Entschuldigung und Wertschätzung: zwei Erfolgsbausteine auf dem Weg zum Miteinander

Konflikte sind ein fixer Bestandteil menschlicher Begegnung. Sie müssen dabei jedoch nicht automatisch auch die zerstörerische Wirkung entfalten. Jede und jeder Einzelne kann dazu ein Stück weit beitragen, dass die im Streit steckende Energie konstruktiv für eine Lösungssuche eingesetzt wird. Verletzungen können dabei vermieden werden und selbst wenn sie einmal passiert sind, kann ein wertschätzendes Miteinander nachhaltige Folgen wieder ins Positive drehen helfen. Hier werden zwei Werkzeuge, welche im Alltag eingesetzt werden können, näher vorgestellt - beide kosten nur ein wenig Übung und können mit minimalem Aufwand das Miteinander deutlich verbessern: annehmbare Entschuldigungen sowie Wertschätzung.

Entschuldigung – 5 Tipps auf dem Weg zu einem echten „Sorry“

"Entschuldigung scheint das schwierigste Wort zu sein". Diese Weisheit haben Elton John und Bernie Taupin in einem wunderbaren Song zu einem Refrain gemacht, den wohl schon viele nachgesungen haben. Komisch eigentlich. Denn immerhin gehört das Wort "Entschuldigung" so wie "Bitte" und "Danke" doch zum Grundrepertoire jenes Sprachschatzes, zu dessen Verwendung einem von klein auf eingetrichtert wurde, dass es sich gehört, dieses Vokabular regelmäßig zum Einsatz zu bringen. Es zeuge von Erziehung. Immer wieder werden Kinder mit mahnenden Worten daran erinnert, dass man sich entschuldigen muss nach einer Tat, welche vielleicht von anderen nicht so gerecht, einfallsreich oder lustig empfunden wurde, wie das gerne gesehen worden wäre.

"Entschuldigung" kommt daher den meisten, so sie nicht in einer absoluten Verweigerung all der in der genossenen Erziehung überlieferten Traditionen stecken, relativ locker über die Lippen. Was soll daher daran so schwer sein? Wieso soll genau dieses Wort, welches auch keinen Zungenbrecher darstellt, gar das schwierigste Wort sein?

Betrachtet man den inneren Widerwillen, den man oft verspürt wenn man irgendwie merkt, dass es sich gehöre, um Verzeihung zu bitten, dann kommt man einer Begründung schon etwas näher. Sehr nah am Kern ist man auch, wenn man an die Momente denkt, wo man selbst um Entschuldigung gebeten wurde, das Hören dieses Zauberwortes aber die Emotionen in einem drin so gar nicht besänftigen konnte sondern im Gegenteil noch mehr zum Kochen brachte. Nicht selten treibt ein "Sorry" denjenigen, dem das Wort gilt, noch mehr auf die sprichwörtliche Palme. Woran liegts?

Was die wenigsten lernen ist, dass "Entschuldigung" mehr als ein Wort ist, wenn man die verbal benannte Intention tatsächlich zu ihrem Ziel bringen will. Es ist etwas, das nicht nur durch die Laute des Wortes transportiert werden kann. Diese Laute allein sind wie bei vielem nämlich dann bloßér Schall. Es kommt auf was ganz anderes an. Doch was?

Wenn es wieder mal passiert ist, dass man im Eifer des Gefechts eines Konfliktes das Gegenüber verletzt hat, so gibt es 5 kleine Hilfestellungen, die "Sorry" zu einem Wort werden lassen, das sowohl dem, der es ausspricht, als auch dem, dem es gilt, hilft zurückzufinden zu einem versöhnlichen Miteinander:

1. Zugeständnis, etwas falsch gemacht zu haben:

Voraussetzung dafür, dass man das Wort "Entschuldigung" verwendet, ist wohl, dass man erkennt, etwas gemacht zu haben, das für ein friedliches Miteinander nicht sehr hilfreich war. Wenn dem so ist, dann sollte man das auch aussprechen.

2. Übernahme der Verantwortung dafür:

Niemand anders als man selbst ist dafür verantwortlich, dass man entschieden hat, zu einer verletzenden Handlung oder zu einer verbalen Attacke zu greifen. Auch wenn es schwieriger ist, das zuzugeben als sich dessen zu rühmen, etwas tolles geschafft zu haben: Für eine echte Entschuldigung wird man nicht darum herumkommen, auch das zu benennen und einzuräumen.

3. Verzicht auf den Versuch einer Rechtfertigung:

Hat man also eingeräumt, einen Fehler begangen zu haben, für den man ganz allein verantwortlich ist, dann heißt es, den eigenen Stolz, der in solchen Momenten ein ganz schlechter Berater ist, zu besiegen. Natürlich kann man, sofern man nur ein wenig rhetorisch begabt ist, die Ursache einer jeden Handlung in davor sich zugetragenen Ereignissen finden und darstellen: überspitzt formuliert sei ja eigentlich eh der Schöpfungsakt schuld an allem. Was man dabei allerdings übersieht: dem eigenen Stolz ist damit vielleicht genüge getan für einen kurzen Moment - man hätte sich das Ganze aber sparen können, denn eine solche Entschuldigung kann gar nicht versöhnlich wirken. Jedes "aber" wirkt nämlich auch hier wie das sprichwörtliche Hundstrümmerl, das auf dem Lieblingseis platziert wird und jedes "Du hast doch (auch)" kommt an wie die nächste Kanonenkugel, mit welcher in eine neue Runde des Streits auf noch schlimmerem Niveau eingestiegen werden soll.

4. Das Zeigen von emotionaler Betroffenheit über die eigene Handlung:

Wenn man eingesteht, einen Fehler gemacht zu haben, dann wird das sicher auch eine emotionale Komponente haben. Denn es gibt wohl keinen Menschen, dem es Freude bereitet, andere zu demütigen und zu verletzen. Ist es dennoch passiert, so löst das Schuldgefühle aus, vielleicht sogar Scham, Wut auf sich selbst und Angst, etwas kaputt gemacht zu haben. Raus damit! Eine echte Entschuldigung lebt davon, dass mit ihr auch zum Ausdruck gebracht wird, dass das Opfer nicht die einzige Person ist, welcher es mit der gesetzten Handlung nicht gut geht. Damit wird es auch erleichtert, aus den bezogenen Bildern von Opfer und Täter beziehungsweise Täterin wieder rauszufinden auf eine Begegnung auf gleichberechtigter Augenhöhe.

5. Das Einstehen dafür, dass es das Gegenüber ist, welches ganz allein darüber entscheidet, ob die Entschuldigung auch angenommen werden kann:

zu guter Letzt ist zu beachten, dass "Entschuldigung" eine Bitte ist und kein Schlusspunkt, mit dem man einseitig das Geschehene wegwischen kann. Auch wenn man es gerne so hätten. Wenn man um etwas ersucht, so muss man selbstverständlich dem Gegenüber zugestehen, darüber zu entscheiden, ob dem Ersuchen entsprochen werden kann. Oft wird sich hier ein längeres Gespräch ergeben. Ein Gespräch, bei welchem bitte die 5 Punkte des Weges, der bis hierher beschritten wurde, konsequent weiter Beachtung finden müssen, um nicht wieder alles zunichte zu machen.

Klingt eigentlich ganz simpel, wenn eine Entschuldigung wirklich ernstgemeint ist. Ist "Sorry" vielleicht doch nicht das schwierigste Wort?

Wertschätzung

Mit der Wertschätzung verhält es sich ziemlich ähnlich – auch hier liegt der Teufel im Detail, einigen Kleinigkeiten, welche einem vielleicht niemand so recht erklärt hat. Und die doch einen Weltunterschied ausmachen bei der Person, der sie gilt.

Im allgemeinen Sprachgebrauch scheinen Respekt, Wertschätzung, Lob und Kompliment so ziemlich die gleiche Bedeutung zu haben. Im Deutschunterricht wird man daher gerne dazu angehalten, zwecks Vermeidung von Wortwiederholungen im Problemaufsatz diese Begriffe als Synonyme alternierend einzusetzen. Betrachtet man die Wirkung des Einsatzes der dahinterstehenden Bedeutungen, so stellt es einem dabei wohl genauso die Haare auf, wie es in der Juristerei etwa zu Kopfschütteln führt, wenn Besitz, Inhabung und Eigentum dieselbe Bedeutung zu geben versucht wird.

Respektist ein Sammelbegriff für eine Vielzahl von Haltungen gegenüber einer anderen Person oder auch einer Situation. Mit respektvollem Verhalten kann dabei Ehrfurcht, Angst, und Vorsicht genauso zum Ausdruck gebracht werden wie Höflichkeit, Unterwürfigkeit oder Wertschätzung. Es tut daher zwar gut, mit Respekt behandelt zu werden, doch kommt dabei meist auch eine gewisse Distanz zum Ausdruck. Dementsprechend wird Respekt auch zumeist dann abverlangt, wenn einem jemand zu Nahe getreten ist.

Lob bezieht sich meist auf eine Handlung oder das Ergebnis einer solchen, weniger auf die Person. Es wird auch immer wieder als Motivation eingesetzt, da ihm eine Steigerung des Selbstwertgefühles der Person zugeschrieben wird, welche dieses empfängt. „Das hast Du gut gemacht“ bringt dabei zwar nicht nur Kinderaugen zum Strahlen, sondern kann bei entsprechendem Einsatz auch in der Arbeitswelt positive Effekte erzielen, allerdings fehlt hier das Hervorstreichen der Beziehungsebene, um tatsächlich nachhaltige Verbesserungen selbst in angespannten Momenten wie während eines Konfliktes bewirken zu können. Auch besteht eine Tendenz zu inflationärem Gebrauch, welcher die Wirkung somit nicht nur verfehlen, sondern sogar pervertieren kann.

Das Kompliment ist etwas, das auf den ersten Blick von allen gerne gehört wird. Es wird dabei eine positiv attribuisierte Eigenschaft mit einer Person verbunden. „Du siehst toll aus.“ Wer hört das nicht gerne. Das Problem an Komplimenten ist jedoch, dass sie ähnlich wie das Lob sehr leicht ihre Wirkung verfehlen können, wenn die äußeren Umstände die empfangende Person etwa daran zweifeln lassen, ob hier ein Hintergedanke damit verfolgt wird. Das Kompliment ist etwas, das rasch zur Phrase abgewertet werden kann, insbesondere, wenn es im selben Wortlaut verschiedenen Personen gewidmet wird oder auf ein vollkommen anderes Selbstbild des angesprochenen Menschen trifft.

Wertschätzung ist mehr als eine Phrase oder eine Bewertung einer Handlung, drückt obendrein eine auf Situation und Individuum angepasste Nähe oder auch Distanz aus. Mit einer Wertschätzung wird eine Beobachtung angesprochen, ohne diese dabei zunächst zu bewerten, wird nachgefragt, wird offenbart, wie man selbst dazu fühlt und anschließend Dank ausgesprochen oder auch eine Bitte oder nachgefragt, ob Unterstützung gebraucht wird. Es wird damit das Gegenüber als Ganzes wahrgenommen und dies auch vermittelt. Wertschätzung kennt Distanz und Nähe, Wertschätzung bezieht sich nicht nur auf eine Handlung, aber auch nicht abstrakt auf die Person: in Wertschätzung ist alles verpackt, womit sie auch wesentlich leichter anzunehmen ist und zu einem konstruktiven weiteren Gesprächsverlauf beiträgt.

Abschließend sei sowohl zum Umgang mit Entschuldigungen, als auch mit Wertschätzung darauf hingewiesen, dass dies Übung braucht. Das darf auch so sein – denn wie lange hat man sich zumeist darin erprobt, festgefahrene Muster des auf ein Siegen ausgerichteten Kampfes anzuwenden? Da ist es nur verständlich, dass das nicht unbedingt von heute auf morgen klappt, diese gewaltfreien Formen des Miteinanders einzuüben. Doch es lohnt sich – und die ersten Fortschritte werden schon nach kurzer Zeit spürbar werden: Konflikte verlieren ein wenig an Schrecken, wenn man die Sicherheit hat, mit einfachen Mitteln dazu beitragen zu können, diese auf konstruktive Weise auszuleben und solchermaßen die in ihnen steckende Energie für sich zu nutzen. Konflikte haben zwei Gesichter: das des Schlachtfeldes ebenso wie jenes der Chance – welches von beiden betrachtet und genutzt wird, das liegt ein Stück weit in den Händen jedes einzelnen Menschen.

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