Meinungen von Bürgern sind nur frei, solange sie konform sind.

Meinungen dürfen weiterhin nur geäußert werden, wenn sie unkritisch sind. Wer in Blogs, Foren oder sozialen Medien seine Meinung kundtut, sollte besser mit den Mächtigen auf Linie sein. Sonst drohen Zensur, Ausschluß und Anzeige.

Die Politiker wollen zurück in ihre Wohlfühl-Blasen, in denen ihnen Anhänger und Gleichgesinnte ständig erzählen, wie super sie sind. Das wollen sie auch in den neuen Medien so haben, wo sie ungeniert ihren Propaganda-Rotz verbreiten. Nur gibt es dort Kommentar-Funktionen, wo sie plötzlich mit der tatsächlichen Meinung der Bevölkerung konfrontiert werden. Bisher konnten sie sich selbst einreden – und sich von ihren Speichelleckern einreden lassen – dass der tumbe Pöbel sich in Ehrfurcht vor ihrem Glanze verneigt, sie liebt und bewundert. Jetzt sind sie plötzlich mit der tatsächlichen Meinung der Menschen konfrontiert, und die ist meist alles andere als schmeichelhaft. Da werden sie dann wehleidig, und rufen nach Rache. Nach primitiver, simpler Rache, wie kleine Kinder, denen man das Schauferl weggenommen hat.

Dann werden plötzlich in Zeitungsforen-Kommentare nicht mehr freigeschaltet oder gelöscht, wenn die geäußerte Meinung dem Autor - der mitunter im Interesse einer politischen Partei schreibt - nicht genehm ist. Da wird der Journalismus seinen eigenen Ansprüchen, die Bevölkerung unabhängig und wahrheitsgemäß informieren zu wollen, nicht mehr gerecht und wird dadurch zum willfährigen Handlanger der Mächtigen.

Dann werden angeblich unabhängige Plattformen zu reinen Werbeplattformen der politischen Parteien, indem sie fundierte Informationen gezielt zurückhalten oder ausblenden.

Und schließlich werden Menschen, die in sozialen Medien ihre kritischen Kommentare abgeben von der Staatsmacht verfolgt, weil die Kritisierten dies als Majestätsbeleidigung verstehen, und bereit sind, die staatlichen Institutionen gewissenlos zur Befriedigung der eigenen Eitelkeiten zu missbrauchen.

Im Internet zeigt sich die Armseligkeit jener, die sich für die politische und intellektuelle Elite der Gesellschaft halten. Sie entlarven damit ihre eigenen Ansprüche an Meinungsfreiheit als reine Lippenbekenntnisse zum Zweck der eigenen Imagepflege. Sie labern ständig von mehr Mitbestimmung und besserer Einbindung der Bevölkerung, doch in Wahrheit wollen sie das alles gar nicht, weil sie für Kritik zu dünnhäutig und für Selbtreflektion viel zu borniert sind.

Entgegen immer wieder erhobenen Behauptungen sind nämlich die meisten Kritiker keineswegs Leute, die strafrechtlich relevante Beleidigungen absondern. Wirklich sauer werden die präpotenten Bonzen dann, wenn man sie mit Fakten konfrontiert, die sie nicht wegleugnen können, und die sie blöd dastehen lassen. Ein weiterer Aspekt die komplette Humorlosigkeit, die von den Social Justice Warriors jetzt leider auch auf die Medienlandschaft abfärbt. Das liegt aber vor allem daran, dass diese Leute total unterbelichtet sind, und die Scherze nicht verstehen. Genauso werden oft Zitate aus der Literatur als unanständig, gewaltverherrlichend, diskriminierend und am liebsten sexistisch diffamiert, einfach, weil die Leute immer weniger gebildet sind, und weder die Zitate noch den Zusammenhang verstehen. Wir brauchen aber kein Downgrading des Durchschnittsintellektes, damit auch die Dümmsten alles verstehen. Wir müssen uns im Gegenteil darum bemühen, daß selbst die Dümmsten so weit gefördert werden, daß sie es dann doch verstehen.

Es stimmt einfach nicht, daß die Menschen sich im Netz unflätiger oder bösartiger als im echten Leben aufführen. Die Leute in der echten Welt sind so, und dass viele Politiker und Journalisten das nicht wissen, zeugt nur von ihrer Abgehobenheit. Genau wie das immer wieder auftretende Erstaunen, dass die Leute Politiker nicht anonym, sondern unter ihren echten Namen beschimpfen. Die würden ihnen das bei Gelegenheit auch ins Gesicht sagen.

Das Netz gibt nicht nur den Personen die in der Öffentlichkeit stehen die Möglichkeit, ihre Inhalte auf vielen neuen Wegen zu verbreiten, sondern eben auch die entsprechenden Feedbackmöglichkeiten. Was anfangs als Segen gefeiert wurde, wird jetzt wehleidig verteufelt, weil die erwarteten Huldigungen ausbleiben. Die Versuchung, das Netz ebenso wie in Diktaturen wie Russland oder China so zu beschränken, daß nur noch konforme Meinungen verbreitet werden dürfen, ist groß, auch für die Mächtigen bei uns. Das ist aber für Politiker, die sich einen demokratischen Anstrich geben wollen zunehmend undurchführbar, weil sich Zensur, Meinungsgleichschaltung und staatliche Verfolgung von Kritikern mit Demokratie gar nicht vertragen. Außerdem zeugt die Annahme, daß das vermeintlich politisch korrekte immer auch das richtige ist, und alle die dem widersprechen im Unrecht sind, von politischer Unzurechnungsfähigkeit. Menschen, die mit Dogmen statt mit Argumenten ankommen, sind immer die ersten die sich "gehatet" fühlen, wenn man ihnen widerspricht. Das gilt für alle diese Gruppen, von den neurechten "kritischen Bürgern" über all die Verschwörungstheoretiker und Putinversteher bis hin zu den Veganern und Genderspinnern, auch wenn letztere natürlich glauben, sie gehörten da garnicht dazu.

Dieter Nuhr: ein Kabarettist wehrt sich

In einem Artikel in der FAZ wehrt sich auch der Kabarettist Dieter Nuhr gegen den neuen Zulänglichkeitswahn der Berufsempörten und beklagt den Weg ins digitale Mittelalter:

„… Ich wurde sogar in die Nähe von Rechtsradikalen gerückt, ein völlig irrsinniger Vorwurf. Ist man jetzt Nazi, wenn man eine Meinung gegenüber Griechenland vertritt, die beispielsweise auch Sozialdemokraten ganz selbstverständlich vertreten, nämlich dass internationale Verträge eingehalten werden müssen und dass sie nicht im Nachhinein, auch nicht durch einseitige demokratische Abstimmung, gebrochen werden dürfen? Was für ein Irrsinn!...

...Die Primitivität und Aggressivität, mit der Andersmeinende im Internet verfolgt werden, scheint mir denselben psychologischen Mechanismen zu folgen, die früher zu Lynchjustiz und Pogromen führten. Der Andersmeinende wird zunächst als wahlweise „dumm“ oder „böse“ dargestellt. Er ist also das, was man im Mittelalter als „wahnsinnig“ oder „vom Teufel“ bezeichnete, damals wie heute ein Tötungsgrund, nur eben heute virtuell, ein erheblicher Fortschritt, sicherlich....Der Delinquent wird zur digitalen Vernichtung freigegeben...

...Es geht hier schon lange nicht mehr um Meinungsfreiheit. Es geht um Meinungshoheit. In den seltensten Fällen kommt es zum Austausch von Argumenten. Die Regel ist, dass die Vernichtung der abweichenden Meinung angestrebt wird, meist durch Überwältigung, Etikettierung, Beleidigung. Das Internet, vor allem die „sozialen Netzwerke“, sind insofern zum mittelalterlichen Marktplatz verkommen. Die Orte, an denen die Scheiterhaufen lodern, heißen Facebook und Twitter…“

Meinungen sind wie Gallenblasen, jeder hat eine.

Viele haben sich ihre Meinung zusammengezimmert aus mundgerechten Propagandahäppchen, die klein genug sind um ihren beschränkten Intellekt nicht zu überfordern. Jetzt fühlen sie sich berechtigt, dieses Sammelsurium aus Unwahrheiten und dummen Ideen in die Welt hinauszuschreien, und berufen sich dabei auf Meinungsfreiheit. Wenn jetzt jemand kommt, und ihr dummes Gequatsche mit Fakten widerlegt, und ihnen beweist, daß sie Unsinn reden, sind sie schaaßbeleidigt, weil das doch ihre Meinung ist, die sie für wertvoll halten. Ist es aber nicht, dummes Gequatsche, das inhaltlich einfach falsch ist, ist von der Meinungsfreiheit nicht gedeckt. Weil dummes Gequatsche keine Meinung ist, sondern schlicht Unsinn. Diese Leute können heulen, schimpfen, andere diffamieren und peinliche haha-smilies an ihre Texte kleben bis sie schwarz werden, das ändert nichts an der Tatsache, dass das, was sie von sich geben, totaler Blödsinn ist. Sie schreiben ihre oft endlosen Texte auch in die Kommentare unter die Artikel von anderen, ohne dass man sie dazu auffordert, und spucken Gift und Galle wenn ihre dummen und falschen Aussagen nicht unwidersprochen stehen bleiben. Einige müssen zwanghaft immer weiter schreiben, bis ihnen das Gegenüber recht gibt, oder, was leider am öftesten vorkommt, sie entnervt auf Ignoieren stellt. Bei anderen läuft das nicht, von denen kriegen sie so oft gesagt, daß sie totalen Unsinn schreiben, wie sie totalen Unsinn schreiben.

Der Dunning-Kruger-Effekt

Als Dunning-Kruger-Effekt bezeichnet man eine Spielart der kognitiven Verzerrung, nämlich die Tendenz inkompetenter Menschen, das eigene Können zu überschätzen und die Kompetenz anderer zu unterschätzen. Der populärwissenschaftliche Begriff geht auf eine Publikation von David Dunning und Justin Kruger aus dem Jahr 1999 zurück. In der psychologischen Fachliteratur selbst spielt er bislang kaum eine Rolle, wohl aber in akademischen Publikationen außerhalb der Psychologie sowie in Blogs und Diskussionsforen des Internets.

„Wenn jemand inkompetent ist, dann kann er nicht wissen, dass er inkompetent ist. […] Die Fähigkeiten, die man braucht, um eine richtige Lösung zu finden, [sind] genau jene Fähigkeiten, die man braucht, um eine Lösung als richtig zu erkennen.“

– David Dunning

Dunning und Kruger hatten in vorausgegangenen Studien bemerkt, dass etwa beim Erfassen von Texten, beim Schachspielen oder Autofahren Unwissenheit oft zu mehr Selbstvertrauen führt als Wissen. An der Cornell University erforschten die beiden Wissenschaftler diesen Effekt in weiteren Experimenten und kamen 1999 zum Resultat, dass weniger kompetente Personen

• dazu neigen, ihre eigenen Fähigkeiten zu überschätzen,

• überlegene Fähigkeiten bei anderen nicht erkennen,

• das Ausmaß ihrer Inkompetenz nicht zu erkennen vermögen,

• durch Bildung oder Übung nicht nur ihre Kompetenz steigern, sondern auch lernen können, sich und andere besser einzuschätzen.

Dunning und Kruger zeigten, dass schwache Leistungen mit größerer Selbstüberschätzung einhergehen als stärkere Leistungen. Die Korrelation zwischen Selbsteinschätzung und tatsächlicher Leistung ist jedoch nicht negativ, höhere Selbsteinschätzung geht also tendenziell nicht mit schwächeren Leistungen einher.

Im Jahr 2000 erhielten Dunning und Kruger für ihre Studie den satirischen Ig-Nobelpreis im Bereich Psychologie.

– Wikipedia

Leider fühlen sich Leute mit einer vorgefertigten Meinung viele zu oft bestätigt, weil sie sich in einer sogenannten Filterbubble befinden. Suchmaschinen wie das leider noch immer am häufigsten verwendete Google unterstützen das unglücklicherweise, denn wenn man bei Google immer nur auf die Ergebnisse klickt, die Sachverhalte auf eine bestimmte Art und Weise darstellen, dann kriegt man von Google bald nur noch Ergebnisse angezeigt, die den Sachverhalt auf die gleiche Art und Weise darstellen. Dann glaubt man, es gibt keine anderen Quellen, und fühlt sich immer in seiner Meinung bestätigt.

Der selbe Effekt ergibt sich, wenn die Leute alle die anderer Meinung sind entfolgen oder sie mittels diverser Filtermöglichkeiten der social-media-Anwendungen auf ignorieren stellen oder blocken. Man lebt in einer eigenen Welt, in der alle einer Meinung sind, und glaub bald nichtmehr, daß es noch andere Sichtweisen gibt. Wenn man dann doch auf jemanden trifft, der es besser weiß, hält man den natürlich für einen ahnungslosen Besserwisser, und glaubt zusätzlich noch man teile die Meinung einer qualifizierten Mehrheit, weil man ja gar nicht mehr sieht, daß es andere Meinungen gibt, man hat sie ja ausgeblendet.

All das muß möglichst vielen Menschen bewusst gemacht werden, denn viele wollen das nicht, kennen aber die Funktionsweisen von Suchmaschinen wie Google oder die Optionen bei den Auswahlfunktionen von social-media-Anwendungen nicht, sind aber unheimlich froh, wenn es ihnen erklärt wird, und sie sich so ein eigenes Bild von der ganzen, echten Welt machen können. Wir müssen unser Netz und unsere Meinungsfreiheit weiter verteidigen. Weil die Demokratie und die Menschenrechte wichtiger sind als die Eitelkeiten von einigen Komplexlern, die sich für gleicher als die anderen halten.

ahoy

hellboy

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