Lederwaren wie Schuhe, Handtaschen, Sofas oder Autobezüge – sie alle werden aus den Häuten von Kühen, Ziegen, Schweinen und anderen Tieren bis hin zu exotischen Schlangen oder Rochen gefertigt. Doch die Produktion von Leder ist nicht nur dafür verantwortlich, dass Tiere leiden und qualvoll sterben. Aufgrund von intensiven chemischen Gerbverfahren stellt die Lederindustrie in Billiglohnländern zudem eine große Gefahr für Menschen und die Umwelt dar und setzt selbst Verbraucher in Deutschland erheblichen Gesundheitsrisiken aus.

Giftige Ledergerbung im Ausland

Bei über 90 Prozent der weltweiten Ledergerbung werden Chrom III-Salze eingesetzt. Aus Kostengründen erfolgt die Lederherstellung meist in Schwellen- und Billiglohnländern wie Indien, China oder Bangladesch. Arbeits- und Umweltschutzgesetze stehen in diesen Ländern höchstens auf dem Papier. Mundschutz und Arbeitsbekleidung für die Menschen oder Kläranlagen für den giftigen Gerbschlamm und Abwässer gibt es zumeist nicht. Gemeinsam mit Manfred Karremann dokumentierte PETA bereits 1999, wie Gerbereiarbeiter in Indien knietief in Chromlaugen stehen, deren Dämpfe schwere Lungenschäden hervorrufen können.

Aktuelle Videoaufnahmen von 2013 aus Gerbereien in Dhaka (Bangladesch) sind mit den früheren Rechercheergebnissen fast identisch. Sie zeigen erneut Kinder, die ihren Müttern beim Einsammeln und Sortieren der getrockneten Häute helfen. Tausende Menschen im Elendsviertel Hazaribagh leiden unter chronischen Hautausschlägen und entwickeln Krebsleiden. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO werden über 90 Prozent der Gerbereiarbeiter bereits vor ihrem 50. Lebensjahr sterben.Giftiger Gerbschlamm aus Tierhaaren, Schwermetallen und Chromsalzen wird ungefiltert in den Fluss geleitet. Pro Tag sollen es 21.000 Kubikmeter dieser giftigen Brühe sein – das entspricht dem Inhalt von 140 Badewannen! Die Schadstoffe sickern in den Boden und verseuchen das Grundwasser. Fische, Säugetiere und alles Leben im und am Fluss sterben langfristig an Vergiftungen. Nicht umsonst zählt das New Yorker Blacksmith Institute die Ledergerbung zu den Top 10 der giftigsten Industrien weltweit.

Krebserregendes Chrom VI

Da beim Gerben von Leder Chrom III-Salze eingesetzt werden, kann es durch billige und unsachgemäße Produktionsmethoden zur Entstehung von Chrom VI kommen. Chrom VI ist ein häufiges Allergen, das sich durch Oxidation selbst noch lange nach dem Kauf von Lederschuhen bilden und bei Menschen zu schweren chronischen Hautausschlägen führen kann. In Deutschland leiden bereits über eine halbe Millionen Menschen unter einer Chrom-VI-Sensibilisierung.

Im Rahmen von Untersuchungen, die das Bundesamt für Verbraucherschutz 2009 auswertete, waren von insgesamt 588 Proben auf Chrom VI in Lederprodukten 250 Proben positiv – das entspricht 42,5 Prozent! Besonders häufige und hohe Konzentrationen des Allergens fanden die Chemiker in Schuhen, Handschuhen und Arbeitsbekleidung. Besonders kritisch ist der langfristige direkte Hautkontakt, wie etwa bei Ledersandalen, Ballerinas oder Lederhandschuhen. Chrom VI kann über den Schweiß selbst durch Socken und Strümpfe auf die Haut gelangen und schwere Hautekzeme verursachen. Jedes dritte Lederprodukt überschritt bei den Untersuchungen den gesetzlichen Grenzwert von 3 mg/kg und dürfte somit im Handel gar nicht verkauft werden. Auch RAPEX, das Schnellwarnsystem der EU für den Verbraucherschutz, meldet regelmäßig Lederschuhe mit gefährlich hohen Chrom VI-Konzentrationen. Angesichts der Abermillionen von Lederschuhen, die der Handel anbietet, reichen die wenigen Stichproben der zuständigen Bundesländer jedoch bei Weitem nicht aus, um das Allergen flächendeckend aufzuzeigen und die Vielzahl an belasteten Produkten aus dem Verkehr zu ziehen.Obgleich Verbraucherschützer seit Jahren vor der Gesundheitsgefahr durch Chrom VI warnen, hat sich die Situation bis heute nicht verbessert. So fand die Zeitschrift Ökotest auch im Oktober 2013 wieder Chrom VI in 6 von 10 Baby-Krabbelschuhen. Auch die Stiftung Warentest entdeckte im Juli 2013 in jedem fünften Kinderschuh Chrom VI.

Von wegen ‚Naturprodukt‘

Bei der Gerbung, Füllung und Färbung von Leder fällt häufig das als „krebserregend“ eingestufte Formaldehyd an. Obgleich Labortests mit Lederschuhen nachweisen, dass die Grenzwerte von Gütesiegeln, wie beispielsweise Öko-Tex mit 20 mg/kg, häufig weit überschritten werden, gibt es bislang keine verbindliche gesetzliche Regelung. Bei längerem direktem Hautkontakt mit belasteten Produkten besteht jedoch ein ernsthaftes Gesundheitsrisiko für den Verbraucher. Importierten Lederprodukten, insbesondere Schuhen und Möbeln, wird das Biozid Dimethylfumarat (DMF) als Konservierungsmittel in kleinen „Säckchen“ beigelegt, um die Produkte vor Schimmelbildung zu schützen. Da DMF zu schweren Hautreaktionen und Atembeschwerden führen kann, wurde es in der EU verboten. Dennoch müssen Hersteller immer noch mit DMF belastete Schuhe zurückrufen. Bei der Konservierung von Leder werden häufig hautreizende Chlorkresole oder Isothiazolinone eingesetzt, die ebenfalls Allergien auslösen können. Aufgrund der stark chemiebelasteten Produktion von Leder, wie sie etwa in Bangladesch routinemäßig erfolgt, stellt die Nutzung von Lederprodukten für den Verbraucher letztlich ein hohes gesundheitliches Risiko dar.

Was Sie tun können

Entscheiden Sie sich für Produkte aus Kunstleder oder synthetischen Textilstoffen wie Nylon, Canvas oder Mesh. Diese Materialien sind nicht nur preiswerter und pflegeleichter als Leder, sondern überzeugen in der Produktion auch mit einer besseren Ökobilanz als Rohstoffe aus der globalen Intensivtierhaltung. Moderne Mikrofasergewebe und Gore-Tex-Produkte sind zudem extrem atmungsaktiv und belastbar.

(Foto: Karremann/PETA)

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