Um mit Konflikten besser umgehen zu können, gilt es zunächst einmal, das Entstehen, die Erscheinungformen und die Dynamik dahinter zu erkennen. Mit einer Artikelserie soll jenen Leserinnen und Lesern, die schon mal darunter gelitten haben, im Streit mit an sich geschätzten Menschen hängen zu bleiben, ein kleiner Einblick gegeben werden in die diesbezüglichen Erkenntnisse. Dies kann bereits helfen, sich herauszunehmen aus unangenehmen Auseinandersetzungen und wieder zum Pfad eines konstruktiven Miteinanders zurückzufinden statt sinnloser Verletzungen, die am Ende des Tages keinem helfen. Das Gefühl, nach einer heftigen Auseinandersetzung im darauf folgenden nächsten Moment der Ruhe keine Antwort auf die Frage zu haben, wozu denn die eigene Aufregung und der darauffolgende Angriff wieder gut gewesen sein sollen, wird sich vielleicht auch mit diesem Wissen nicht gänzlich vermeiden lassen. Es wird allerdings etwas leichter, die zur Versöhnung angebotene Hand bei der nächsten Begegnung nicht als eigenen Gesichtsverlust sehen zu müssen. Was man begreifen kann, lässt sich leichter in den Griff bekommen.
Nachdem in den ersten Artikeln dieser Serie ein grober Überblick gegeben wurde über das Wesen von Konflikten und das Funktionieren der dahinter steckenden Dynamik, soll nun ein Blick darauf gerichtet werden, welche Möglichkeiten es gibt, Konflikten die Giftzähne zu ziehen und statt dessen die in ihnen wohnende Energie für sich und ein konstruktives Miteinander zu nutzen. Nach der Erörterung eigener Möglichkeiten und allenfalls hilfreicher Unterstützung aus dem eigenen Freundeskreis (Nachbarschaftshilfe) sowie der in der Therapie, der Konfliktberatung und der Mediation steckenden Stärken soll nun der Blick auch auf eine etwas umstrittenere Form der Auflösung destruktiver Konfliktenergien geworfen werden, die Aufstellungsarbeit, sowie das gerichtliche Verfahren zur Entscheidung in Konflikten.
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Aufstellungsarbeit
Pete A. Sanders schreibt in seinem „Handbuch übersinnlicher Wahrnehmung“: „Viele Deiner Gefühle sind eigentlich gar nicht Deine. Es sind die Gefühle anderer Menschen, die Du aufnimmst.“ Verantwortlich gemacht werden dafür die so genannten Spiegelneuronen. Demnach sollen Menschen, auch wenn es vielen nicht bewusst ist, oftmals nicht nur mit den eigenen Gefühlen konfrontiert sein, sondern auch mit solchen jener Personen, mit welchen sie in Verbindung stehen. Damit sei erklärbar, dass Menschen im Alltag immer wieder in eine Stellvertreterrolle rutschen und sich dabei mit Emotionen beschäftigen und den daraus erwachsenden Verhaltensdruck verarbeiten, die gar nicht zu einem selbst gehören.
Vielerorts wird unter Zugrundelegung dieser Annahmen über diese Fähigkeiten des menschlichen Hirns angeboten, zur Abklärung von dynamischen Prozessen in zwischenmenschlichen Begegnungen systemische Aufstellungen durchzuführen. Die Abläufe sind hier höchst unterschiedlich und reichen von einer bloßen Abbildung der wahrgenommenen Energieflüsse innerhalb des vom Konflikt betroffenen sozialen Systems unter Einschluss auch gar nicht offensichtlich beteiligter Personen, deren energetische Einwirkungen im System aber dennoch vorhanden sind, auf Brettern mit verschiedenen Figuren oder Gebilden über die serielle Abarbeitung der energetisch wirkenden Personen im System mit der aufstellenden Person allein bis hin zu Aufstellungen mit Menschen als Energieträgern. In letzterem Fall können entweder geeignete Personen, welche sich zur Verfügung stellen und von der aufstellenden Person, welche anschließend aus einer Außenperspektive betrachtet, welche Kräfte zwischen den aufgestellten Rollen wirken und wie sich das äußert, die einzunehmenden Rollen genannt bekommen, gewählt werden oder es stellen sich dabei auch die Akteure selbst körperlich mit zur Verfügung.
Bei systemischen Aufstellungen wird oftmals ein Bewusstsein geweckt für Zusammenhänge, welche im Alltag gar nicht wahrgenommen werden und dennoch deutlich spürbar zu Tage treten: emotionale Spannungen zwischen zwei Familienmitgliedern etwa, welche auf Grund der Familienregeln nicht ausgelebt werden dürfen und den beiden infolge eines sehr ausgefeilten Schutzmechanismus in der Persönlichkeitsstruktur gar nicht mehr bewusst sind, wirken auf ein anderes Familienmitglied. Es werden durch die unbeeinflusste repräsentative Wahrnehmung der aufgestellten Personen Zusammenhänge aufgedeckt, welche ein Verständnis wecken für so manche bislang unerklärliche Komplikation im Gefüge.
Für die Deutung der Abläufe und die Kontrolle des Geschehens bedarf es einer erfahrenen Begleitperson, zumal die emotionalen Ausbrüche durchaus gravierend sein können. Es ist auch hilfreich, wenn die Aufstellungsleitung psychotherapeutische Qualifikationen besitzt, da diese in der Unterstützung der aufstellenden Person bei der Deutung und Verarbeitung der aufgezeigten Dynamiken wertvolle Dienste erweisen können.
Gericht
„Vor Gericht und auf hoher See bis Du in Gottes Hand“ wird oft und gerne zitiert, wenn jemand davon berichtet, vor der gerichtlichen Entscheidung in einem schon lange andauernden Streit zu stehen, bei dem es um viel geht. In der Tat ist es so, dass in den wenigsten Fällen nachhaltige Zufriedenheit eintritt nach der Verkündung eines Urteilsspruches – vielleicht liegt das daran, dass Recht und Gerechtigkeit zwei verschiedene Paar Schuhe sind wie bereits Rousseau erkannt hat.
Und dennoch stellt im westeuropäischen Kulturkreis die Befassung des Gerichtes und damit die Delegation der Eigenverantwortlichkeit zur Konflikttransformation an eine mit Macht ausgestattete dritte Person den Regelfall dar. Meist mit anwaltlicher Unterstützung wird der eigene Standpunkt auf unzähligen Seiten in teuren Schriftsätzen dargelegt. Da und dort ein wenig im Sinne der bereits studierten Judikatur zu ähnlich erscheinenden Sachverhalten interpretiert und ausgeschmückt – man will ja Recht bekommen und auf Nummer sicher gehen. Und dann erfolgt der Showdown, welcher sich oft über mehrere Termine erstreckt. Über Aufruf der „Rechtssache“ wird alles aufgeboten, was geeignet erscheint, einen den Gerichtssaal als Siegerin beziehungsweise Sieger wieder verlassen lassen zu können: Zeugen, eigene Beteuerungen, Urkunden wie auch facebook-Einträge, um sich selbst in einem guten und das Gegenüber in einem unglaubwürdigen Licht erscheinen zu lassen. Da wird auch schon mal überhört, wenn seitens des Gerichtsvorsitzes eindringlich gewarnt wird, dass die bezogene Rechtsposition unhaltbar sein könnte und eine vergleichsweise Einigung besser geeignet sein dürfte, den Streit beizulegen.
Dieser Weg sollte die ultima ratio sein, also erst in Betracht gezogen werden, wenn keiner der beispielhaft aufgezeigten anderen Wege mehr gangbar erscheint. Zwar wird zum vor Gericht behandelten Thema ein Urteil gesprochen, welches mit Sanktionsmöglichkeiten im Fall der Nichteinhaltung versehen ist und damit auf der Sachebene einen für die Konfliktparteien nicht mehr verhandelbaren Schlusspunkt hinter den Konfliktverlauf setzt, doch auf der emotionalen Ebene bleibt selbst im Fall des Obsiegens mit dem eigenen Standpunkt ein Manko bestehen. Ein rasches Aufflammen von Konflikten zu anderen Themen ist daher oftmals zu beobachten, was nicht weiter verwundert: wer vor Gericht zieht, befindet sich dabei selten in einer Friedensmission sondern eher auf dem Kriegspfad – und auf Kriegspfaden kommt es zwar immer wieder zu Waffenstillstandsvereinbarungen, in den seltensten Fällen aber zu haltbaren Friedensverträgen. Am deutlichsten zu erkennen ist dies in den unzähligen strittigen Obsorgeverfahren: kaum ein Gerichtsspruch schafft es dabei, tatsächlich Ruhe und Konzentration auf das Wesentliche, nämlich das Kindeswohl, in die Eltern-Kind-Beziehung zu bringen.
Im nächsten und letzten Artikel dieser Serie wird eine kurze Zusammenfassung über Konflikte und einige der verschiedenen Möglichkeiten, ihnen den Schrecken zu nehmen und sie vielmehr als Chance wahrzunehmen, angeboten. Bis dorthin: Viel Erfolg beim Auffinden von persönlichen Möglichkeiten, Konflikten die Giftzähne zu ziehen und eine beobachtete Eskalationsspirale rechtzeitig – nötigenfalls mit professioneller Hilfe – zu stoppen!