manchmal sogar die Körpergröße des Kindes überragenden bunten Papierstanitzeln verstecken, ihren Sinn erfüllen: die freudige Erinnerung daran, dass nun Fähigkeiten vermittelt werden, welche dabei helfen, Dinge zu verstehen, aber auch Dinge weiterhin kritisch zu hinterfragen. Nun auch in einer ersten Unabhängigkeit von Mamas und Papas Sicht der Dinge. Der Ernst im Leben hat nämlich bereits mit der Geburt begonnen, ebenso wie die Freude an der Neugier für die Möglichkeiten und Herausforderungen. Mit dem Lesen und Schreiben wird es nun möglich, in die Unendlichkeit des verfügbaren Wissens einzutauchen. Ein Grund zur Freude.
Allen Familien, nicht nur jenen mit Taferklasslern, wünsche ich einen wunderbaren Start in das neue Schuljahr. Mögen die herankommenden Momente auch dazu genutzt werden, als Familie zu wachsen. Zu wachsen, um all den Herausforderungen, die das neue Schuljahr bringt, geschlossen die schönen Aspekte abgewinnen zu können.