Die Einteilung der Welt in Gut und Böse ist ein Phänomen, welches allgegenwärtig zu sein scheint. Nicht erst seit kurzem. Wie etwa am Beispiel des Manichäismus deutlich wird, in welchem es vor nahezu 2 Jahrtausenden als unumstößlich galt, dass sich das göttliche Lichtreich und das Reich der Finsternis in absoluter Gegnerschaft gegenüberstehen, ist dies nämlich keineswegs eine Errungenschaft unserer Zeit. Was sich als roter Faden auch durch zahlreiche Hollywoodstreifen zieht, übte also immer schon eine gewisse Faszination auf die Menschen aus.
In den Kinofilmen gibt es zu Hauf jene Charaktere, welche all das verkörpern, was man zwar in sich selbst auch oft genug verspürt, wozu allerdings gesellschaftliche Übereinkunft besteht, dass es einfach nicht sein darf. Sie sind auf den ersten Blick erkennbar inszeniert und machen dem Guten das Leben schwer: meist mit dunkler Kleidung, zur Schau gestellten Lastern und ungebremster Bereitschaft, das eigene Wohl über alles zu stellen. Irgendwie sogar ein wenig sympathisch, da sie offen zu all dem stehen, was man sich nie getrauen würde, selbst auszuleben. Das solchermaßen personifizierte Böse wird dabei meist durch viele vermeintliche Annehmlichkeiten und kurzfristige Erfolge noch weiter attraktiviert, während das Gute lange den Anschein erweckt, dass ihm außer der bloßen Hoffnung auf ein gerechtes Ende der Geschichte nichts bleibt. Ebenfalls sehr sympathisch, meist etwas unbeholfen, um es den Zuseherinnen und Zusehern über deren Instinkt des Helfen wollens leichter zu machen, sich für die richtige Seite zu entscheiden. Und dabei in sich die Sehnsucht zu wecken, bitte doch wieder eine Bestätigung dafür zu erlangen, dass es sich doch auszahlt, den von der Gesellschaft als böse bewerteten inneren Trieben manchmal unter größter Kraftanstrengung zu widersagen. Und tatsächlich gewinnt dann am Ende meist natürlich das Gute: es lohnt sich also tatsächlich, all den Versuchungen zu widerstehen und seine Karten lieber auf die gesellschaftliche Konvention zu setzen.
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Der solchermaßen verbildlichte Widerstreit der einander scheinbar ausschließenden Gegensätze ist nicht nur in diesen Drehbüchern vorzufinden. Auch im Alltag spielt dieser Kampf eine Rolle: wenn etwa auf facebook die hunderttausendste Diskussion über Asylfragen ausbricht, im Freundeskreis ein Rosenkrieg um die Kinder nach einer Scheidung tobt oder zwei Fangruppen einander rivalisierender Vereine aufeinandertreffen. Durch Gesetzmäßigkeiten der Gruppendynamik angeheizt, wird sofort danach getrachtet, einander zu beweisen, was richtig ist und was falsch. Bedauerlicherweise wird durch diesen scheinbar unvermeidlichen Reflex zunächst eine Blindheit für die gemeinsamen Interessen in Kauf genommen: es wird in verbissenen Versuchen, sich selbst bei den Guten und das Gegenüber bei den Bösen einzuordnen und entsprechende Beweise zu führen, meist vollkommen auf das eigentliche Anliegen vergessen. So, wie wenn zwei Menschen über den Hunger in der Welt diskutieren und dabei übersehen, dass während sie damit beschäftigt sind, sich gegenseitig in die vorgefertigten Schubladen pressen zu wollen, unentwegt Menschen verhungern. Und paradoxer Weise sind es gerade die vermeintlich Guten, die diese Gelegenheit gerne ausnutzen, ihren abscheulichsten Phantasien freien Lauf zu lassen: es entsteht scheinbar plötzlich eine Toleranz gegenüber den vorgeblich verurteilten menschenverachtenden Äußerungen, bösem Mobbing und persönlichen Untergriffen, solange sie gegen jene Menschen geführt werden, welche zuvor als Repräsentantinnen und Repräsentanten des vermeintlich Bösen abgestempelt wurden. Der liebevolle Familienvater, welcher weithin bekannt ist dafür, immer ein offenes Ohr zu haben für seine Mitmenschen, wird wegen zu vieler kritischer Fragen zum Umgang mit den Herausforderungen der Flüchtlingswelle schlagartig darauf reduziert, unmenschlich zu sein – und freigegeben zum Shitstorm gegen die Gesamtheit seiner Person: Unmenschliches darf ja mit Unmenschlichkeit bekämpft werden, so scheint das Motto jener, die sich zusammenscharen auf der Seite des Guten. Dass dabei vielleicht Menschen Unrecht im Namen der Gerechtigkeit zugefügt wird – unter Umständen sogar bis hin zur Konsequenz, dass damit alle die guten Seiten an ihnen abgeschwächt werden oder gar verloren gehen –, ja das wird leider ausgeblendet. Oder sogar als Bestätigung gesehen: wusste man es doch, dass dieser Mensch von Grund auf böse ist.
Nein, es war also kein Ausnahmefall der Geschichte, dass in Kreuzzügen im Namen der gepredigten Nächstenliebe Menschen zu Hauf aus ihrer Heimat vertrieben und dahingemetzelt wurden. Auch die Gegenwart ist bei näherem Hinsehen davon geprägt – vielleicht sogar noch wesentlich allgegenwärtiger. Romantisch wie in den beliebten Hollywoodfilmen, geht’s dabei allerdings meist in den seltensten Fällen zu: die Realität hält sich da nämlich an keine Drehbücher, in denen ein Happy End Pflicht zu sein scheint.
Vielleicht könnte man bei der nächsten Versuchung, im Namen des Guten die Keule des Hasses auszupacken, sich die Zeit nehmen, um ein wenig zu differenzieren: ist es nötig, das Gegenüber zu verurteilen, ihm die Individualität abzusprechen oder gibt es doch Wege, beim Thema zu bleiben? Auch auf die Gefahr, dann erkennen zu müssen, dass der Regenbogen nur deshalb so prächtig erscheint, weil die Welt nicht nur aus schwarz und weiß besteht. Ich würde es mir wünschen und sehe darin sogar einen Schlüssel zu dem, was weithin als erstrebenswert gilt: ein friedliches und wertschätzendes Miteinander.