Dieser Tage ist es nahezu unmöglich, nicht daran erinnert zu werden, dass der Muttertag naht: in Radio und Fernsehen wird geworben; aus den Schaufenstern blitzen die von großen Herzen dominierten Dekorationen mit unübersehbaren Hinweisen darauf, ja nicht auf ein Muttertagsgeschenk zu vergessen; und selbst in der Wartschlange vor der Supermarktkassa, welche zu einem Slalomlauf zwischen diversen Düften und Pralinenschachteln umfunktioniert wurde, ist man nicht gefeit davor, gefragt zu werden: „Und, was machst Du heuer zu Muttertag?“.
Vielerorts bereitet man sich also mit mehr oder weniger Enthusiasmus auf diesen Tag vor: in Kindergärten wird fleißig gebastelt, in Volksschulen werden Gedichte und Lieder einstudiert. Viele Erwachsene sind genervt vom empfundenen Druck, irgendetwas kaufen zu müssen und die Telefone der Wirtshäuser laufen heiß. Wobei es die Gastronomie immer schwieriger hat, den Schwung an Gästen, bei welchem man sich für diesen einen Tag aufblasbare Räumlichkeiten wünschen würde, auch zufriedenzustellen: der klassische Schweinsbraten wird nicht mehr so geschätzt, da neben Gallendiäten nun zunehmend Unverträglichkeiten von auf den Speisekarten ausgewiesen Zutaten in den Speisen zu berücksichtigen sind. Auch die Autowaschanlagen haben nun Hochsaison – denn immerhin gilt es, der Mutter einen zumutbar sauberen Platz für den obligatorischen Ausflug ins Grüne anzubieten. Und die Friseure freuen sich, dass viele Mütter sich ebenfalls vorbereiten, indem sie etwa die am Muttertag nicht aus dem Straßenverkehr wegzudenkende weiße Haarpracht auf den Rücksitzen der Fahrzeuge in Form bringen lassen.
Mutter zu sein bedeutet weit mehr, als dieses kleine unscheinbare Wort ausdrücken kann. Es bedeutet etwa unentwegte Verbindung zu seinem Kind, welches 9 Monate in einem herangewachsen ist. Es bedeutet ständige Sorge um das Wohlergehen dieses Kindes. Mütter wissen so etwa von durchwachten Nächten nicht nur in den ersten Lebensmonaten des Kindes, sondern auch noch lange nach dem Auszug zu berichten; sie sind getragen von Stolz, wenn dem eigenen Kind etwas gelungen ist, aber auch niedergeschlagen in Verzweiflung, wenn sie spüren, dass der eigene Nachwuchs gerade nicht weiter zu wissen scheint oder Entscheidungen trifft, bei welchen man das ungute Gefühl nicht los wird aufgrund eigener Lebenserfahrung, dass da ein Weg ins Unglück beschritten wird.
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Danke!
Eigentlich daher eine nette gesellschaftliche Gepflogenheit, sich zumindest einmal im Jahr die Zeit dafür zu nehmen, „Danke“ zu sagen für so vieles, das selbstverständlich geworden zu sein scheint. Für etwas, zu dem im Alltag kaum noch Wertschätzung ausgedrückt wird.
Doch nicht immer ist die Beziehung zwischen Mutter und Kind von dieser Wärme getragen, wie sie gerne dargestellt wird in den kitschigen Werbefilmchen. In vielen Menschen löst die marktschreierische Aktivität der Wirtschaft auch schmerzhafte Gedanken aus: weil sich Mutter und Kind vielleicht verloren haben; nicht nur durch Tod – auch das Leben selbst schafft es häufig, in diese Beziehung einen Keil hineinzutreiben, der in beiden eine Lücke reißt, wo eigentlich Geborgenheit in blindem Verständnis so wichtig wäre.
Die Ursache für ein Auseinanderleben von Mutter und Kind ist leider viel zu häufig hausgemacht: oft liegt sie darin, dass einerseits eine enorme gegenseitige Erwartungshaltung da ist, andererseits viel zu wenig darüber konstruktiv gesprochen wird. Während Mütter, angetrieben durch sogar gesetzliche Bestimmungen, wonach man den Eltern mit Achtung zu begegnen hat, dazu neigen können, eine bedingungslose Übernahme von gut gemeinten Ratschlägen einzufordern, kommt dem Nachwuchs oft die ebenfalls in der Rechtsordnung verankerte unterstützende Wertschätzung für den eigenen Zugang zum Leben zu kurz. „Mein Kind ist so undankbar“, kann es so Müttern schmerzvoll entfahren im Gedanken daran, was alles möglich gewesen wäre, hätte man sich für Kinderlosigkeit entschieden – wobei zugleich das so eingeschätzte Kind sich beklagt, „null Unterstützung von Mama“ zu bekommen. Eine gefährliche Mischung – welche sogar dazu führen kann, selbst die wunderbaren gemeinsamen Momente in einem anderen Licht zu sehen.
In viel zu vielen Fällen liegt in der heutigen Zeit ein gespanntes Verhältnis zwischen Müttern und ihren Nachkommen auch in der Beziehungsgeschichte der Eltern und dem Umgang damit gegenüber dem eigenen Nachwuchs. Sagenhafte 3 Millionen Kinder und Jugendliche alleine in Österreich, Deutschland und der Schweiz geben so etwa Zeugnis darüber ab, dass es heute alles andere als selbstverständlich ist, dass Paarbeziehungen von Vater und Mutter halten müssen. Müssen sie ja auch nicht – Elternschaft allerdings schon. Und das wird leider viel zu häufig übersehen: zu viele Mütter denken, nach dem Beziehungsende zum fortan nur noch als Erzeuger bezeichneten Mann müsse von ihnen nun auch die Rolle eines Vaters mitübernommen werden. Weil es unvorstellbar erscheint, dass jemand, den man sich nicht mehr als Partner an seiner Seite vorstellen will, für die Kinder dennoch die halbe Welt ist und bleibt. Statt daran zu arbeiten, den Kindern Vater und Mutter im Alltag bestmöglich zu erhalten, werden die Heranwachsenden mit Duldung und meist sogar Unterstützung der Gesellschaft zu Schutzschild und Waffe gegen den einstmals in Liebe verbundenen Menschen missbraucht. Was Kindern schadet. Was Kinder verletzt. Was Kinder überfordert. Was in Kindern tiefe Spuren hinterlässt. Was damit über kurz oder lang auch die Beziehung zwischen Mutter und Kind abwerten kann, obgleich sie doch wahrscheinlich in der Überzeugung gehandelt hat, sich für das Kind nun vollends aufopfern zu müssen als einzige verbliebene Bezugsperson.
Möge der diesjährige Muttertag nicht nur Gelegenheit bieten, den Müttern zu danken für die unermessliche Leistung, welche sie Tag und Nacht nahezu selbstlos erbringen für ihre Kinder. Dieser Tag soll auch dazu ermuntern, sich dort, wo die Mutter-Kind-Beziehung nicht so läuft, wie man es sich wünscht, wieder ein wenig Zeit zu nehmen, um gemeinsam einen Weg zu finden, der beiden das wohltuende Gefühl von familiärer Verbundenheit schenkt. Ein Geschenk, welches weit mehr bedeutet, als all die Parfums, Gedichte und Pralinenschachteln zusammen. Muttertag möge weiters daran erinnern, dass auch Mütter Menschen sind - Menschen, denen manchmal der eigene Schmerz die Sicht auf viele schöne Seiten verstellt. Menschen, die nicht bloß Wertschätzung, sondern manchmal auch aktivere Unterstützung verdienen. Beispielsweise in Trennungssituationen, wenn es nicht so recht gelingen mag, den in Schmerz und Enttäuschung verlorenen Lebenspartner auch weiterhin als liebevollen Vater für die gemeinsamen Kinder zu sehen. Für das Kind, welches ja nicht nur ein Recht auf die Wärme und Geborgenheit der Mutter hat, sondern auch auf einen intensiven Kontakt zu seinem Vater.
In diesem Sinne: Schönen Muttertag!
Hans-Jürgen Gaugl hat als Konfliktcoach und Mediator bereits vielen Familien geholfen, wieder ein erfülltes Familienleben genießen zu können. www.lassunsreden.at