Meine Meinung: Bekleidungsvorschriften

Die warmen Temperaturen der Sommermonate bringen nicht nur den Asphalt auf den Autobahnen zum Glühen. Auch die Gemüter vieler Menschen kochen auf und so gibt es allsommerlich wiederkehrende hitzige Debatten zu Themen, zu welchen es irgendwie unmöglich scheint, „richtige“ Antworten zu finden. Eines dieser Themen ist der Bekleidung gewidmet: nein, es geht dabei nicht primär um Mode. Ob nun große Blumenmuster wieder angesagt sind oder Pastelltöne erregt da gar nicht so sehr. Vielmehr geht es wiederkehrend darum, wieviel Haut Frau zeigen darf.

Schaltet man den Fernseher ein, so gehört es schon zum gar nicht mehr so recht realisierten Alltag im Konsum von Werbung, dass da halbnackte Menschen die Vorzüge diverser Produkte anpreisen: auch wenn es gar nicht so recht ersichtlich ist, welche Wirkung manche Produkte auf die Körperform haben sollen, so wird doch mit dem Schönheitsideal entsprechenden Körpern suggeriert, dass der Erwerb die eigene Attraktivität unmittelbar steigern wird. Kaum ein Mensch in unseren Kulturkreisen stößt sich hier an Nacktheit, im Gegenteil wird die besondere Ästhetik sogar regelmäßig prämiert. Plakate von Unterwäschemodells, welche auch abseits des Fernsehapparates gar nicht mehr wegzudenken zu sein scheinen aus unserem Alltag, werden sogar gehandelt und als besonderes Geburtstagsgeschenk weitergereicht.

Wenn also im Werbespot Frauen sich nackt unter der Dusche stehend unterhalten über die besondere Wirkung des soeben erstmals ausprobierten Duschgels, so wird das als vollkommen normal zur Kenntnis genommen. Verwunderlich, dass diese Normalität im Umgang mit nackter Haut sich jedoch schlagartig ändert, wenn es um die Bekleidung von Menschen im öffentlichen Leben geht. So hat dieser Tage etwa wieder eine Schule in Baden-Württemberg für Aufsehen gesorgt, als von ihr berichtet wurde, sie hätte die als zu aufreizend empfundene Kleidung von Schülerinnen als Veranlassung gesehen, in einem Elternbrief anzukündigen, dass zu offenherzige Kleidung - zum Beispiel bauchfreie Shirts oder Hotpants - künftig geahndet würde. Schülerinnen sollen dann zwangsweise große T-Shirts überziehen müssen. Dies sei ein Beitrag zu einem „gesunden Schulklima, in dem sich alle wohlfühlen und in dem gesellschaftliche und soziale Werte gelebt und gefördert werden“. Aha. Verkaufen daher große Modehäuser unseren sozialen Werten widersprechende Kleidung, macht die Werbeindustrie auch noch Stimmung für unserer Gesellschaft zuwiderlaufende Normalität?

Ich persönlich finde solche Bekleidungsvorschriften belämmert. Da regen sich manche Menschen einerseits auf über Kopftuch und Kaftan, weil damit zuviel verdeckt wird, und auf der anderen Seite soll Frauen nun vorgeschrieben werden, dass sie auch nicht zuviel Haut zeigen dürfen. Kann man bitte Menschen einfach das tragen lassen, was ihnen bequem erscheint und ihnen gefällt? Männern wird ja auch das Netzleiberl zur betonten Darstellung sexuell sicher auch attraktiver Oberkörpermuskeln nicht verboten oder Jeans, welche so geschnitten sind, dass sie den Po als wohlgeformt betonen und das beste Stück mächtiger erahnen lassen, als es vielleicht ist. Und es käme wohl auch niemand auf die Idee, Männern vorzuschreiben, sich hinkünftig nur noch mit Handschuhen in der Öffentlichkeit sehen zu lassen, weil von Frauen den Händen eines Mannes zufolge den einschlägigen Studien eine besondere Bedeutung bei der Bewertung von sexueller Anziehungskraft zugesprochen wird.

Zum konkreten Beispiel in einer deutschen Schule fällt mir dazu ein, dass ich in Schulen eher ein wenig investieren würde in die Persönlichkeitsentwicklung in Richtung Respekt gegenüber der Selbstbestimmtheit der Menschen als in schikanöse Verbote. Dann wäre das Aufblitzen des Busens durch übergröße Ärmelausschnitte ebensowenig ein Problem wie der durch das Stretchleiberl durchschimmernde Sixpack. Meine Meinung.

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Silvia Jelincic

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Hansjuergen Gaugl

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