In einem österreichischen Bezirk rauscht es gerade wieder durch den medialen Blätterwald: in einem Gemeinderat hat es doch tatsächlich unüberhörbare Stimmen gegeben, dass die Bürgerinnen und Bürger zu einem Projekt, welches eigentlich durchgewunken hätte werden sollen, lieber nochmals eingeladen werden sollten, mitzuwirken. Es sei immerhin ihr Lebensumfeld, über welches da nicht in Amtssuben am Reißbrett entschieden werden sollte. Auch wenn vielleicht formal gesehen alle Verfahren formvollendet absolviert wurden.
Entrüstungsstürme derjenigen Verantwortlichen, welche sich schon am Foto für den Spatenstich gesehen haben, sind da natürlich vorprogrammiert. Die klassische Herabwürdigung, das sei doch bloß ein Heischen um Aufmerksamkeit, darf natürlich nicht ausbleiben: die Bürgerinnen und Bürger, welche es interessiert, hätten ja eh alle Informationen bekommen: vorschriftsgemäß ist alles in den Amtssuben während den Öffnungszeiten aufgelegen und auch ein Lauschen während der öffentlichen Gemeinderatssitzungen sei doch jederzeit möglich. Sogar barrierefrei sei der Weg in das Amtsgebäude, wie betont wird.
Wie geht es nun den Bürgerinnen und Bürgern, welche direkt betroffen sind von diesem Projekt: die einen haben ohnehin schon lange resigniert, weil sie gelernt haben, dass es bloß ihrem Blutdruck schadet, sich gegen irgendwelche Pläne auszulehnen. Als "gelernte Österreicherinnen und Österreicher" bezeichnen sie sich oft - mit einem Seufzer. Es mache doch eh keinen Sinn, wenn "die da oben" etwas umsetzen wollen. Andere steigen mit ein in den Ring, die Argumente jener Seite bei jeder Gelegenheit wiederholend, welcher sie sich aus irgendeinem Grund verpflichtet fühlen. Vielleicht kommt es dabei sogar zu einem Showdown in Demonstrationen und Gegendemonstrationen.
Wieso ist das eigentlich in unserer Demokratie offenbar so unüblich, dass mal die von einem Projekt betroffenen Menschen wirklich aktiv einbezogen werden? Dass sie eingeladen werden - und zwar nicht nur formal - ihre Wünsche, Ängste und Bedürfnisse im Dialog mit anderen einzubringen und dann gemeinsam nach Möglichkeiten zu suchen. Ist es die Angst davor, dass damit Macht verloren würde? Denen, die das so sehen, sei ins Stammbuch geschrieben: Macht bekommst Du geliehen, indem Du Menschen zuhörst und sie begleitest, Lösungen für sich zu entdecken. Alles andere ist kein Zeichen von Macht, sondern vielmehr gewaltbasiert. Und das ist alles andere als demokratisch - auch wenn es das formale Deckmäntelchen von durch Wahlen in der Zusammensetzung bestimmte Gremien bekommt.
Für unsere Demokratie wünsche ich mir, dass dieses Raunen durch den medialen Blätterwald nur noch im umgekehrten Fall geht - wenn nämlich in Amtsstuben entschieden werden soll, was in Gesprächen und Versammlungen mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern erarbeitet gehört. Natürlich auch barrierefrei - aber nicht bloß baulich, auch in der Haltung.