In Mediationen geht es häufig um Konflikte zwischen Eheleuten, zu welchen von diesen die Scheidung als der einzige Ausweg gesehen wird. Bei einer Scheidungsquote, also der statistischen Wahrscheinlichkeit, dass eine Ehe wieder geschieden wird, von aktuell in Österreich mehr als 40 Prozent ein Thema, welches eine Bedeutung für unsere Gesellschaft hat und somit nähere Betrachtung verdient.

Wenn die Emotionen nach Rache rufen hat der Verstand oft ausgedient

Gründe, die den Gedanken an eine Auflösung des standesamtlichen und manchmal auch kirchlichen Gelübdes attraktiv erscheinen lassen, gibt es viele: man glaubt, einander nichts mehr zu sagen zu haben, im Bett ist tote Hose angesagt, die Verlockung eines anderen Partners oder einer anderen Partnerin ist unwiderstehlich geworden - einige Beispiele, welche sehr sachlich vorgetragen werden, wenn man die Betroffenen fragt. So abgeklärt und sachlich, wie sich das anhört, geht es aber dann meist jedoch nicht zu in der Umsetzung des einmal gefassten Entschlusses. Zu tief sind die einander zugefügten Verletzungen, zu oft ist hier auch seelische oder sogar körperliche Gewalt bereits mit im Spiel, zu sehr fühlt man sich betrogen um den eigenen Lebenstraum, zu groß ist die Ungewissheit, wie denn das eigene Leben weiterlaufen wird ohne der gewohnten wirtschaftlichen und lebensgestaltenden Routine im Alltag, zu tief sitzt der Stachel des gerechten Zornes, welcher in einem den nicht zu bändigenden Drang aufkommen lässt, alles zu unternehmen, dass es dem zu verlassenden Menschen ja nicht besser ergeht nach der Trennung als einem selbst: ist die Schuld am eigenen Leid doch bei ihm zu suchen, was nach Sühne schreit, welcher man im Zweifelsfall lieber gleich selbst nachhilft.

Während einer Ehe hält sich der Staat noch nobel mit Einmischungen zurück ....

An diesem Punkt beginnt jetzt die Rechtsordnung eine bedeutende Rolle einzunehmen im weiteren Geschehen. Spannend. Denn kaum ein Ehepaar würde es sich in aufrechter Beziehung gefallen lassen, dass der Gesetzgeber einen genauen Katalog definiert, wie denn der eheliche Alltag auszusehen hat. Ja, von der Politik kommen da schon immer wieder Zwischenrufe wie die Forderung nach "Halbe-Halbe", doch eine funktionierende Ehe schafft es, sich selbst Regeln zu geben, die keiner arithmetischen Abrechnung bedürfen. Was soll es auch bringen, etwa die Gabeln mitzuzählen, welche diese Woche von wem abgewaschen wurden - und was soll bitte die Konsequenz sein, wenn da am Schluss der Rechnung rauskommt, dass von einem ein Besteck mehr gesäubert wurde? Nein, Merkmal einer guten Ehe ist die Dynamik, welche zugleich Sicherheit und Grundvertrauen spendet: Abwechslung ist hier ebenso wie Routine in einem guten Wechselspiel bei gegenseitiger Wertschätzung das Geheimrezept, welches die Partnerschaft zu einem Hort werden lässt, der gemeinsames Wachstum zulässt und fördert. Etwas, das eigentlich für alle Individuen und in jeder Lebensphase gleichsam gültig nicht in Paragraphen gegossen werden kann. Und auch nicht soll - da geht es um Privatsphäre, die jeder und jede braucht.

... um dann bei Scheidungen Gewehr bei Fuß zu stehen mit tiefen Eingriffen in die Privatsphäre

Anders aber, wie gesagt, anlässlich der Auflösung: hier ist der Staat sehr großzügig mit seinem Angebot an Einmischungen. Es wird ein von der Judikatur mitentwickelter Katalog von Scheidungsgründen angeboten mit sehr konkreten Konsequenzen, die für die andere Seite daran zu knüpfen sind. Kanonenfutter für die in einem beginnenden Rosenkrieg befindlichen Trennungswilligen mit einem scheinbar wunderbaren Begleiteffekt: man trägt ja nicht mehr selbst die Verantwortung für das weitere Geschehen und für die Konsequenzen - diese werden ja von staatlicher Gewalt verhängt auf Grundlage scheinbar neutraler Parameter. Dass die alte Weisheit, vor Gericht wie auch auf hoher See begebe man sich in Gottes Hand und könne den Ausgang des Unterfangens daher niemals voraussagen, sehr gut veranschaulicht, dass dieser Weg ein gewisses Risiko mit sich bringt, vor Gericht genau das Gegenteil von dem zu erlangen, was man als gerechte Lösung annehmen kann, schreckt weniger ab als es in vielen Fällen sogar beflügelt: da wird gestöbert in Präzedenzfällen und die Wahrheit von allen Seiten so weit verbogen, dass nur ja die andere Seite bluten muss. Eskalation in Reinkultur, bei welcher Menschen zu Marionetten ihrer eigenen Konflikte werden.

Reichen Paragraphen zum Kindeswohl, um ihren Missbrauch als Giftpfeil zu verhindern?

Besonders tragisch ist diese Eskalation, wenn auch Kinder mit im Spiel sind. Rasch werden diese dann in diesen Sog der Dynamik hineingezogen und finden sich rasch wieder im Kleid der Rolle des aufzuteilenden Vermögens oder des Giftpfeils, welcher auf den ehemals geliebten Menschen abgefeuert werden soll. Dafür, die vom Gesetzgeber gut gemeinten Definitionen von Kindeswohl mit Leben zu befüllen, ist es auf Grund der fortgeschrittenen Eskalation hier meist schon zu spät. Es wäre meistens von den beiden Parteien, als die sich Mutter und Vater nunmehr in erster Linie sehen in der Verwicklung in den Kampf um die eigene Gerechtigkeit, ebenso wie von den weder mit ausreichend Zeit, noch mit entsprechender Schulung ausgestatteten Richterinnen und Richtern zu viel verlangt, mitzuhelfen, wieder eine eigenverantwortliche Gesprächsbasis herzustellen. Dieser bedarf es allerdings, um einen Konsens überhaupt zu ermöglichen, welcher auf Verliererinnen und Verlierer verzichtet. Somit fährt der Zug in Richtung Opfern auf allen Seiten weiter.

Wege zurück zur Eigenverantwortung - weniger Staat kann mehr sein

Abgesehen von einem Appell, welcher an den Gesetzgeber zu richten ist, doch die Rolle des Staates zu hinterfragen in Richtung einer wirksameren Unterstützung von Familien in Krisenzeiten statt des bestehenden großzügigen Angebotes anlässlich und auch nach der Auflösung derselben, gilt es, in uns allen wieder das Selbstvertrauen zu stärken, dass wir es auch in schier aussichtslos erscheinenden Situationen in einem gewissen Maß selbst in der Hand haben, einen Kurs, von welchem wir erkennen, dass er uns nicht hilfreich ist bei der Erfüllung unserer Bedürfnisse, zu korrigieren: Mediationen und Krisenberatungen können dabei hervorragende Unterstützung geben, auf der einen Seite endlich einmal den Dampf der Wut, Angst und Enttäuschung abzulassen ohne damit automatisch eine weitere Eskalation zwangsläufig zu verursachen, und auf der anderen Seite das Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen. Lösungen zu einer Situation, die man nicht mehr zu ertragen glaubt, selbst zu entwickeln gemeinsam mit den anderen Betroffenen statt sie an abstrakte Paragraphen vollziehende Gerichte zu delegieren bedeutet, das eigene Lebensglück wieder in die Hand zu nehmen. Niemand als man selbst weiß schließlich, was gut für einen ist.

Dass dies funktionieren kann selbst wenn die andere Seite hier den Anschein erweckt, kein Interesse an einer außergerichtlichen Einigung zu haben, zeigen unzählige Beispiele. Eines davon sei herausgegriffen, welches von der betroffenen Person in der Entwicklung nach der Hinzunahme von Konfliktberatung in einer sehr deutlichen Wende beschrieben wird: http://rosenkrieg2014.blogspot.de.

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Silvia Jelincic

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