Als ich mein Konto anmeldete wusste ich nichts über Fisch & Fleisch. Ich freute mich einfach über ein deutschsprachiges kuro5hin.org -- eine österreichische Website für Autoren, hurra! Der Vollständigkeit halber recherchierte ich gestern mit Google. Viel Presse kam nicht zu Tage , daher ist die Zusammenfassung sehr kompakt:
- viele Artikel über F+F sind negativ, weil den Kritikern die Esoterik- und Hitlerismus-Artikel auf der Plattform missfallen
- die Anti-Aberglauben-Initiative Goldenes Brett (vorm Kopf) hat Silvia für die Stigma-Auszeichnung nominiert
- Ingrid Brodnig, der großen, großen Freundin der Hitlerschen Reichsschrifttumskammer ist F+F ein Dorn im Auge
Die Kritiker sind überhaupt nicht originell. Die Einzelheiten der einzelnen Ausführungen sind ohne Anstrengung vorhersehbar weil typisch für die Verlierer einer technischen Informationsrevolution. Horden von Ingrid Brodnigs stellten sich schon im 16. Jahrhundert in den Dienst der römisch-katholischen Kirche, um von der Kanzel aus die damals neue Druckerpresse zu verdammen.
Die unterhaltsamste Lektüre liefert Star-F+F-ler Christian Ortner, der sehr launig gegen eine Detailkritik an einem Silvia-Artikel über Asylantensorgen hetzt. In Ortners Verteidigung kommt F+F kaum vor, daher soll mein Artikel ein paar Lücken schließen.
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Knotenpunkt Silvia
Zur Erinnerung: Silvias (unsere) Plattform fiel mit laufendem Motor vom Himmel. Spezialisten für Online-Communities nennen es "Frontloading": der Charakter der ersten Siedler auf einer neuen Plattform stellt die Weichen für die weitere Entwicklung der Plattform. Ein bestimmter Menschenschlag zieht ähnliche Menschen an. Die weitere Karriere der Plattform wird der Gemeinde durch die erste Schar von Teilnehmern in die Wiege gelegt. Im Fall von F+F bestand die Urgemeinde aus vielen bewährten Schriftgelehrten und Prominenten, die sich gerne auf F+F versammelten, weil sie dort EINANDER vorfanden. Besser kann eine Blogger-Website nicht auf die Welt kommen. Ich kenne mehrere rastlose Netzwerker, Journalisten, Verleger und Ideenverkäufer, aber niemanden, der so eine Fülle an Dichtern und Denkern hätte zusammenbringen können, nicht einmal für Geld, das Silvia allerdings kaum hatte.
Literaturagentin Silvia
Englischsprachige Blogging-Communities gibt es viele, darunter medium.com und das erwähnte kuro5hin.org, aber die Betreiber sorgen nicht wie Silvia dafür, dass manche Artikel auf anderen Kanälen erscheinen, z.B. im VOR-Magazin. Weiters lässt Silvia viele Artikel über die gut besuchte Facebook-Seite von F+F flimmern. Dieser Service für Autoren geht weit über technische Gastgeberschaft hinaus und macht Silvia zur literarischen Agentin für Autoren. Mehr verhätscheln kann eine Gastgeberin ihre Dichter eigentlich nicht.
Hasardeurin Silvia
Toi, toi, toi, weil die Gewinnzone noch nicht ganz erreicht ist, aber der bisherige Erfolg von F+F ist eine Riesenüberraschung. Das Potenzial für eine österreichische Meinungsplattform war vor dem Start sicher nicht offensichtlich. Silvia hat hoch gepokert und hat bereits auch ohne finanzielles Gelingen einen Pioniersieg errungen. Egal, wie die Geschichte ausgeht: F+F sollte jeden Experten für Internet, Communities und Publikum umhauen. Hier gibt es auf jeden Fall etwas zu lernen, eben weil der aktuelle Erfolg von F+F durch die gängige Internet-Marketing-Logik nicht abgedeckt ist. Insider hätten Silvia vom Wagnis vermutlich abgeraten oder hätten sie ausgelacht, was Silvia nicht stoppen konnte. Jetzt kann Sivlia lachen.
Hirtin Silvia
Silvia mischt sich in die Inhalte und Themen ihrer Schäfchen erklärterweise nicht ein. Das stört viele Kritiker, darunter welche auf F+F selbst, die unsere Gastgeberin aus moralischen oder ideologischen Gründen dazu anhalten, doch eine gute Reichsschrifttumskammer zu sein und ihre redaktionellen Privilegien zu nutzen wie andere Redactricen auch. Stattdessen richtet Silvia ihren Ehrgeiz darauf, eine gute Hirtin zu sein und für maßgeschneiderte simple Technik zu sorgen.
Die Einzelheiten kenne ich nicht, aber unsere F+F Textverarbeitung hat offensichtlich andere Anliegen als die branchenübliche Wordpress- oder Mediawiki-Software von der Stange. Durch diese Fleißaufgabe entstehen gelegentlich Probleme, aber die technischen Hürden bei der Textgestaltung sind für die Benutzer geringer als überall sonst. Die Software ist vermutlich teuer, erweitert jedoch den Teilnehmerkreis und ermuntert Autoren, die sonst offline geblieben wären. Mehr Autoren sind besser als weniger Autoren, und zwar aus folgendem Grund.
Esoterik? Hitlerismus?
Als intellektueller Snob bin ich mit keinem Artikel hier einverstanden, und ich sehe überall Bildungslücken, Schlamperei, schlechte Propaganda oder Quatsch, aber der größte Blödsinn wäre, sich mit diesen Urteilen an Silvia zu richten, denn die ist ganz sicher die falsche Adresse. Für die Nominierung von Silvia für das goldene Brett vorm Kopf sollten sich die Nominierer gleich selber nominieren. Die Kritiker übersehen, dass die Formulierung von Gedanken ein zentrales Bildungsziel der Republik Österreich ist, das die Schulen und Universitäten nie durchgesetzt haben. Übung macht den Meister, aber wie viele Promille der erwachsenen Bevölkerung haben ihre Fabulierkünste und Argumente im 20. Jahrhundert durch wiederholte schriftstellerische Praxis geschliffen? Noch dazu mit Begeisterung? Dank Internet ist der Anteil der Textstreber, der Aufsatzschreiber, der Analytiker und der Berichterstatter explodiert. In Österreich (und Deutschland) erhöht sich der Anteil dank F+F noch weiter, und das zählt für Bildung am meisten. Anders gesagt: Jeder F+F-Blogger, der sich hinsetzt und selber etwas dichtet über ein Thema oder ein Erlebnis, bildet sich weiter -- egal, wie blöd oder tendenziös der Beitrag auch scheinen mag. Übung macht den Meister, und mit Begeisterung und Praxis lässt sich gar nicht verhindern, dass Sprachgefühl, Wortgewandtheit, Geschmack, das rhetorische Repertoire und das Hirn wachsen. So entstehen intellektuelle Snobs; Wachstumsförderung gibt es in den Kommentaren von der Gemeinde.
In diesem Licht leistet F+F in Österreich einen bedeutenden Beitrag zur Internet-Bildungsrevolution, die fast alle Internet-Kritiker aus Borniertheit übersehen. Für Amateurdichter schafft F+F extra Anreize durch simple Technik und - vor allem - durch ein großes Publikum, das Silvias erste Anstrengung erzeugt hat.
Schluss
F+F ist eine beachtliche Errungenschaft. Lasst euch nicht beirren, viel Glück und gutes Gelingen. Für Meinungsfreiheit und Bildung läuft es prima auf F+F. Vielen Dank; Chapeau, kind Sir!