Claudia ist eine Frau, die mit beiden Beinen im Leben steht. Viele Höhen und auch Tiefen hat sie hinter sich gebracht. Natürlich gibt es vieles, das sie gerne ändern würde - doch wenn es mal so weit ist, dass sich die Chance darauf ergibt, tatsächlich Neuland zu betreten, schreckt sie meistens dann doch zurück: wer sagt denn, dass es dann besser wird. Im Zweifel bleibt sie lieber im bekannten Fahrwasser - auch wenn es daran einiges auszusetzen gibt.
Regelmäßig gönnt sie sich eine Auszeit. Dann packt sie das Notwendigste ein und verbringt einige Tage oder auch Wochen auf einer jener spanischen Inseln, welche nicht nur Massentourismus bieten, sondern auch einige verträumte Flecken Erde. Da kann sie dann so richtig Abstand gewinnen vom Alltagstrott - ohne dauerhafte Konsequenzen fürchten zu müssen, dass sich an ihm etwas ändert.
Heute kam es Claudia, als sie ihre Blicke in den Sonnenuntergang schweifen ließ, plötzlich in den Sinn, dass ihr Leben eigentlich voll von Widersprüchen ist. Aber, ist das nur ihr Leben, das so zerrissen scheint zwischen den Polen einander scheinbar ausschließender Gegensätze? Oder ist es vielmehr unsere Gesellschaft, in welcher sie auffallen würde, ginge es ihr nicht so?
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"Nehmen wir alleine dieses nun schon ewig präsente Thema des Flüchtlingsstroms", beginnen sich ihre Gedanken zu formen, während sie sich, zuvor die wallende blonde Haarpracht mit einer Kopfbewegung aus dem Gesicht werfend, einen Schluck des herrlichen Rotweines gönnt: Bereits in der Volksschule waren alle ganz entsetzt, als sie die Geschichte von Jesus und Maria hörten, welche in einem fremden Land von Tür zu Tür ziehen mussten, um vergebens um eine Schlafstätte zu bitten. Unerhört - wie kann man bloß so hartherzig sein. Nun, wo wieder eine größere Anzahl von Flüchtlingen erwartet wird, welche diesmal über das Mittelmeer und Italien zu uns strömen sollen, ist es allerdings sie selbst, der mulmig wird bei dem Gedanken, dass ihnen allen Asyl gewährt werden soll in ihrer Heimat. Da gehts ja gar nicht darum, dass die bei ihr in der Wohnung schlafen sollen. Und trotzdem: das geht doch nicht. Obwohl es doch eigentlich hartherzig erscheint.
"Nehmen wir doch ein anderes Beispiel", denkt Claudia weiter. Wie war denn das bei dem letzten Jahrhunderthochwasser? Da haben unzählige Menschen von jetzt auf gleich ihr Zuhause verloren - unbewohnbar weil unter Wasser und Schlammmassen versunken im besten Fall, weggerissen in den schlimmeren Fällen. Natürlich wurde diesen Menschen Quartier geboten. Und es wurde ihnen auch geholfen, ihr Zuhause möglichst bald nach dem Weichen der Wassermassen wieder bewohnbar zu bekommen. Da wäre auch niemandem eingefallen, einen von diesem Schicksalsschlag getroffenen Menschen den Unterschlupf - das Asyl, wie man auch umgangssprachlich gesagt hat - zu verweigern.
"Ha - genau. Das ist der Punkt!" Claudia ist sichtlich erleichtert, nun für sich eine Lösung für ihr Dilemma zwischen ihren Werten der Nächstenliebe und dem unwohlen Gefühl, um nichts besser zu sein als all die Menschen, die Jesus und Maria das Quartier verweigert haben, gefunden zu haben. Sie schenkt sich, mit einem Seufzer der wissenden Erleichterung, den letzten Rest des Weines ins Glas nach und nimmt gleich einen Schluck. Den Menschen, denen in ihrer Not, das Zuhause verloren zu haben, beim Hochwasser geholfen wurde, wurde ja zugleich auch Unterstützung zuteil, wieder auf die eigenen Beine zu kommen. Da ging es um vorübergehende Hilfe. das war allen von vornherein klar - uind jeder hatte auch eine Idee, wie das möglichst rasch wieder in die Normalität zurückführen konnte. Eine gute Tat quase ohne bleibende Einschränkungen - ganz im Gegenteil: man konnte sich ja immer wieder daran zurückerinnern und sich auf die Schulter klopfen für die gelebte Nächstenliebe. Bei all den Menschen, die da jetzt hierher gefluchtet sind aus weit entfernten Ländern, in welchen es ganz grausam zugeht, ist das allerdings anders: wie lange bleiben die? Für immer? Was machen die dann hier? Wieviele gehen sich eigentlich aus, wo doch jetzt schon Wohnungsmangel herrscht und die Experten hochrechnen, wieviel 10.000e Wohnungen neu gebaut werden müssten, um den Bedarf zu decken. Und wo sollen die alle arbeiten, wenn sie dann wirklich dableiben - es gibt doch jetzt schon zuwenige Arbeitsplätze. Und wie man hier als einzelner kämpfen kann dafür, dass diese Menschen wieder in ihr Zuhause zurückkönnen, wenn alles vorbei ist - ja wann ist denn das eigentlich endlich mal vorbei etwa in Afghanistan? - das ist ihr schleierhaft. Also ist sie doch kein schlechter Mensch wenn sie dafür ist, dass all die Routen, von denen da dauernd die Rede ist, geschlossen werden.
So wie Claudia geht es vielen. Man ist kein schlechter Mensch, wenn man Angst hat, dass immer mehr Menschen zu uns flüchten. Man ist aber auch kein naiver Mensch, wenn man dafür eintritt, dass den Menschen, die alles verloren haben und ihr nacktes Leben retten wollen, wobei sie die verzweifelte Herbergssuche nach Österreich geführt hat, geholfen wird. Es wäre eine Aufgabe der Politik, hier Perspektiven zu schaffen, welche es gar nicht so weit kommen lassen, dass die Menschen sich wie Claudia in einem Dilemma wiederfinden und die Gesellschaft dabei scheinbar in zwei Lager zerrissen wird. Perspektiven darauf, dass die Menschen auch in den Krisenregionen wieder Hoffnung und Befähigung erlangen, ihr Leben in ihrer Heimat zu meistern. Dass sie daran glauben, wie beim Hochwasser, dass es wieder möglich sein wird, ihr sicheres Zuhause zurückzubekommen. natürlich auch mit Hilfe. Und jenen, denen tatsächlich dauerhaft Asyl gewährt wird, muss auch wirklich menschenwürdiges Asyl gewährt werden: gemeinsam mit der Gesellschaft sind hier Bereiche zu entwickeln, in welchen die Asylanten nicht als geduldete Fremdkörper finanziert von der Allgemeinheit dahinvegetieren dürfen, sondern sich tatsächlich als Bereicherung für Österreich erweisen dürfen. Ein Beispiel könnte der Pflegebereich sein, wo für die nächsten Jahrzehnte ein enormer Personalbedarf prognostiziert wird und schon jetzt aus dem benachbarten Ausland Dienstleister angeworben werden müssen ...