Ich möchte nicht an der Grenzkontrolle sein …

Was derzeit an den Grenzen passiert, das Abwehren, Verlangsamen, Ausbremsen der Flüchtlinge auf ihrer Reise durch Europa ist weitaus mehr als ein unerfreulicher, medizinisch problematischer Akt. Der Rückstau, der an den Grenzen zwischen Kroatien, Slowenien, Österreich und Deutschland entsteht, löst Panik aus. Dabei brauchen wirklich keinen weiteren Konflikt!

Würde man einem Flüchtlingen heute sagen: „Du kriegst verlässlich deinen Platz, es dauert nur länger“, dann würden die Menschen warten und ruhig bleiben. Wenn aber unter den Flüchtlingen die Sorge besteht, dass genau er bestraft wird, weil er der einzig Blöde ist, der sich anstrengt und wartet, dann möchte ich nicht an der Grenzkontrolle sein.

Je mehr Leute warten und Angst haben, die Ersten zu sein, die nicht mehr nach Deutschland weiter dürfen, desto eher entsteht eine Massenpanik. Wenn aber 5000 Menschen losrennen, dann sind sie nicht mehr aufzuhalten. Dafür gibt es Anzeichen.

Niemand ist aber unkalkulierbarer als der, der – zurecht – neue Hoffnung geschöpft hat und dann wieder enttäuscht wird. Das ist ein emotionales Jojo für diejenigen, die seit Wochen zu Fuß unter erbärmlichen Umständen unterwegs sind. Dann wartet der allerletzte Schritt vor dem Gelobten Land und wird gestoppt. Nein, nicht nur gestoppt, sondern gar zurückgeschickt. Und je länger man unterwegs ist, desto unerträglicher ist dieses sinnlose Warten an den Grenzen, ohne zu wissen, warum und wie, ob, wann es weitergeht. Noch erfriert man als gesunder Mann oder gesunde Frau nicht. Als Baby ohne Betreuung schon eher. Und in drei Wochen – im Winter – sieht die Situation noch dramatischer aus! Bei minus 2 Grad ohne Dach über dem Kopf ins Niemandland zwischen Slowenien und Österreich zu geraten, wird lebensgefährlich.

In dieser blanken Not wird der Mensch zum Herdentier. Das ist keine Legitimation, aber verständlich. Im Wilden Westen weiß das hundertste Pferd ja auch nicht, warum es rennt, aber es rennt. Genau das macht Massensituationen so gefährlich.

1
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:16

6 Kommentare

Mehr von Heinz Patzelt