Meinungsumfragen: Kaffeesudlesen, Wahrsagen oder Mutmaßen?

Immer öfter erscheinen sie jetzt. Gerade in Zeiten vor den Wahlen. Die Meinungsumfragen. Die Krone platziert im 7-Tage-Rhythmus die Sonntags-Stimmungsumfrage mit einem Sample von 500. Österreich rückt in unregelmäßigen Abständen Umfrageergebnisse auf die Titelseite (Sample meist 400). Der Kurier schweigt in der aktuellen Sonntagsausgabe überhaupt – nennt weder Institut noch Sample.

Dass alle diese Umfragen nur zwei Aufgaben haben, ist offensichtlich.

Zum einen machen die Printmedien im Auftrag der ihnen nahestehenden Parteien Stimmung - z.b. "Kein rot-blaues"-Experiment, der Bürgermeister genießt das größte Vertrauen in Wien - heute in der Krone - eindeutiger kann man wohl für Michael Häupl nicht Wahl kämpfen. Die Botschaft ist einfacher als jedes Wahlplakat: Häupl ist zu wählen. Nicht seine Wiener SPÖ. Nur das verhindert HC!

Zum anderen kassieren die Umfrageinsitute und Meinungsforscher sicher pro Umfrage ansehnliche Summen. Leicht verdientes Geld - 500 oder gar nur 400 Menschen per Telefon abzuklappern ist kein großer Aufwand. Ein paar redegewandte Freelancer in einem Callcenter, dazu die Auswertung, fertig. Das ist freiliuch eine vereinfachte Darstellung des Vorganges, aber das Umfrageprocedere ist seit Jahren nahezu unverändert. 

Abseits der etablierten Institute hört man auch immer wieder, dass ein Sample von 500 nicht ausreicht, um wirklich etwas über z.B. den schlechten Eindruck, den ein Politiker derzeit hinterlässt, herauszufinden. 800 bis 1.000 müsste das Sample sein, um damit halbwegs aussagekräftige Ergebnisse an die Auftraggeber liefern zu können. Aber ich glaube, viele wollen gar nichts genaues - ob man dann so ein Ergebnis wirklich veröffentlichen würde?

Was derlei Vorhersagen wert sind, hat man bei vergangenen Wahlen oft erlebt - sie waren schlicht falsch oder weit weg vom tatsächlichen Ergebnis. Nachher sind die Sätze der Meinungsforscher stets ähnlich: von einer Trendwende in der Wahlkabine, von Wählerströmen, die noch gar nicht stattgefunden haben (" ... offensichtlich haben XXP-Wähler in letzte Minute, doch noch einmal XXP gewählt.) ist dann die Rede. Lange Gesichter bei der Verlierern, die an das xy-Prozent Plus geglaubt haben. Schadenfreudiges Grinsen bei jenen, die einmal mehr sagen können: "Meinungsfragen sagen gar nichts aus!"

Die Wählerinnen und Wähler bleiben ratlos zurück. Sowohl vor einer Wahl, als auch danach. Kaum einer durchschaut das Instrument Meinungsumfrage. Was es bewirkt, wie es eingesetzt wird, wie man manipuliert oder mobilisiert wird.

Wie formulierte einst der Schriftsteller Hans L. Davi treffend: "Fragesteller sind Weichensteller". Vance Packard, legendärer US Journalist demaskierte die Demoskopie als "Die Kunst, Dinge herbeizuführen, indem man sie voraussagt".

Und der von mir hochgeschätzte Wiener Journalist Johann Skocek twittert heute: "mir gehen diese winzigen, ewigen, hirnlosen, ohne quelle und sample veröffentlichte umfragen sowas von auf den keks "

Heisenberg meint dazu nur: "An einem Wahltag um 19 Uhr nach den ersten Hochrechnungen, bricht die Stunde der Wahrheit für Demoskopen an - aber auch für alle Parteien!"  (Nachsatz: Dabei geht's an diesem Abend noch gar nicht darum die Wahlversprechen einzulösen, sondern nur darum das Ergebnis zur Kenntnis zu nehmen.)

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fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:14

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