Die EU-Kommission möchte die Kernenergie als „nachhaltig“ einstufen. Die Brüsseler Behörde legt in einer sogenannten „Taxonomie“ fest, welche wirtschaftlichen Aktivitäten klima- und umweltfreundlich sind und welche nicht. Das ist also der wahre „Green Deal“, den Ursula von der Leyen meint. Bis 2050 sollen die Netto-Emissionen auf null runtergefahren werden.
Macron brennt für Kernkraftwerke
Der französische Docht brennt bereits für dieses Vorhaben. Kein Wunder, denn in Frankreich gibt es fast so viele Kernkraftwerke wie Käsespezialitäten. Angela Merkel ist seit Fukushima das Plutonium in den Adern gefroren. Seitdem heißt es: Wir schaffen das auch ohne Kernkraftwerke. Anfang Dezember wird in Brüssel abgestimmt. Die Gegner sind jetzt schon unterlegen: Deutschland, Österreich, Luxemburg, Dänemark und Portugal – zu wenig. Eine Blockade ist damit nicht mehr möglich.
Deutschland im Dilemma?
Emmanuel Macrons Argument: Atomenergie ist CO₂-neutral. Ende 2022 sind bei uns die restlichen sechs Kernkraftwerke abgeschaltet. Bis Deutschland „Grüne Energie“ (Klimaneutrales Gas) in ausreichender Menge bereitstellen kann, ist es vielleicht schon zu spät, um bis 2050 klimaneutral zu sein. Wasserstoff und synthetisches Erdgas sind momentan noch zu teuer. Von den Genehmigungsverfahren mal ganz abgesehen. Wie kommen wir aus diesem Dilemma raus? Und auch nicht ganz unwichtig: wie erklär ich es meinen Kindern, uns, den Endverbrauchten?
Boulder-Wettbewerb am Kühlturm
Um es vorweg zu sagen: Wir stecken überhaupt in keinem Dilemma. Alles ist nur eine Frage des richtigen Marketings. Außerdem ist Angela nicht mehr im Amt, also neues Spiel, neues Glück. Dann bauen wir eben wieder neue Kernkraftwerke. Natürlich nicht die großen Ottos, die Angst machen, nein kleinere, die sich harmonisch in die Landschaft einfügen, sodass sie nicht auffallen.
Kühlturm mit Öko-Biofarbe
Die neuen, kleineren Reaktoren sind kaum höher als Baumwipfel. Damit sie sich das Nachhaltigkeits-Label verdienen, werden die Kühltürme grün angestrichen. Mit ökologischer Biofarbe, auch für Allergiker geeignet. Vielleicht können an den Außenwänden der Mini-Kühltürme sogar Boulder-Wettbewerbe stattfinden. Ein Freizeitspaß für die ganze Familie.
Nachhaltig, aber richtig!
Nein, nein, Kernkraftwerke sind extrem nachhaltig. Das ist bewiesen. Als 1986 ein Reaktor des Atomkraftwerkes in Tschernobyl explodierte, zog die radioaktive Wolke bis nach Deutschland. Das radioaktive Cäsium-137 ist erst nach 300 Jahren nicht mehr nachweisbar. Ist das etwa nicht nachhaltig?
Akademik Lomonossow
Zurück zu den kleinen Kernkraftwerken. Aktuell sind erst wenige kleine modulare Reaktoren in Betrieb. Zwei davon befinden sich auf dem russischen Schiff «Akademik Lomonossow», das vor der russischen Nordostküste vor Anker liegt und die Hafenstadt Pewek mit Strom versorgt. Von kleinen modularen Reaktoren spricht man, wenn die elektrische Nennleistung zwischen 10 und 300 Megawatt liegt. Letzteres würde genügen, um eine Stadt wie Zürich mit Strom zu versorgen. Das ist wenig im Vergleich zu den 1500 Megawatt und mehr, die heute für große Kernkraftwerke typisch sind.
Der Osten holt auf
Im Grunde genommen gibt es nur Vorteile, sollte Deutschland sich entschließen, kleine Kernkraftwerke zu bauen. Kleinere Reaktoren sind wesentlich sicherer als Giga-Kernkraftwerke alter Bauart. In der Bevölkerung könnten die kleinen modularen Reaktoren auf breiter Basis für größere Akzeptanz sorgen. Gerade die östlichen Bundesländer würden profitieren. Neue Arbeitsplätze entstünden. Die kleinen Atommeiler ließen sich problemlos in die wunderschönen Landschaften wie zum Beispiel im Erzgebirge, dem Oderbruch, der Mecklenburgischen Seenplatte oder dem Spreewald verbauen.
Vom Atommeiler zum Atomweiher
Natürlich gibt es auch im Westen märchenhafte Gegenden, in denen sich kleine Reaktoren prima unterbringen lassen. Denken wir nur an den Odenwald, den Hunsrück, Teutoburger Wald, das Erdinger Moos oder die fränkische Alb. Mit einem strahlenden Öko-Anstrich Ultraökogreen werden die Atommeiler sogar für die Tourismusbranche zum wichtigen Wachstumsimpulsgeber. Und überhaupt: Der Begriff Atommeiler ist negativ besetzt. Nennen wir ihn einfach um, in Atomweiher. Das klingt nach Fröschen und Grillenzirpen. Damit die Kultur zu ihrem Recht kommt, spielt zu jeder Reaktorneueröffnung die britische Band Atomic Kitten auf.
jplenio/pixabay https://pixabay.com/de/photos/k%c3%bchlt%c3%bcrme-industrie-abend-wiese-4196924/