Die Rolle der Massenmedien als Drehscheibe für die Information für unsere Gesellschaft darf nicht unterschätzt werden. Wer sich anschickt, einen Artikel zu gesellschaftspolitisch relevanten Themen zu schreiben und anschließend zu veröffentlichen, der sollte sich dessen bewusst sein, dass damit sehr wahrscheinlich die in den Politikwissenschaften diskutierten Möglichkeiten der „Verursacherhypothese“ und der „Verstärkerhypothese“ zur Macht des öffentlich verbreiteten Wortes von Menschen, denen von Leserinnen und Lesern Vertrauen geschenkt wird, bedient werden:

Einerseits kann es sein, dass man es schafft Bewusstsein für ein Thema zu schaffen, das ansonsten gar keine öffentliche Aufmerksamkeit erlangt hätte. Auf „Fisch und Fleisch“ fallen hier sicher zahlreiche Artikel in diese Kategorie: so wird zum Beispiel berichtet über Väter, welche in einem ohnmächtigen Kampf stehen um Anerkennung eines gleichberechtigt und gleichverpflichtet wichtigen Elternteils auch nach einer Trennung als Paar – eine in der öffentlichen Wahrnehmung kaum beachtete Perspektive auf das Familienrecht; einige geben sogar Einblick in das Leben mit Depressionen, Burn Out, Borderline oder Posttraumatischen Belastungsstörungen und die Alternativen des Umganges damit – hier wird eine für viele still betroffene Menschen unschätzbar wertvolle Anregung an das Publikum gegeben, ein immer noch tabuisiertes und mit vielen Vorurteilen behaftetes Thema in die öffentliche Wahrnehmung zu tragen. Es werden da Meinungen gemacht, wo sich Menschen vielleicht mangels persönlicher Betroffenheit noch gar keine Gedanken gemacht haben oder bislang eher in unreflektierten Vorurteilen gefangen waren.

Andererseits kann es auch sein, dass man sich in der dem journalistischen Werk zu Grund gelegten Recherche von den politischen Akteurinnen und Akteuren, aber auch von Vertreterinnen und Vertretern der Gesellschaft wie etwa NGOs und vereinzelt auch Individuen dazu einsetzen lässt, die Betroffenheit der Leserinnen und Leser von einem Thema in einer bereits bezogenen Meinung zu verstärken oder abzuschwächen. Gerade bei Themen, zu welchen parteipolitisch bereits divergierende Positionen bezogen wurden, ist dies besonders schnell passiert. Und es ist, gerade dann, wenn man das Schreiben von Artikeln nicht professionell betreibt, vielleicht sogar nur unbewusst, dass man sich da vor einen Karren spannen lässt. In diese Kategorie fallen auf „Fisch und Fleisch“ wohl all jene Beiträge, welche sich etwa mit den Themen rund um Flüchtlinge, Feminismus oder Homöopathie beschäftigen. Dazu gibt es kaum einen Leser oder eine Leserin ohne bereits gebildete Meinung. Sehr rasch wird daher die Aufmerksamkeit in emotionaler Form zwischen Zustimmung und Ablehnung, zwischen dem Drang, sich rechtzufertigen für eine andere Sicht oder auch unterstützenden Beifall zu spenden geweckt.

Auffällig ist jedenfalls, dass die Massenmedien einen sehr hohen Stellenwert in der demokratischen Struktur einnehmen: Sie sind es, aus denen die Individuen die für das Funktionieren von Demokratie so bedeutsame Information im Sinne des Anspruches auf Transparenz in kompakter und übersichtlicher Form entnehmen wollen. Und dabei auch bereit sind, großes Vertrauen zu schenken in die Verfasserinnen und Verfasser. Wie sonst wäre es erklärbar, welche Macht Medien in einer Demokratie haben – nicht weil sie es erzwingen, sondern weil sie ihnen geschenkt wird.

Medien spielen in einer Demokratie eine ganz zentrale Rolle, sind sie es doch, die Informationen verteilen und damit eine zentrale Säule der Demokratie gleichsam verwalten. Jede Journalistin und jeder Journalist – aber auch jede Bloggerin und jeder Blogger – trägt damit eine Verantwortung für das demokratische System als solches, aber auch dem einzelnen Individuum gegenüber: nicht nur die Art und Weise der Berichterstattung über aus eigenen Interessen heraus festgesetzte Themen haben Auswirkungen, sondern auch der Umstand selbst, dass berichtet wird. Manipulative oder unreflektiert provokante Motive hinter der Informationsverteilung schaden dabei nicht nur der Rolle der Massenmedien selbst, sie nehmen auch Einfluss auf gesellschaftliche Prozesse in der konfliktuellen Aushandlung entscheidender Interessen und den Legitimitätszuspruch des Individuums an die Demokratie. Berichterstattung kann bestehende Konflikte zusätzlich anheizen bis hin zu ernsthaften Schäden, sie kann allerdings auch die Konsensfähigkeit fördern; sie kann den bereits sich verbreitenden Tunnelblick verschiedener Lager auf ein und dieselbe gesellschaftliche Herausforderung verstärken oder dabei helfen, wieder verschiedene Sichtweisen zuzulassen und sich auf den Konsens auf mögliche Lösungen zu fokussieren.

Der Umgang mit dieser Macht verlangt jenen, die schreiben, wie auch jenen, die lesen und kommentieren sehr viel Verantwortungsgefühl ab. Wer schreibt sollte sich stets dessen sicher sein, welche Zielsetzung verfolgt wird und welche die möglichen Auswirkungen sind; beim Konsum von Informationen und Meinungen in öffentlich verbreiteter Form ist es nicht ungeschickt, den gewonnenen Erkenntnisgehalt stets nochmals zu hinterfragen – insbesondere dann, wenn dabei Emotionen aufkommen.

Detaillierte Überlegungen zum Zusammenspiel von Medien und Demokratie sind auch in "Politische Machtspiele - Schlachtfeld oder Chance" enthalten.

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