Wer kennt das nicht: Man gerät mit jemandem so richtig in die Haare. So sehr, dass nicht nur unschöne Worte fallen, sondern dass es gar nicht mehr möglich scheint, einander in die Augen zu schauen. Selbst der bloße Gedanke an den Namen des anderen oder an seine Stimme reicht, um den Blutdruck zu steigern. Und als ob das noch nicht genug wäre, passiert dies obendrein auch noch meistens mit Menschen, an denen einem eigentlich besonders viel liegt oder denen man nicht so leicht aus dem Weg gehen kann: mit einem Familienmitglied, den Nachbarn, der Kollegin oder einem Geschäftspartner. Was tun?
Im Eifer des Gefechts wird man oft blind ...
Wenngleich es unendlich viele Möglichkeiten gibt, mit solchen Situationen umzugehen, so spitzt sich solch ein Konflikt doch immer wieder auf die Frage zu: wer wird gewinnen, wer verlieren? Nachdem Verlieren niemandes Sache ist, wird daher auch rasch das Schlachtfeld bezogen mit dem festen Vorsatz, es nicht zu verlassen, ehe das Gegenüber seine Niederlage eingeräumt hat. Was dabei übersehen wird: auf dem Friedenspfad könnte mit eben demselben Kraftaufwand eine Vielzahl von Lösungen gefunden werden, welche einem zukünftigen Miteinander wesentlich zuträglicher wären. Mitunter sogar solche, die selbst die eigenen Erwartungen an einen erkämpften Sieg übertreffen.
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… wo Mediation die Augen öffnen hilft für Chancen
Mediation kann hier wertvolle Hilfestellungen geben. „Mediation“ hat dabei relativ wenig zu tun mit der bekannten Sitzhaltung mit den verschränkten Beinen. Zwar geht es auch hier ein Stück weit um Achtsamkeit, jedoch steht das eigenverantwortliche Erreichen von Zielen im friedlichen Miteinander im Vordergrund. In einer Mediation wird darauf geachtet, dass niemand zu kurz kommt: alle haben das Gefühl verdient, dass ihnen zugehört wird; alle haben Anspruch darauf, verstanden zu werden auch zu Dingen, mit denen man halt nicht einverstanden sein muss; alle haben ein Anrecht darauf, eigene Bedürfnisse zu artikulieren und zu diesen zu stehen; alle haben sich einen wertschätzenden Umgang verdient. In einer Mediation geht es darum, dass man sich selbst die Möglichkeit schenkt, Gerechtigkeit zu erfahren. Fairness nicht nach den Regeln einer Beraterin oder eines Richters – sondern nach einem gemeinsam erarbeiteten Verständnis davon, in dem sich alle Beteiligten selbst wiederfinden.
Mediation ist ein Instrument des Friedens
Mediatorinnen und Mediatoren können dabei nicht nur in Rosenkriegen im Zusammenhang mit Trennungen, in tobenden Kämpfen um die Kinder, im Nachbarschaftskonflikt, im Wirtschaftskrieg mit Geschäftspartnern oder bei gespannten Verhältnissen am Arbeitsplatz dabei helfen, dass man als vom Streit betroffener selbst Wunder wirken kann. Sie befähigen auch in größerem Rahmen zu friedenstiftenden Prozessen über alle Grenzen hinweg: in einer Hausgemeinschaft, in Ortschaften, ja sogar bis hinauf in zwischenstaatliche Beziehungen bietet der Werkzeugkoffer der Mediation bei erfahrenem Einsatz jenen Stoff, aus welchem gewinnbringender Dialog für alle Seiten entstehen kann. Zahlreichende Friedensverträge nach kriegerischen Auseinandersetzungen wie etwa der Westfälische Friede oder auch das Abkommen von Camp David als nur zwei bekanntere Beispiele gehen auf Interventionen eines Mediators zurück. Mediation befähigt auch auf dieser Ebene Kriegsparteien dazu, wieder aufeinander zuzugehen und im Schulterschluss Lösungen zu finden.
Friedensnobelpreis 2015 für Mediation
So gesehen daher gar nicht weiter verwunderlich, dass der diesjährige Friedensnobelpreis mit dem tunesischen Quartett bestehend aus dem Gewerkschaftsverband (UGTT), dem Arbeitgeberverband (UTICA), der Menschenrechtsliga (LTDH) und der Anwaltskammer an Menschen erging. Die verdienten Preisträger haben mithilfe des Gedankens der Mediation Tunesien in einer herausfordernden Situation dazu befähigt, dem Grauen eines Terrorregimes bedeutsame erste Schritte in Richtung eines friedlichen Miteinanders der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen zu entkommen. „Braucht unsere Demokratie Mediation?“ hat auch Hans-Jürgen Gaugl bereits gefragt in seinem dieses Jahr erschienenen Buch „Politische Machtspiele – Schlachtfeld oder Chance“. „Ja“ ist auch die Antwort des Nobelpreiskommittees.
Sie haben immer die Wahl
Schlachtfeld oder Chance – vor diese Wahl sind nicht nur ganze Staaten manchmal gestellt. Auch im engsten eigenen sozialen Umfeld gibt es immer wieder Situationen, in welchen man vor dieser Entscheidung steht. Mediation kann dann helfen. Auch in Österreich, Deutschland und der Schweiz gibt es bereits eine Menge hervorragend ausgebildeter Mediatorinnen und Mediatoren, die einen achtsam und wertschätzend dabei begleiten, Gerechtigkeit zu finden. Der Österreichische Bundesverband für Mediation (ÖBM), der Schweizer Dachverband für Mediation (SDM) und der Deutsche Bundesverband für Mediation e.V. (BM) können beispielsweise eine wichtige Orientierungshilfe geben, wie auch Sie im Fall des Falles sich diese Unterstützung gönnen können. Friedensnobelpreiswürdige Unterstützung für das eigene Leben.
Hans-Jürgen Gaugl ist eingetragener Mediator; mehr Informationen über Mediation finden Sie unter www.lassunsreden.at