Mitten in das morgentliche Treiben am Flughafen Zaventem in Brüssel platzte das grauenhafte Geräusch zweier Explosionen. Für Bruchteile von Sekunden folgte Stille - fragende Stille: was war es, das den ständigen Geräuschpegel aus den vielen Gesprächen, Durchsagen, den Rollen der Trolleys, der eiligen Schritte und vielen Maschinen durchbrochen hat? Was war es, das die Anrufe nach Hause, man sei gut gelandet, jäh unterbrochen hat?

Die Stille wurde rasch abgelöst durch Sirenengeheul, durch die Panikrufe von Menschen. Erste Berichte kursieren wenige Sekunden später bereits durch die Netzwerke, Sondersendungen werden ausgestrahlt um von Toten und zahlreichen Verletzten zu berichten. Bilder des beschädigten Flughafenterminals machen sich auf die Reise rund um die Welt.

Ich sitze zu Hause und mich überkommt eine Mischung aus Trauer, Wut und Dankbarkeit: dankbar bin ich dafür, nicht mehr regelmäßig nach Brüssel fliegen zu müssen. Denn: ja, ungefähr zu dieser Uhrzeit ist die Maschine immer in Brüssel gelandet, mit welcher ich angereist bin zur Verrichtung von Aufgaben in jener Stadt, welche Sitz zahlreicher europäischer Institutionen ist. Doch diese Dankbarkeit ist nur relativ schwach - Trauer und Wut sind gegenwärtiger: es kommen in mir Bilder hoch von jenem Anschlag auf den Flughafen Wien Schwechat, zu welchem sich die Erinnerungen an die blutreichen Bilder rund um einen Weihnachtsbaum in der Flughafenhalle tief in meine Erinnerungen hineingefressen haben.

Irgendetwas in mir hofft, dass es sich "nur" um Explosionen gehandelt hat infolge eines technischen Gebrechens. Doch zugleich ist mir klar, dass dies wohl eher unwahrscheinlich ist. Sehr viel eher ist davon auszugehen, dass wieder mal irgendjemand ein blutiges Zeichen setzen wollte. Wofür oder wogegen auch immer. Jener Ort, an welchem ich einst die Stofftiersammlung meiner Tochter zu Winnie Pooh vervollständigte, indem ich ihr von jeder Dienstreise eine andere Figur aus der liebevollen Geschichte Walt Disneys von einem der Flughafenshops mitnahm, wurde heute also in Schrecken, Schmerz und Trauer getränkt.

Es ist so unendlich schade, dass Orte, die ein wunderbares Beispiel der friedlichen Begegnung von Menschen aus allen Ländern dieser Welt auf engestem Raum Ziel werden kann von Anschlägen. Sind jene Menschen, die Terror verbreiten wollen, zufrieden? Zufrieden mit ihrem Werk, wenn selbst nach technischen Unfällen einer der ersten Gedanken der Angst vor einem Anschlag gilt? Es macht mich wütend, diese Angst sofort aufkommen zu spüren.

Meine Gedanken gelten jenen, welche heute in der Früh einen Menschen verloren haben. Und jenen, die mit Verletzungen und dem Schrecken davongekommen sind - einem Schreck, den sie lange mit sich herumtragen werden. Sowie jenen, die dort arbeiten müssen - auch nach diesen Explosionen, wenn wieder zum Alltag übergegangen werden soll. Und den Hilfskräften, welche auch im Anblick der Zerstörung Ordnung und Zuversicht ausstrahlen müssen - egal, wie es in ihnen zugeht.

shutterstock/CRM

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Claudia Drobny-Oertel

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Spinnchen

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