Die ab 1. April 2015 geltende Kennzeichnungsverordnung der EU für Fleisch ist laut VIER PFOTEN ein wichtiger erster Schritt in die richtige Richtung. Dennoch ist sie für die Tierschutzorganisation und für mich völlig unzureichend. Denn wichtige Informationen werden den Konsumenten nach wie vor vorenthalten, da die Herkunft von Fleisch in der Gastronomie, von mariniertem und verarbeitetem Fleisch sowie von offenem Fleisch an der Theke nicht deklariert werden muss. Gekennzeichnet werden muss künftig die Herkunft von abgepacktem frischen Schweine-, Geflügel-, Schaf- und Ziegenfleisch. Bei Rind- und Kalbfleisch müssen die Verbraucher bereits seit einigen Jahren über Geburtsort und Aufzucht informiert werden. Natürlich schafft diese neue Verordnung mehr Transparenz für die Konsumenten, was wir grundsätzlich positiv sehen. Die Verbraucher können sich so aktiv für ein Herkunftsland mit besseren Tierschutzgesetzen entscheiden bzw. jenes Land wählen, das kürzere Transportwege garantiert.
Dennoch greift die Verordnung viel zu kurz. Das von der Kennzeichnung betroffene Fleisch ist ja nur ein Teil des tatsächlich konsumierten Fleisches. Immer mehr Menschen essen außer Haus, der Trend zu Fertigprodukten hält an. Unter diesen Gesichtspunkten geht es völlig an den Bedürfnissen der Konsumenten vorbei, wenn in der Verordnung Gastronomie und verarbeitete Produkte ausgenommen werden. Auch die Tatsache, dass offenes Fleisch an der Theke nicht betroffen ist, ist für mich nicht akzeptabel. Alles in allem würden dem Konsumenten nach wie vor wirklich wichtige Informationen vorenthalten.
Außerdem sollten die unterschiedlichen Haltungsformen gekennzeichnet werden. Ein ethisch bewusster Verbraucher möchte wissen, wie das Tier gelebt hat. Ein Beispiel für eine gelungene Kennzeichnung ist für mich das Schalenei: Hier kann der Konsument über die Ziffern 0-3 neben dem Herkunftsland auch die Haltungsart wählen. Warum sollte das nicht beim Fleisch funktionieren?
Unverständlich ist es für VIER PFOTEN, dass – anders als bei Rind- und Kalbfleisch – bei den neu zu kennzeichnenden Fleischsorten der Geburtsort nicht angegeben werden muss; es reicht der so genannte Aufzuchtsort. Die Information, ob das Tier zwischen Geburts- und Aufzuchtsort eine lange Transportstrecke zurücklegen musste, ist doch eine extrem wichtige. Wieso bekomme ich sie bei Rind- und Kalbfleisch, aber sonst nicht? Das ist total inkonsequent.
Vor wenigen Wochen erst hat auch das EU-Parlament eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung auch für verarbeitete Fleischprodukte gefordert. Wir begrüßen diese Initiative der EU-Parlamentarier, wenngleich sie auch noch immer nicht alle unsere Forderungen abdeckt. Bleibt zu hoffen, dass die EU-Kommission dieser auch so rasch wie möglich mit einer entsprechenden Ausweitung der Kennzeichnungsverordnung nachkommt. Dies wäre für VIER PFOTEN nicht nur im Sinne des Tierschutzes, sondern käme auch den Wünschen der Verbraucher entgegen.
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