Patrioten waren schon immer "Idioten". Wer nichts hat als die Tatsache, dass er zufällig in einem bestimmten Land geboren ist, hat gar nichts. Idioten im Sinne der alten Griechen, die das Wort erfunden haben, welches ursprünglich Leute bezeichnet, die sich nur für sich selbst und ihre Befindlichkeiten, aber nicht für die Interessen der Allgemeinheit und die Bedürfnisse der Gesellschaft interessieren.
Ein paar Zitate von Literaten und Philosophen zum Thema Patriotismus (ich weiß, ein paar davon enthalten sehr deutliche Formulierungen, aber Schopenhauer und Bierce wird man es glauben müssen, und wer bin ich, solche Menschen zu kritisieren):
• "Patriot: Jemand, dem die Interessen eines Teils über die Interessen des Ganzen gehen. Der Gimpel der Politiker und das Werkzeug der Eroberer." – Ambrose Bierce, Des Teufels Wörterbuch, Gesellschaftskritisches Wörterbuch eines Zynikers
• "Der Mensch ist ein politisches Geschöpf, das am liebsten zu Klumpen geballt sein Leben verbringt. Jeder Klumpen haßt die andern Klumpen, weil sie die andern sind, und haßt die eignen, weil sie die eignen sind. Den letzteren Haß nennt man Patriotismus." - Kurt Tucholsky (Kaspar Hauser): Der Mensch. Die Weltbühne, 16.06.1931, Nr. 24, S. 889, zeno.org
• "Die wohlfeilste Art des Stolzes hingegen ist der Nationalstolz. Denn er verrät in dem damit Behafteten den Mangel an individuellen Eigenschaften, auf die er stolz sein könnte, indem er sonst nicht zu dem greifen würde, was er mit so vielen Millionen teilt. Wer bedeutende persönliche Vorzüge besitzt, wird vielmehr die Fehler seiner eigenen Nation, da er sie beständig vor Augen hat, am deutlichsten erkennen. Aber jeder erbärmliche Tropf, der nichts in der Welt hat, darauf er stolz sein könnte, ergreift das letzte Mittel, auf die Nation, der er gerade angehört, stolz zu sein. Hieran erholt er sich und ist nun dankbarlich bereit, alle Fehler und Torheiten, die ihr eigen sind, mit Händen und Füßen zu verteidigen." - Arthur Schopenhauer: Parerga und Paralipomena, Aphorismen zur Lebensweisheit, Von dem was einer vorstellt. pp. 360
• "Ich liebe mein Vaterland nicht, weil es mein Vaterland ist, sondern weil ich es schön finde. Ich habe Heimatgefühl, aber keinen Patriotismus." – Arthur Schnitzler, Aphorismen und Betrachtungen aus dem Nachlass
• "In Deutschland wählte der Patriotismus die aggressive Form. Die Liebe zum Heimischen kleidete sich in den Haß gegen Fremdes." - Walther Rathenau: Gesammelte Schriften in fünf Bänden, Bd. 4, Berlin 1918, S. 227
• "Patriotismus, der: Entflammbarer Müll, der für die Fackel des Ehrgeizlings bereit liegt, welcher seinen Namen ins rechte Licht gerückt sehen will." – Ambrose Bierce, Aus dem Wörterbuch des Teufels
• "Patriotismus ist die letzte Zuflucht des Halunken." – Samuel Johnson, The Life of Samuel Johnson, LL.D. von James Boswell, Eintrag vom 7. April 1775. London: Hutchinson & Co., 1791. Band 1, S. 211 Google Books
• "Fatal ist mir das Lumpenpack, // das, um die Herzen zu rühren, // den Patriotismus trägt zur Schau, // mit allen seinen Geschwüren." - Heinrich Heine, Deutschland. Ein Wintermärchen
"Wer sonst gar nichts hat, der hat doch ein Vaterland. Patriotismus ist die Religion der ganz armen Schweine." - Wiglaf Droste, Kommentar in der taz, 5. Dezember 2003, taz.de
Schon ziemlich hart, das Urteil der Größen aus Politik und Kultur, aber bestimmt zutreffend.
Aus einem Artikel von FM4:
Die Identitären: Die "Neuen Rechten" im Aufwind?
Sie bezeichnen sich als identitär, weder links noch rechts und haben doch mit dem rechtsextremen Rand eines gemeinsam: die Gegner heißen "Multikulti" und muslimische Einwanderer.
Anfang 2012 haben zehn junge Männer in Wien eine Gruppe mit dem Namen "Wiener Identitäre Richtung" gegründet - kurz W.I.R. Das Ziel der Schüler und Studenten: Der Erhalt der Wiener Identität. Nichts Verdächtiges auf den ersten Blick. Die Gründungsmitglieder eint allerdings nicht nur die Traditionspflege, sondern auch ihre rechtskonservative Gesinnung und die Angst vor dem Verlust des Wienerischen. Letzteres zu erhalten, ist aber nur ein Teil ihres Anliegens. Vielmehr haben sie angekündigt die Speerspitze einer neuen Bewegung zu sein, Sprachrohr für das "echte, wahre Wien", eine Bewegung, die ein Sammelbecken für alle Patrioten und Identitären sei, die weder links noch rechts seien, weder Rassisten noch Antisemiten, sondern Demokraten und "Ethnopluralisten", schreiben sie auf ihrer Homepage. Eine Umdeutung von belasteten Begriffen wie Volk und Rasse inklusive.
Ruhig den ganzen Artikel lesen, er ist sehr aufschlußreich. Daß solcher rechtsradikaler Bodensatz unserer Gesellschaft zu feige ist, sich offen als rechts zu deklarieren, spricht auch Bände. Genau wie daß sie sich immer in größeren Gruppen zusammenrotten und auf die vermeintlich schwächsten der Gesellschaft losgehen. Im Audimax haben sie eine friedliche Theateraufführung gewaltsam unterbrochen, aber man hat sich gewehrt, das gehört denen viel öfter. Auch bei ihren Aufmärschen kommt es jedes mal zu gewaltsamen Ausschreitungen, und immer versuchen sich die sonst so angeberischen Herrenmenschen weinerlich als arme, unschuldige und wehrlose Opfer hinzustellen. "Gewalt erzeugt Gegengewalt, hat man dir das nicht erzählt?" heißt es schon bei den Ärzten. Aber das Lied hören sie wohl nicht so gerne, weil das ist ausdrücklich über Leute wie sie, und heißt "Schrei nach Liebe". Den Refrain darf ich hier leider nicht zitieren.
ahoy
hellboy