Auch in Amerika plagt Verlust an Glaubwürdigkeit, Leserschaft und Autorität die großen Zeitungen und Fernsehsender. Sie alle treten die Flucht nach vorne an und versuchen, den letzten Rest ihres Publikums für geringe Münze für dumm und flussabwärts an die parasitäre Elite zu verkaufen. Die Internet-Giganten - Facebook, Google und Twitter - sind wenig besser, wenn es um Glorifizierung von Handelsabkommen, Heuchelei und busenmarxistisches Gefrömmel geht, denn auch diese Unternehmen müssen sich nach ihren Inserenten richten -- für Profit, versteht sich. Sie alle sind Medien für Massenmenschen, zur Hypnose der Öffentlichkeit, von den Bütteln der Geldbestien.
Inzwischen ist der böse Teil des Internet, das Internet der Hasser, der Besserwisser, der Trolle und Zyniker, das Internet der geschmacklosen Schimpfer und Spötter, der entfesselten Hacker und Leaker, zu einer neuartigen politischen Kraft geworden, die bisher keiner ernst nehmen wollte. Bisher gab es auch keinen Grund das zu tun. Jedoch...
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2016 wird sich die Online-Meute der Shit-Poster zum ersten Mal ihrer Macht bewusst
Barack Obama und Ron Paul gelten seit 2008 als erfolgreiche Internet-Politiker, weil sie per Twitter und Facebook riesige Gefolge aufbauen konnten, Twitter und Facebook für Spenden und Weitersagen organisieren konnten. 2016 gibt es neue Kandidaten und ein neues Spiel. Die Anhänger von Donald Trump haben sich ohne Führung lose organisiert und machen ihre eigene Form von Öffentlichkeitsarbeit. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass sich die Online-Phantome gegen alle System-Propaganda durchsetzen werden. Der Verfasser findet das milliardenschwere Frisur-Mannequin Donald Trump ebenso scheiße wie die Kriegsfurie Hillary Clinton, würde sich aber über einen Sieg des Baulöwen und Reality Startlets Trump sehr freuen. Im Gegensatz zu Massenmedien und Facebook sind die Trolle, Hacker, Hater und Leaker Freunde des Verfassers.
Wie konnte ausgerechnet ein Multimilliardär und Lustgreis zum Führer gegen die unhaltbaren Zustände des Establishments werden? Für die Erklärung muss der Verfasser etwas weiter ausholen. Trump wird von einem tonangebenden Teil des Internet als Gott verehrt. Und das ist wörtlich zu verstehen.
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Am entfesselten Internet ohne Erwachsenenaufsicht machen 2016 nicht die größten Autoritäten und die frommsten Bademeister Politik, sondern die herzlosesten Schmähtandler und geschmacklosesten Polemiker. 2016 ist die politische Debatte wie ein verrückter Schulunterricht, bei dem die Lehrer keine andere Funktion mehr haben als die der Zielscheibe für Stanniolknödel, Spucke und Flötzröhrln. Die Aufmerksamkeit der Teilnehmer am Diskurs gilt nicht den Verlautbarungen und Erlässen der Promis auf den Kanzeln, sondern mehr den eigenen Bonmots, Karikaturen und obszönen Schüttelreimen. Die offizielle, ernste Seite gibt immer noch Noten, spielt jedoch die untergeordnete Rolle von Stichwortgebern. Mehr Applaus gibt es für jene im Publikum, die am gehässigsten sagen: "Hihi, schaut euch die an". Wem das nicht gefällt, sollte auf einen anderen Planeten auswandern, denn so sieht die Politik der Zukunft aus, nur noch ärger -- mehr Hass, mehr Spott, mehr Beleidigung, mehr Verleumdung, mehr Kränkung und mehr Leaks, Leaks, Leaks! Die "Leitmedien" sind Tote auf Urlaub, Zombies der Vergangenheit, die nur noch durch ihre eigenen Allüren am Leben gehalten werden. Die Alternative sieht durch das Prisma des 20. Jahrhunderts ein wenig seltsam aus.
Okkulte Hater
Nach der Lehre der (großen) Eso-Fraktion im finsteren Teil des Internet, darunter zahlreiche Satanisten, Dämonen-Beschwörer, Psychedelik-Freaks und Sex-Magier, kann man durch verzauberte Symbole, durch magische Kunst und entsprechend sinnvoll konstruierte Sprüche und Rituale auf die Realität einwirken. Das funktionierte schon im alten Ägypten mit analogen Mitteln sehr gut, so die Überlieferung, bekommt aber durch die enorme Bewusstseinsverstärkung des Internet deutlich mehr Durchschlagskraft. Um so mehr Leute ein bestimmtes Ritual vollführen, beispielsweise, um Hillary Krankheit und Versagen anzuhexen, um so schneller werden diese Ziele Realität. Es ist das Spiegelbild des positiven Denkens -- eben umgekehrt und mit Hilfe des Internet auf kontinentale Maßstäbe vergrößert.
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Bild: Pepe der Frosch
Ein besonderer okkulter Fetisch dieser weltweiten Subkultur ist Pepe der Frosch, der sein Leben als platonische Comic-Figur begann und zu einer beliebten Illustration von Online-Geschmacksurteilen und Foren-Kommentaren wurde. Pepe wird gerne kopiert, modifiziert, ironisch und unironisch, nur so zum Spaß oder um auch dabei zu sein. Ungefähr zur Zeit der Pepe-Entstehung wechselte der innere Kreis der zentralen Internet-Kloake 4chan vom plebejischen "LOL" (Anerkennung für witzige Äußerungen in Schrift und Bild) zum verschwörerischen "KEK", was die gleiche Bedeutung hat, jedoch den Vorzug, dass sich damit Insider einander zu erkennen geben, die sich über den braven Pöbel der Facebook-, Reddit- und Twitter-Normalverbraucher erhaben fühlen.
Der Zufall wollte es, dass "Kek" der Name eines ägyptischen Froschgottes ist, des Gottes des Chaos und der Finsternis, der das Licht bringt -- ähnlich wie Luzifer, was besonders die Satanisten am Internet betörte. Als dann ein Vifzack ermittelte, dass die Hieroglyphe für Froschgott Kek ein ägyptisches Maxel ist, welches auf den Computer-Monitor vor sich starrt, war im Milieu völlig klar: Pepe der Frosch ist der Gott des Chaos -- jetzt am Internet! Durch das Internet!
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Für Okkultisten gibt es keine Zufälle, bloß "Synchronizität", die von C.G. Jung erfunden wurde, um der Astrologie eine logische Grundlage zu verschaffen. Mit Donald Trump hatte Pepe-Kek vorerst nur insofern zu tun, als dass den meisten Online-Okkultisten Hillary zuwider war. Es war Hillary Clinton, die offenbarte, dass Donald Trump nichts anderes ist als die Reinkarnation des Lichtbringers, des Froschgottes Kek. Und das kam so.
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Heil Kek! Trump ist Kek!
Hillary unterhielt bis August eine Organisation von bezahlten Internet-Aktivisten namens Correct The Record, um auf Social Media Stimmung für ihre Person zu machen und Vorwürfen wie Betrug, Unterschlagung und der Kompromittierung wegen geleakter E-Mails entgegenzutreten. Das funktionierte nicht besonders gut, weil die paar hundert schlecht bezahlten Hanseln ("Shills" ) mehr Dienst nach Vorschrift machten und zum Entsetzen von Hillarys Wahlkampfstrategen nicht gegen die Zehntausendschaften von Shit-Postern, Hatern, Polemikern, Karikaturisten und Zyniker ankonnten, welche lange vergessene Hillary-Äußerungen auf Youtube verlinkten, Pseudonyme knackten, sich über die belemmerten Ausreden und durchsichtigen Lippenbekenntnisse lustig machten, Leaks diskutierten und dergleichen mehr. Correct The Record konnte nicht mithalten mit den Jüngern von Kek, bzw. Pepe. Die gesichtslose, gnadenlose Opposition nahm derartige Krisenmaßstäber an, dass sich "Clintoris", bzw. "Shillary" bzw. "Hitlary" zu einem Riesenfehler hinreißen ließ: am 10. September griff das Weib anstelle von Trump, ihren politischen Gegner, dessen okkulte Anhängerschaft am Internet an -- unter besonderer Berücksichtigung des Frosch-Götzen Pepe. Sie erklärte der Weltöffentlichkeit, dass es sich bei Pepe um ein internationales Symbol von Nationalsozialisten am Internet handle -- allesamt böse Menschen und Sexisten, die keine Frau als Präsidentin dulden können und außerdem von Putin bezahlt würden um Trumps Wahlsieg zu garantieren.
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Nach dem Zwischenruf "Pepe! Hurra!" und dem anschließenden Szenenapplaus wurde dieser Teilnehmer von der Security aus dem Saal geräumt und das Video zur Veranstaltung viral. Ein märchenhafter Propaganda-Sieg für alle Trump-Fans und Kekisten! Die beknackte Darbietung brachte Froschgott Kek sogar bis in die Büros der Leser von Der Standard im fernen Österreich. Die verschwörungstheoretischen Kanäle der Youtube-Starlets Alex Jones und Paul Joseph Watson waren augenblicklich Pepe-Fans und konnten die Zuseherschaft für ihre Anti-Hillary-Propaganda vervielfachen. Dank Hillary wurde es amtlich: Froschgott Kek war in der Gestalt von Präsidentschaftskandidat Donald Trump reinkarniert! Blöder hätte es Hillary wirklich nicht machen können.
Anders gesagt: Hillary hat durch ihren Angriff ihren politischen Gegner gestärkt, weil sie die okkulten Froschanbeter am Internet um deren Gott erst so richtig geeint hat und dem Pepe/Kek durch ihre Äußerung den Stempel des Offiziellen aufdrückte. Aber was soll man von einer Seniorin anderes erwarten, die sogar für E-Mail zu blöd UND zu korrupt ist? Hillary glaubt vermutlich immer noch, dass Internet-Politik auf Facebook gemacht wird, dort wo die fantasielosen kleinen Menschen gebannt auf die Ausreden und Lippenbekenntnisse der großen Verbrecher starren und sich andernfalls den Mund verbieten lassen. Zu den Verbrechern gehört zweifellos auch Donald Trump, aber er hat im Gegensatz zu Hillary bei seinen Anhängern keinen guten Ruf zu verlieren, was die Ernsthaftigkeit seiner Kampagne anbelangt.
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Um Missverständnisse auszuschließen
Der Verfasser ist zwar gelegentlich abergläubisch, vertritt aber ein nüchternes, materialistisches Weltbild. Für den Verfasser sind sogar freier Wille und Bewusstsein ("unsterbliche Seele" ) reine Hirngespinste für Eso-Pfosten, von Astrologie, Homöopathie, Synchroinzität oder Satan gar nicht zu reden. Die Haltung des Verfassers ist aber irrelevant für die Politik der Zukunft. Relevant für die Politik der Zukunft ist ein Internet ohne Autoritäten, ohne Massenmedien und ohne Bademeister der Gleichschaltung. Für die Politik waren Wahrheit, Logik und Sachverhalte immer unerheblich -- entscheidend sind die Rhetorik und die Macht über die Kommunikationkanäle. Die Massenmedien konnten immer nur die Illusion von Wahrheit, Logik und Objektivität vermitteln. Das gelang den Massenmedien, solange sie keine Konkurrenz hatten und zentral gelenkt wurden. Diese Macht ist schneller dahingeschmolzen als die Eismassen am Nordpol. Heute zeigen das Internet und seine Subkulturen, wie klein und kleinkariert die Fensterchen waren, die Nachrichtensprecher und gelehrte Kommentatoren auf die Gesellschaft und die Staatsgeschäfte bieten. Trump als Froschgott ist bloß der Anfang. Klar ist den meisten Menschen, dass ein Wahlkampf prinzipiell ein niveauloser Zirkus der Untergriffe und der rhetorischen Manöver ist. Was bisher weniger klar war: der "digitale Wandel" (Piratenpartei-Schlagwort) findet nicht auf den zensurkastrierten Social Media-Kanälen und schon gar nicht auf den Websites der großen Tageszeitungen statt, sondern dort, wo maskierte Teilnehmer einander schonungslos die Meinung sagen und die Shit-Poster den Evolutionsdruck in Richtung der mutwilligsten Auslegung treiben (dürfen). Und Leaks, Leaks, Leaks sind viel wichtiger als Reporter oder Journalisten.
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Um beim lehrreichen Beispiel Hillary zu bleiben: es ist belanglos, was die Massenmedien dementieren und was Twitter im Dienste der Hochsicherheitsstaatsräson unterdrücken will. Für einen bedeutenden Teil des Internet, für das böse, entfesselte Internet, ist es erwiesen:
- Hillary will Putin mit Atomraketen angreifen, sobald er es wagt, sie durch weitere Leaks bloßzustellen
- Hillary wollte Ober-Leaker Julian Assange von einem Fassadenkletterer ermorden lassen
- die Hillary-Mails wurden von Seth Rich geleakt, den Hillary zur Strafe ermorden ließ
- Hillary hat Bernie Sanders durch Wahlbetrug ausgebootet
- Hillary wurde durch Bündelung magischer Kräfte am Internet kaputtgehext
- Hillary ist peinlich und deppert
- Hillary ist - natürlich - unwählbar
Wer das für geschmack- und niveaulos hält, wer sich für die Politik der Zukunft eine staatstragende, tiefe Debatte wünscht, dem droht Enttäuschung, denn der Trend geht in die andere Richtung. Eure Kinder werden nichts anderes mehr kennen als Wahlkämpfe mit haarsträubenden Mitteln, mit zotigen Fotomontagen, irren Verschwörungstheorien und "Schwarmintelligenz" (Piratenpartei-Schlagwort) zur mehr oder weniger systematischen Verleumdung und Volksverblödung. Über Trump als Reinkarnation des altägyptischen Lichtbringers mag jeder skeptisch sein. Wenn Trump mehr Stimmen bekommt, hat man jedoch den Kek am Rockzipfel und sieht die Zukunft der politischen Debatte -- den Gott des Chaos im Computer. Ich selbst bin leider zu alt für diesen Scheiß, halte jedoch Internet-Okkultismus für ehrlicher und wahrhaftiger als Profil oder Der Spiegel. Und Pepe finde ich urlieb! Danke, Internet!
Der okkulte Synchronizitäts-Soundtrack
Da Kek nach Auffassung der Internet-Magier Herr über Raum und Zeit ist, erschien schon im Jahr 1986 in Italien magischer Sound zum Thema Pepe -- was damals freilich noch niemand zu deuten wusste. Die Hymne zur Bewegung auf Youtube.