Pondoro Game Lodge http://www.ast-reisen.de/galerie/images/pondoro-game-lodge-wildlife-leopard-baum.jpg

Vor kurzem habe ich mir ein YouTube-Video angesehen zu dem Thema, wieso so viele Menschen schlecht in Mathematik sind.

Der amerikanische Astrophysiker Neil deGrasse Tyson und der britischer Evolutionsbiologe Richard Dawkins diskutieren darin über diese Frage und kommen zu dem Schluss, dass es vermutlich damit zu tun hat, dass Menschen prinzipiell eher auf Unlogik programmiert sind als auf Logik.

Als ein Beispiel für diese These wurde folgendes Situation genannt: Wenn ein Urmensch unter einem Baum vorbeiging und es im Baum raschelte, konnte es sich bei dem Verursacher des Geräusches möglicherweise um einen Leoparden handeln, der dabei war ihn anzuspringen und zu fressen. Viel wahrscheinlicher war es natürlich – zu einem viel höheren Prozentsatz, einem geradezu astronomisch höheren sogar –, dass es einfach nur der Wind war, der die Blätter zum Rascheln gebracht hatte. Aber es hätte auch ein Leopard sein können! Wie unwahrscheinlich auch immer. Daher fürchtete sich der Urmensch automatisch vor dem Rascheln und wechselte sofort in den Alarmmodus.

Denn, auch wenn es in 9.999 Fällen der Wind ist, es genügt der eine Fall unter 10.000 und der Leopard attackiert und man ist tot.

Asylsuchende, Moslems, Rumänen

So ähnlich funktioniert das heute mit dem Alarmismus in der Politik. Insbesondere rechte Populisten, aber nicht nur die, machen gerne mit Horrorszenarien Politik. Und agieren dabei gerne mit vollkommen irrationaler, absurder, aber auf den ersten Blick sinnvoll erscheinender Logik. Diese Logik behauptet etwa, ja, es ist vielleicht nur einer von 10.000 Asylsuchenden, der ein Verbrechen begeht, aber hätten wir gar keine Asylsuchenden, könnten sie auch gar keine Verbrechen begehen! Ja, es ist vielleicht nur einer unter (viel mehr als) 10.000 Moslems, der ein Islamist ist, aber hätten wir gar keine Moslems hier, gäbe es gar keine Islamisten bei uns! Ja, es ist vielleicht nur einer von 10.000 Rumänen, der bei uns als Einbrecher werkt, aber hätten wir gar keine Rumänen hier, gäbe alle diese Einbrüche nicht!

Diese Logik, wenn man sie so nennen mag, wird ständig angewandt. Auf alle unliebsamen Themen. Immer mit der selben Masche: Ja, es ist extrem unwahrscheinlich, aber es könnte passieren oder passiert extrem selten, also müssen wir uns völlig übertrieben dagegen wappnen, uns völlig überzogen davor fürchten und mit völlig unverhältnismäßigen Mitteln gegen die vermeintliche Bedrohung (in Form anderer, mehrheitlich harmloser Menschen) vorgehen!

Autofahrer, Drogensüchtige, Alkoholkonsumenten

Dabei verschiebt sich diese Wahrnehmung sofort, wenn es um unsere eigene Bequemlichkeit, um unsere eigenen Vorlieben geht. Wie sattsam bekannt, ist es viel gefährlicher Auto zu fahren oder auf Straßen zu gehen, wo Autos fahren, als alle anderen bereits genannten Bedrohungen zusammen. Aber bleiben wir in der Diktion mit den 10.000er-Vergleichen: Ein Argument wie – ja, es ist vielleicht nur einer unter 10.000 Autofahrern, der einen tödlichen Unfall verursacht, würden wir aber allen Leuten das Autofahren verbieten, gäbe es gar keine Autounfälle – zieht interessanterweise nicht. Und bevor da Einwände kommen: die Argumentation des letzten Beispiels unterscheidet sich in nichts von der oberen. Es kommt halt immer auf das eigene Leben, auf die eigene Wahrnehmung an.

Ein anderes Beispiel: Wenn man sagen würde – ja, es ist vielleicht nur einer unter 10.000 Drogensüchtigen, der daran stirbt oder aus Drogensucht ein Verbrechen begeht, daher sollte man alle Drogen verbieten und alle Drogensüchtigen einsperren, dann gäbe es das alles gar nicht –, hätte man wohl sofort die Mehrheit hinter sich. Würde man aber sagen – ja, es ist vielleicht nur einer unter 10.000 Alkohol trinkenden Menschen, der daran stirbt oder aufgrund seines Alkoholkonsums ein Verbrechen begeht, daher... – würde man wohl niemanden finden, der deswegen für ein totales Alkoholverbot eintritt. Und wieder ist die Stichhaltigkeit der Argumentation deckungsgleich!

Ebenso hätte der Urmensch, hätte er eine Säge gehabt, vielleicht aus irrationaler Angst versucht 10.000 Bäume zu fällen, um eine mögliche Leopardenattacke zu verhindern. Glücklicherweise hatten Urmenschen keine Sägen, sonst wäre die Welt heute vermutlich kahlgeschlägert.

Unausrottbarer Irrationalismus?

Dennoch lässt sich dieser Irrationalismus der meisten Menschen auch heute kaum durch Fakten oder Zahlen beseitigen. Es ist eben eine Urangst vor noch so unwahrscheinlichen Gefahren, leicht hervorzurufen, leicht zu manipulieren und vermutlich genetisch aufgeprägt. Daran kann wohl leider auch Bildung und Erziehung nicht so viel ändern.

Aber es wäre zumindest gut und verantwortungsvoll, Menschen immer wieder darauf hinzuweisen, dass sie diesen Irrationalismus leben, dass sie sich irrational verhalten. Beziehungsweise wäre es gut, ab und zu innezuhalten und uns alle selbst an der Nase zu nehmen und uns bewusst zu machen, dass wir oft irrational denken, dass wir uns oft von irrationalen Ängsten leiten lassen – beziehungsweise von Menschen, die diese rationalen Ängste verbreiten und ausnützen.

Das wäre immerhin einen Ansatz.

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robby

robby bewertete diesen Eintrag 27.11.2016 22:07:59

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