Es ist also wieder einmal so weit: Österreich wärmt sich gerade wieder auf für den nächsten Gang zur Wahlurne. Während dabei die einen jammern, dass das jetzt schön langsam in Stress ausartet – man hat doch immerhin erst unlängst ein paar Mal auf die Frage antworten müssen, wer denn nun der nächste Bundespräsident werden soll – meinen die anderen: wozu eigentlich? Was soll sich denn ändern?

Dieses Mal geht es aber nicht nochmals darum, dass man jene Person wählt, welche man traditionsgemäß zu Weihnachten via Fernseher zur Bescherung ins eigenen Wohnzimmer zugeschalten bekommt, um mit vielen umständlichen Worten „Schöne Weihnachten und alles wird gut“ gewünscht zu bekommen. Ansonsten hört man vom Bundespräsidenten ja eh nicht so viel. Nein, dieses Mal werden die Personen gewählt, die für die nächsten 5 Jahre - so sie es so lange aushalten - bestimmen, wieviel Bürokratie es geben soll, was einem alles vom verdienten Euro abgenommen wird und noch viele andere Sachen.

Es geht also im Wesentlichen um die Personen, auf die man eigentlich eh ständig schimpft: weil Wohnen immer unleistbarer wird, weil die Bürokratie einen mürb macht, weil man nicht einverstanden ist mit dem Umgang mit den Asylanten, weil man die Familienpolitik ungerecht findet, weil man mit der Bildungspolitik unzufrieden ist, weil man ein mulmiges Gefühl bekommt beim Gedanken, eines Tages im Pensionsalter zu sein und es ist kein Geld mehr für Pensionen da, oder weil man Angst hat, mal selbst Bekanntschaft machen zu müssen mit der Mehrklassenmedizin… Gründe gibt es ja genug.

183 Menschen sollen gefunden werden, welche also Gesetze beschließen – und die man dann dafür verantwortlich machen kann, was alles nicht so rennt im eigenen Leben, wie man sich das wünschen würde. Wobei man sich oft des Eindruckes nicht erwehren kann, dass diese Leute in der Vergangenheit leider manchmal nicht einmal selbst genau gewusst haben, was genau sie da beschließen und welche Auswirkungen das für die einzelnen Menschen hat.

Der nun langsam anrollende Wahlkampf wird, so weiß man es als gelernter Österreicher, wieder jede Menge Versprechen liefern: mehr Sicherheit, mehr Gerechtigkeit, mehr Netto vom Brutto, …. Ach, zehn Prozent der nun erfolgenden Ankündigungen reichen wohl aus, um aus Österreich ganz sicher das nächste Schlaraffenland zu machen. Und jede der wahrwerbenden Gruppierungen hat da ein Geheimrezept, das das einzig wahre ist – und die Finanzierung ist eigentlich, anders als noch vor ein paar Monaten, für keinen ein wirkliches Problem.

Dieses Mal kann etwas anders sein: unter all jenen, die sich der Wahl stellen wollen, ist nämlich auch eine Gruppe von Menschen dabei, die sagen: wir haben kein eigenes Programm. Oha, was heißt denn das? Sind das lauter Leute, die das offen zugeben, was man bei manchen Themen von den bekannten Parteien unter vorgehaltener Hand vermutet? Nämlich dass sie es auch nicht wissen, wie es wirklich besser geht? Nein: jene Personen, die sich rund um Roland Düringer den Namen „G!lt“ gegeben haben, wollen einfach bloß darauf verzichten, die Menschen weiterhin mit aller Gewalt davon überzeugen zu wollen, weshalb die von ihnen an einem grünen Schreibtisch gebastelten Konzepte das einzig Wahre sein sollen. Geht es nach „G!lt“, so sollen die Menschen ihre Stimme am 15. Oktober 2017 nämlich nicht „abgeben“, und dann 5 Jahre darauf warten, dass sie sie wieder zurückbekommen und sich zwischendurch ärgern, was denn mit ihrer „abgegebenen Stimme“ gemacht wird. Jede Stimme für „G!lt“ soll eine Stimme dafür sein, selbst die vollen 5 Jahre mitreden zu können, also selbst mitbestimmen zu wollen, was in Gesetzen wie geregelt wird. Seine Stimme also am 15. Oktober 2017 selbst zur „gültigen Stimme“ für die gesamte kommende Legislaturperiode zu machen.

Das klingt komisch – ist aber eigentlich genau das, was lebendige Demokratie bedeuten kann: statt geheimer Verhandlungen hinter den geschlossenen Ausschusstüren des Parlaments offene Information über anstehende Projekte und die verschiedenen Möglichkeiten, damit umzugehen. Mit öffentlichen Diskussionen über die verschiedenen möglichen Auswirkungen – in einer verständlichen Sprache. Und einer anschließenden Möglichkeit, selbst darüber mitzuentscheiden, in welche Richtung die von „G!lt“ aufgestellten Menschen weiterarbeiten sollen. Dann müsste es auch keine Pressekonferenzen mehr nach einem Gesetzesbeschluss geben, in dem dieser gerechtfertigt wird. Nachteil halt: man kann sich dann nur noch über sich selbst ärgern und die Verantwortung für die Gesetze nicht mehr jemand anderem in die Schuhe schieben. Demokratie heißt nämlich auch Eigenverantwortung.

Wer diesem neuen und spannend klingenden Gedanken eine Chance geben will, muss auf seine Gemeinde gehen und dort eine Unterstützungserklärung unterschreiben und bestätigen lassen: https://www.gilt.at/wp-content/uploads/2017/06/Unterstuetzungserklaerung_SW.pdf Das heißt dann noch lange nicht, dass man sich damit auch verpflichtet, am 15. Oktober sein Kreuz bei „G!lt“ zu machen und damit in der Verlegenheit zu sein, ständig mitreden zu dürfen. Es heißt nur, dass man dafür ist, dass die Menschen darüber entscheiden dürfen, ob Österreich bereits reif ist für das, wovon eh alle schon seit Jahren reden: mehr direkte Demokratie.

Und, wie schaut´s aus: Ist Österreich schon so weit?

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