Wir begegnen ihr ununterbrochen – und nehmen sie oftmals gar nicht einmal mehr wirklich war: Werbung. In U-Bahnstationen auf den immer moderner werdenden Werbetafeln, entlang der Straße auf den Plakatwänden, auf Gebäuden mit sensationellen Effekten dank LED-Technolgie, im Fußballstadion … und natürlich auch im Radio und im Fernsehen. Wir werden ständig berieselt von Informationen, welche uns glauben machen sollen, das eine Produkt wäre es, welches wir unbedingt benötigen zum Glücklichsein. Es wird der Bedarf geweckt für Innovationen in Autos, welchen wir eigentlich noch nie in uns erkannt haben. Und in Supermärkten wird dann begleitet von auf die Herzfrequenz abgestimmter Musik, angenehmen Temperaturen und warmem Licht versucht daran zu erinnern, was über Werbung in unser Unterbewußtsein geschleust wurde: der Hausverstand zwingt förmlich dazu, ein wenig mehr in das Wagerl zu legen, als man eigentlich braucht; in ein Wagerl, welches in den letzten Jahrzehnten immer kleiner wurde um bei der Kassa den Eindruck zu bestärken, dass es eigentlich eh gar nicht so teuer war: zwar wieder hundert Euro hingeblättert, aber eigentlich ist ja dafür auch das Einkaufswagerl voll.

Aber begleiten Sie mich nochmals zurück zur Werbung. Die aufwändig erstellten und ausgeklügelten kurzen Filmchen im Fernsehen haben es da oftmals in sich. Und verankern sich weit besser in unserem Gedächtnis, als wir es ihnen zutrauen würden. Besonders deutlich wird das bei Kindern, welche entrüstet sind, wenn statt zur Schokolade, von welcher sie gelernt haben, dass diese ja auch Spaß mache und Überraschungen mit sich bringt, zum namenlosen Konkurrenzprodukt gegriffen wird. Macht man sich bewusst, wie prägend die gescheit verpackten Botschaften also sein können, dann wird auch deutlich, welchen Einfluss das Drehbuch zur Anpreisung einer Marke auch auf gesellschaftliche Einstellungen haben kann, die da scheinbar bloß am Rande angesprochen werden.

Wenn also Frauen regelmäßig dargestellt werden als die um Kind und Haushalt bemühten Menschen, welche vollkommen verzweifeln an der wieder mal kaputten Waschmaschine und darauf warten, erlöst zu werden von einem Mann, der nicht nur die teure Reparatur vornimmt sondern auch den offensichtlichen Rat weiß, dass es doch auch auf das richtige Waschmittel ankomme, dann wird damit auch ein Gesellschaftsbild gezeichnet über die Rollenverteilung zwischen Mann und Frau. Ebenso geeignet zur Bildung und Verstärkung von Klischees ist es, wenn in der Werbung eines Möbelhauses ein eingeschüchterter Mann gerade daran verzweifelt, dass seine Frau mit der Kettensäge alle Möbel halbiert und nur noch vom Fachpersonal des Möbelhauses mit einem Tausch des Werkzeuges gegen einen Blumenstrauß besänftigt werden kann nachdem das Inventar gegen neue Möbeln eingetauscht worden ist. Ein weiteres bezeichnendes Beispiel ist der Spot, in welchem eine Animateurin dem Kind ausmalt, wie toll der Urlaub durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme einiger Zusatzleistungen hätte werden können, wenn doch nur der richtige Veranstalter gewählt worden wäre anlässlich der Buchung – worauf das Mädchen dem Mann, der wohl den Vater darstellen soll, einen bösen Blick zuwirft und die neben diesem liegende Frau ihm sogar den nächstbesten Gegenstand an den Körper schleudert.

Ja, ganz klar: Unternehmen wollen uns klar machen, dass nur ihr Produkt das einzig wahre ist. Und dass wir dieses unbedingt brauchen – selbst wenn wir das bis jetzt noch nicht wussten und auch nach dem Kauf manchmal gar nicht so recht erkennen, wie es uns nun tatsächlich glücklicher machen könnte. Doch ist es wirklich erforderlich, anlässlich dieses Buhlens um Aufmerksamkeit unseres Unterbewusstseins Klischees von gesellschaftlichen Rollenbildern zu schaffen oder zu verstärken? So weit gehend, dass man manchmal nach Konsumation der Werbung die Marke nicht mal unbedingt mit konkreten Produkteigenschaften, sondern wesentlich deutlicher mit einem Gesellschaftsbild in Verbindung bringt, sofern nicht sogar dieses dann das einzige ist, was hängen bleibt ohne Erinnerung daran, welche Firma da doch schnell noch mal beworben wurde? Vom superintelligenten Mann, welcher alles weiß und kann, in Familienbelangen und im Haushalt aber wenig praktische Begabungen zu haben scheint; und von Frau´als einem Menschen, welcher Hausarbeit kraft Geschlecht in den Genen trägt, wie selbstverständlich eine natürliche Einheit mit den Kindern bildet, sogar gegen den Mann und Vater, und vor überzogener Gewalt nicht zurückschreckt?

Es wäre schön, wenn in Werbung die Eigenschaften des Produkts im Vordergrund stünden. Wenn es tatsächlich um Information über die Marke, zu welcher bei der nächsten Kaufentscheidung gegriffen werden soll, ginge. Die Begleitmusik der Verstärkung und Schaffung von gesellschaftlichen Rollenbildern könnte zwar durchaus eingesetzt werden, um damit verhärtete Fronten zu durchbrechen und ein Miteinander durch Wertschätzung gegenüber den Individuen zu fördern – doch dafür scheint oftmals die Motivation oder auch die Expertise zu fehlen. „Schuster, bleib bei Deinen Leisten“ fällt mir dazu ein. Meine Meinung.

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